Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
sich auf die Zunge gebissen hatte; es tröpfelte über ihre Lippen und an ihrem Kinn herunter. Alle Gegenstände im Kofferraum quollen ihr entgegen, als schaue sie durch ein Fischaugenobjektiv. Dann begriff sie, was sie vor sich sah. Etwas Glattes, Schwarzes. Sie dachte an Steve, wie er an der Wand gestanden hatte und Nägel in den Türrahmen geschossen hatte. Da war die Nagelpistole. Unten am Griff leuchtete ein mattes rotes Licht. Steve hatte ihr noch gezeigt, wie man sie benutzte, bevor er sie in den Kofferraum gelegt hatte, und er hatte gesagt, das Lämpchen leuchte nur, wenn sie eingeschaltet sei. Vielleicht war sie die ganze Zeit eingeschaltet gewesen.
    »Entschuldige dich.«
    »Nein.« Das Blut in ihrem Mund verklebte ihre Stimme. Sie schloss die Finger um die Nagelpistole. Sie fühlte sich glatt an. Seltsam warm. »Das tu ich nicht.«
    Er trat gegen den Wagen, dass er schaukelte. »Verarsch mich nicht. Du weißt noch weniger als Jake, wann du wirklich Scheiße im Gesicht hast. Jetzt entschuldige dich.«
    Ihr Finger fand den Abzug. Fand die Teile, die Steve benutzt hatte, um das Gerät in Gang zu bringen. Man musste die Sicherung zurückziehen, darauf achten, dass das Magazin eingesetzt war, die Mündung flach gegen die Fläche halten und abdrücken. Wenn sie nur eine Stelle an Davids Armen oder Beinen finden könnte. Eine, wo es wehtun, ihn aber nicht ernsthaft verletzen würde. Sie musste ihn nur lange genug aufhalten, um ins Auto zu steigen.
    »Du weißt, was mit Flittchen passiert, die mich verarschen?« Er schüttelte sie noch einmal. »Sag es«, zischte er ihr ins Ohr. Sein Atem war sauer und heiß. »Sag es jetzt. Fotze.«
    Sally holte Luft und entwand sich seitwärts seinem Griff. Die Federung des Wagens ächzte, sie taumelte gegen die Stoßstange und schwenkte die Nagelpistole zu David herum. Er wollte sich wieder auf sie stürzen, und sie stieß blindlings zu – auf die erstbeste Stelle, die sie erreichen konnte. Sein Bein. Bevor er reagieren konnte, gab es ein lautes wummp , und sie hatte einen Nagel in seinen Oberschenkel gejagt. Er krümmte sich vor Schmerzen zusammen und kreiselte davon, machte ein paar taumelnde Schritte weg vom Wagen und umklammerte sein Bein. Sie stolperte seitwärts, starrte ihn an und konnte kaum glauben, was sie da getan hatte.
    » Kacke . Wieso hast du das gemacht?« Er sackte zu Boden, zerrte am seiner Jogginghose und zog panisch an dem Nagel. Sie ließ die Pistole fallen und stand da wie eine Schaufensterpuppe. Sie sperrte den Mund auf, denn sie wusste, sie hatte ein großes Gefäß getroffen. Das Blut durchnässte schon seine Hose. In einem dicken Strom floß es über seine Hände. »Das war eine klare Ansage, Sally. Eine klare Ansage.«
    »Nein«, sagte sie entsetzt. »Was hab ich getan?«
    »Ziehen Sie das Scheißding da raus.«
    Sie hockte sich vor ihn hin, fummelte an seinem Bein herum und suchte die Wunde. Aber jetzt war überall Blut. Es breitete sich aus wie eine sprudelnde Quelle. Als Steve sich am Mittwoch an den Türrahmen genagelt hatte, war sie völlig ruhig gewesen, jetzt jedoch war sie am ganzen Körper starr vor Panik. Sie bewegte sich wie in einer knarrenden Zeitlupe, stemmte sich hoch und taumelte nach vorn zum Wagen, um ihre Jacke zu holen. Sie kam zurück, warf die Jacke über die Wunde und fummelte hilflos herum, um sie straffzuziehen.
    »Rufen Sie einen Krankenwagen.«
    Zu ihrem Entsetzen sah sie, dass seine Lippen blau geworden waren. Er wedelte mit den Händen und versuchte, nach ihrem Handgelenk zu greifen, aber seine Finger waren glitschig vom Blut und bekamen sie nicht zu fassen.
    »Bringen Sie mich ins Haus.«
    » Halten Sie still «, keuchte sie. »Halten Sie doch still.«
    Er blieb einen Moment lang schwer atmend liegen, während sie die Jacke um seinen Oberschenkel schlang. Aber bevor sie sie hinten zusammenknoten konnte, sah sie, dass es nutzlos war: Das Blut hatte den Stoff durchtränkt und quoll durch die Nähte, als würde es durch ein Gitter gepresst. Und wieder sah sie diesen furchtbaren, pulsierenden roten Schwall.
    » Mein Gott o mein Gott .« Panisch schaute sie zum Haus hinauf. Jake? Nein – der war längst weg. » Was mach ich denn jetzt? Sagen Sie mir, was ich machen soll! «
    » Ich weiß es nicht .«
    Sie sprang auf, raffte ihre Tasche auf und kippte sie aus. Sie schnappte ihr Handy und fing mit zitternden Händen an zu wählen, aber bevor sie bei der zweiten Neun angekommen war, gab David ein seltsames Winseln von sich. Er

Weitere Kostenlose Bücher