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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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landen. Ein Bild erschien vor ihrem geistigen Auge. Ein Bluterguss. Er war auf dem Oberschenkel des Mädchens auf dem Boden im Stall. Ein einzelner Bluterguss, aber das Bild traf sie wie ein Faustschlag.
    »Okay.« Sie trat heran und krempelte die Ärmel hoch. »Was muss ich machen?«
    David war schwer, doch er wurde noch nicht steif, wie sie es erwartet hatte. Steve sagte, dazu sei noch nicht genug Zeit vergangen. Der Körper rollte schlaff herum, als sie versuchten, ihn zu bewegen, und seine Arme kullerten hin und her, aber schließlich hatten sie ihn auf der Plastikplane. Sie verpackten ihn wie in einen Kokon und hoben ihn in den Kofferraum von Steves Audi. Steve durchsuchte den Wartungsraum am Pool und kam mit zwei Eimern zurück, und in den nächsten zwanzig Minuten stapften die beiden zwischen dem Außenhahn und der Stelle, wo der Tote gelegen hatte, hin und her und leerten Eimer um Eimer auf den Kies, bis das Wasser auch den letzten Rest von Blut, Haaren und Urin in den Boden gespült hatte.
    Steve stieg in den Audi und schob den Schlüssel ins Zündschloss. »Gibt es einen Schleichweg zu dir nach Hause? Einen, der nicht über die Hauptstraßen führt?«
    »Ja. Fahr mir nach.«
    Sie stieg in den Ka und fuhr rückwärts über den Feldweg zurück zur Straße. Die Scheinwerfer des Audi folgten ihr. Die Gegend war jetzt stockfinster; eine tiefhängende Wolke verhüllte den Mond. Über Feldwege und schmale Straßen, die sich kreuz und quer durch das Land zogen, kamen sie zum Peppercorn Cottage, ohne einem anderen Auto zu begegnen. Das Licht auf der Veranda brannte einladend, und sie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass nichts Warmes auf dem Herd stand und keine Kerzen im Fenster brannten, kein Feuer im Kamin. Dass sie und Steve heute Abend nicht zusammen essen und fernsehen oder bei einem Glas Wein miteinander plaudern würden. Sie hielt in der Einfahrt an, stieg aus und öffnete die beiden Torflügel der großen Garage, damit Steve den Audi hineinfahren konnte. Er stellte den Motor ab, stieg aus und streifte die Handschuhe ab.
    »Die ist mir noch nie aufgefallen«, sagte er.
    »Weil ich sie nicht benutze.« Sie schaltete das Licht an – eine nackte Glühbirne zwischen den Dachbalken, die nichts weiter tat, als Spinnweben und fossile Schwalbennester zu beleuchten. Der vorige Eigentümer hatte ein paar rostige Werkzeuge zurückgelassen. Steve ging am Regal entlang und sah sich alles an. Bei einer Motorsäge blieb er stehen, nahm sie vom Haken und begutachtete sie.
    »Steve?«
    Er drehte sich zu ihr um. »Hol uns was zu trinken.«
    »Was möchtest du?«
    »Was Sauberes. Whisky. Keinen Brandy.«
    Im Cottage roch es nach Kerzenwachs und den blauen Hyazinthen, die Millie eingetopft hatte. Sie standen auf einem Fensterbrett und hingen herunter. Sally blieb einen Moment lang stehen, lehnte den Kopf an den kühlen Putz der Wand und betrachtete die Blumen. Nach einer Weile zog sie die Schuhe aus und stellte sie in der Diele auf eine Plastiktüte. Dann rollte sie ihre Jacke zusammen und stopfte sie in einen Müllsack. Auf Strümpfen ging sie mit dem Sack in ihr Schlafzimmer, zog sich bis auf die Unterwäsche aus und packte ihr ganzes blutgetränktes Zeug hinein. Sie suchte ein T-Shirt und eine Skihose heraus, die sie anlässlich einer von Julians Geschäftsreisen nach Österreich gekauft hatte, zog sie an, schob die Füße in ein Paar Turnschuhe und kehrte zurück in die Diele, wo sie die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Sie holte Handtücher aus dem Wäscheschrank und einen Stapel Geschirrtücher aus dem Schränkchen unter der Spüle. Der Whisky stand ganz hinten im Schrank, hinter Millies Schulbüchern. Seit sie hier waren, hatte Sally ihn nicht angerührt; eigentlich bewahrte sie ihn nur für Gäste auf. Sie legte die Flasche auf die Handtücher, gab zwei Gläser und eine Plastikflasche mit sprudelndem Mineralwasser dazu und trug alles aus dem Haus.
    Der Mond war durch die Wolken gebrochen, und als sie den Rasen überquerte, übermannte sie die furchtbare Schönheit ihres Gartens. Er hatte immer etwas Warmes und Gesundes für sie ausgestrahlt, selbst im tiefsten Winter, doch jetzt war er das silbrige Spiegelbild von etwas Altem und Krankem. Einen Moment lang blieb sie stehen und wandte das Gesicht nach Westen, denn von dort schien etwas sie zu beobachten. Die Felder jenseits der Hecke, die sich immer so friedlich gezeigt hatten, waren heute Abend voll von Schatten, die sie nicht erkannte.
    Steve stand vor

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