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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Grund mehr, sie aus dem Verkehr zu ziehen – das Kind war bereits in den Brunnen gefallen. Was für ein Kind? Was für ein Brunnen? Unmittelbar nach meinem Besuch bei Alix war ich zusammengedroschen worden – war das die Alternative zu Alix' Kanada-Reise? Oder hatte das alles nichts miteinander zu tun? Lauter Zufälle? Aber war eine solche Häufung von Zufällen noch Zufall?
    Wenn aber McGovern doch daran gedreht hat, schwor ich mir, dann werde ich mir extra für ihn eine ganz neue und ganz neuartige Bestrafung ausdenken.
    Aber an diesen Berechnungen ging noch viel mehr nicht auf. Was war eigentlich wirklich auf unserer Gesellschafterversammlung vor sich gegangen? Ich war dort gewesen – aber nun kam es mir vor, als wäre ich doch nicht richtig dabei gewesen. Setzte McGovern mir etwa auf dem Umweg über Brinton Daumenschrauben an? Brinton hatte gesagt, McGovern setze ihn unter Druck – aber was konnte denn ein McGovern schon gegen einen Hai wie Brinton in der Hand haben? Wenn wirklich McGovern die Drähte zog, blieb immer noch die Frage nach dem Warum.
    Und dann dieser Paul Billson. Bis er in mein Leben trat, hatte ich mich mäßig glücklich gefühlt. Doch seit Hoylands Anruf mit der verwirrten Bitte um Flankenschutz hatte es nur noch Scherereien gegeben.
    Alles schien sich um Paul zu drehen – um einen Mann mit einer Macke. Das durfte doch nicht wahr sein!
    Logik, bitte! Wenn sich tatsächlich alles um Paul Billson drehte, dann mußte ich einfach mit diesem Mann reden. Oder?
    Vielleicht war Algier doch keine schlechte Idee.
    Ich machte das Licht aus und schlief ein.
    Drei Tage später saß ich im Flugzeug nach Algier. Na also!

11. Kapitel
    Ich kenne nur eine Stadt auf der Welt, wo das Hauptpostamt wie eine Moschee aussieht und die Hauptmoschee wie eine Post, und das ist Algier. In der Moschee hielt ich mich nicht lange auf, aber als ich zum erstenmal das Postamt betrat, um postlagernde Briefe abzuholen, dachte ich schon, ich hätte mich verlaufen. In ehrfürchtigem Staunen starrte ich in die riesige, von Dämmerlicht erfüllte Halle mit den bunten Glasfenstern und den Arabesken; offenbar handelte es sich hier um einen orientalischen Versuch, jenen respektheischenden Kathedralenstimmungsstil zu erzeugen, durch den sich auch die größeren britischen Banken mit Bedeutung aufzuladen trachten. Ich sollte das Postamt von Algier noch sehr gut kennenlernen.
    Den Aufenthaltsort von Paul Billson zu finden, bereitete indessen weit mehr Mühe. Mein Französisch ist zwar ganz gut, mein Arabisch jedoch gleich Null, und das machte den Weg durch die byzantinischen Kompliziertheiten der algerischen Bürokratie auch nicht gerade leichter, denn dabei hat man es mit einer amorphen Struktur zu tun, die dem Parkinsonschen Gesetz bis zur x-ten Stelle hinterm Komma nahekommt.
    Wären die Spuren meiner Wanderungen durch Algier auf dem Stadtplan nachgezeichnet worden, so hätte man bald ein Bild gewonnen, das die Irrgänge einer geisteskranken Spinne nachzeichnet. Als auch auf der zwanzigsten Behörde die gleichen von Mißtrauen infizierten Beamtengesichter meinen Paß der mir nun schon sattsam geläufigen fünfzehnminütigen Routineinspektion unterzogen, trieb meine Geduld gemeingefährlich dem Dollpunkt entgegen. Ich war ohnehin schon wütend, daß ich hier immer wieder ohne Heimvorteil zum Spiel antreten mußte und mir die Spielregeln der Algerier immer undurchsichtiger schienen.
    Mein Hotel lag in Hamma, in der Stadtmitte, gleich beim Nationalmuseum, und als ich eines frühen Abends heimkehrte, war ich völlig entmutigt. Eine Woche verschärftes Algier hatte ich nun bereits hinter mir, und immer noch drehte ich mich im Kreis. Aber wenn ich nicht einmal in der Stadt Billsons Spur aufzunehmen vermochte, welche Hoffnungen konnte mir dann die Wüste bieten? Der Mangel an Praxis machte sich bemerkbar. Die Schreibtischarbeit hatte meine Antennen nicht gerade empfangsbereiter gemacht.
    Ich stapfte durch die Hotelhalle, um mir an der Rezeption meinen Zimmerschlüssel abzuholen. Da sprach mich ein hochgewachsener Araber an, der wie fast alle die Dschellabah trug. »Monsieur Stafford?«
    »Ja, ich bin Stafford.«
    Wortlos händigte er mir einen Briefumschlag aus, der nur mit meinem Zunamen und sonst mit nichts beschriftet war. Ich sah den Mann neugierig an, während ich den Brief öffnete; er hielt meinem Blick aus braunen Augen ohne ein Lidzucken stand. In dem Umschlag lag ein Zettel, ohne Anrede und Unterschrift; nur zwei

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