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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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gab nur einen Vergleich: Das Fegefeuer hatte ich hinter mir, jetzt kam die Hölle. Die Piste nach Atakor war eine Autobahn, verglichen mit dem, was wir in der Koudia unter die Räder bekamen.
    Ich machte eine Bemerkung in dieser Richtung, und Byrne sagte: »Ist doch klar, Leute bauen Straßen, wenn sie irgendwohin wollen. Aber wer in Dreiteufelsnamen will schon freiwillig in die Koudia?«
    »Will denn jemand freiwillig nach Atakor? Da muß man doch schon ein Mystiker sein wie de Foucauld.«
    »Die Einsiedelei ist ein Wallfahrtsort. Es gibt Leute, die dahin wollen, Christen wie Moslems. Also gibt es auch so was wie eine Straße.«
    Als wir den Assekrem hinter uns gelassen und uns in die leblose Wildnis der Koudia gestürzt hatten, legten wir in den ersten zwei Stunden kaum zehn Kilometer zurück – Schrittgeschwindigkeit würde man in jeder vernünftigen Gegend sagen. Aber die Koudia ist alles andere als eine vernünftige Gegend. Kein Stück Boden über fünf Meter Breite ist da eben. Wenn es nicht rauf oder runter ging, mußten wir um irgendwas herumgehen, wir quälten uns durch der Welt größter Kollektion von Felsbrocken, von Kopfgröße bis zu den Ausmaßen der St.-Pauls-Kathedrale, und ich litt mit der Federung des Toyota. Wir schaukelten von Fels zu Fels, ich trudelte durch den Wagen, bis ich so viele Beulen und Kratzer wie unsere Karre hatte und mir kotzübel war. Byrne hat wenigstens noch das Steuerrad, dachte ich, an dem er sich festhalten kann, aber in Wirklichkeit war auch er nicht besser dran, denn das Rad schlug unter seinen Händen aus und entwickelte ein psychopathisches Eigenleben. Mokhtar, immerhin, brachte die Reise mehr neben als im Wagen hinter sich. Außer den Felsbrocken gab es aber auch noch das Gebirge als solches, und da wir nicht die senkrechten Steilwände hochfahren konnten, mußten wir sie umgehen; Byrne behielt den Kompaß im Auge, damit wir bei allem Geschlängel nicht die Richtung verloren. Immer wieder mußte er anhalten, um die Peilung am Assekrem zu orientieren und uns wieder auf Kurs zu bringen.
    Mokhtar, wie gesagt, sprang die meiste Zeit neben dem Wagen her und hatte dabei auch kaum Mühe, mit uns Schritt zu halten. Er besaß einen scharfen Blick für Stellen, wo das Durchkommen verhältnismäßig günstig war. Einmal hielt er uns an, um uns auf einem Sandfleck Reifenspuren zu zeigen. Byrne hockte sich neben ihm nieder, um die Abdrücke zu untersuchen; ich schaute mir derweil die Mißhandlungen an, die mir die Fahrt angetan hatte. Als wir wieder losfuhren, sagte Byrne: »Zwei Spuren übereinander. Ein Fahrzeug ist reingefahren, eins ist rausgekommen.«
    Ich hatte mir auch die Spuren angesehen; nur oberflächlich – ich hätte mir nicht zugetraut, die Richtung der Spuren zu bestimmen. Als Sahara-Spion war ich wohl ein Versager.
    Zehn Kilometer in zwei Stunden – dann machten wir eine Pause. Die Koudia ist völlig vegetationslos, aber Mokhtar hatte in kluger Voraussicht seine Wartezeit am Fuß des Assekrem genutzt und ein Bündel Akazienzweige aufgesammelt, damit entfachte er nun ein Feuer. Bald kochte Wasser für den unvermeidlichen Minztee. »Trinken Sie nie Kaffee?« fragte ich Byrne.
    »Schon. Aber in der Wüste ist Tee besser. Kaffee gibt's in Tam. Ist aber teuer.«
    Wir saßen im Schatten des Toyota. Die Sonne hatte den Zenit überschritten und sank nun dem Westen zu. Es war die heißeste Zeit des Tages, und da wir uns in der Koudia befanden, bedeutete das, daß es wirklich arg heiß war. Die Felsen waren heiß genug zum Eier braten. Die Landschaft tanzte im Hitzeflimmer.
    Ich machte Byrne darauf aufmerksam. Er grinste nur. »Jetzt ist Winter. Möchten Sie nicht mal im Sommer herkommen?«
    »Mir reicht's auch so«, sagte ich.
    »Deshalb wollten die Behörden Billson auch kein permis geben. Mit Einbruch der Nacht fällt die Temperatur schnell wie ein Stein. Läßt man da Wasser im Freien stehen, hat man morgens um drei einen Zentimeter Eis drauf. Wenn sich Billson verirrt hat, ist er jetzt entweder versengt oder erfroren.«
    »Der Gott der Koudia erhalte Ihnen den Humor«, sagte ich.
    Mokhtar war verschwunden, wohl um privaten Bedürfnissen nachzugehen; plötzlich tauchte er knapp zweihundert Meter entfernt auf einem Felsbrocken auf, gab einen schrillen Pfiff von sich und ruderte mit den Armen. »Er hat was gefunden«, sagte Byrne und rappelte sich auf die Beine. Wir kletterten zu Mokhtar hinüber, was uns in dem knöchelbrechenden Gelände zehn Minuten kostete, und als

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