Atemlos - Toedliches Erbe
unterdrücken konnte sie es nicht. Aber sie hob ihre freie Hand, um ihn zurückzuhalten, als er sich von seinem Stuhl erheben wollte. Langsam setzte sich Rand wieder. Er drehte ihre Hand herum und verschränkte seine Finger mit ihren.
Während sie noch um Fassung rang, goss er ihr ein halbes Glas Wein ein und schob es vor sie hin. »Den wirst du nicht mögen. Trink trotzdem einen Schluck.«
Sie atmete tief und schlotternd durch, hob das Glas und leerte den ausgezeichneten Wein, als wäre es Medizin. »Der ist
wirklich
widerlich.« Sie stellte das Glas ab und verzog das Gesicht. Und brachte Rand zum Lächeln.
»Ich denke, du solltest versuchen, ein bisschen zu schlafen. Wir sind seit Tagen ununterbrochen auf den Beinen. Wir sollten diese kleine Ruhepause nutzen.«
»Es sei denn, die Guten oder die Bösen klopfen an die Tür«, stellte Dakota, seine Gedanken lesend, trocken fest. Da war ein Funke zwischen ihnen, von dem er in den letzten beiden Jahren nichts bemerkt hatte. Die Art, wie sie es schafften, die Gedanken des anderen zu Ende zu denken, ihr vertrauter Umgang miteinander. Der Gedanke, dass er sie letztendlich doch nicht kannte, war sehr schmerzlich für ihn gewesen. Aber jetzt …
»Wir können morgen darüber reden – uns über uns klar werden –, wenn wir beide ausgeschlafen sind.«
»Oh nein. Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich Zeit hatte, darüber nachzugrübeln. Jedes Detail habe ich wieder und wieder unter die Lupe genommen. Wer weiß schon, was morgen ist? Ich würde es lieber heute besprechen. Was dagegen?«
Überhaupt nicht. Zum ersten Mal seit
Langem
konnte er befreit durchatmen. Er wollte auch, dass alles auf den Tisch kam. »Und, wie lautet deine Theorie?«
»Erst dachte ich, jemand wollte
mir
eine Falle stellen, um mich fertigzumachen. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Fangen wir doch damit an, dass deine überfürsorgliche Mutter jemanden Besseres für dich wollte. Nur wird sie kurz darauf umgebracht. Und Paul ist allen Ernstes überzeugt, dass ich diejenige war, die ihm die Droge und die Oblaten geschickt hat, damit er ihr das DL 6–94 verabreichen kann.
»Nur wissen wir – beziehungsweise ich –, dass es sich nicht so abgespielt hat. Was, wenn jemand Paul hinter Gitter bringen wollte? Wer hätte einen Vorteil vom Tod deiner Mutter gehabt, davon, Paul aus dem Weg zu räumen und dass du völlig auf dich allein gestellt bist?«
»Niemand.« Rand schob ihr den Teller wieder hin. »Iss etwas, während wir uns unterhalten. Okay, ich habe von meiner Mutter einen Haufen Geld vermacht bekommen. Trotzdem sollten wir uns darauf einigen, dass ich nicht hinter alldem stecke, einverstanden?« Er entdeckte den Anflug eines Lächelns auf ihrem Gesicht, holte noch einmal tief Luft und fuhr fort.
»Wenn ich sterbe, geht alles an eine Stiftung zur Erforschung von Depressionen, die meine Mutter eingerichtet hat. Von
meinem
Tod würde also niemand persönlich profitieren. Wer also und warum?« Er zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung. Ich bin auch der Meinung, dass jemand die Beteiligten manipuliert, aber – und das sage ich nur ungern – ich bin davon
überzeugt
, dass du das Ziel bist. Vergiss den ganzen Blödsinn mit meiner Mutter. Ich glaube, der hat mit dem Rest überhaupt nichts zu tun.
»Irgendjemand ist für das Umschneiden und Manipulieren der Videoaufzeichnung aus dem Labor verantwortlich. Meiner Meinung nach wurden diese Aufnahmen über einen Zeitraum von mehreren Wochen gemacht. Anschließend ließ man dich – am Abend der Explosion – ins Labor kommen, um den Fall deiner mutmaßlichen Schuld zu untermauern. Ich werde bei Mancini nachfragen, aber ich wette, es war niemand aus seiner Kanzlei, der dich angerufen hat.«
»Jetzt, wo ich das Video gesehen habe, bin ich da sogar verdammt sicher. Irgendjemand wollte mich mit Industriespionage in Verbindung bringen – und zwar schon lange, bevor dein Vater ins Gefängnis kam. Die Aufnahmen wurden im Oktober und November gemacht – gut vier Monate, bevor deine Mutter in Italien ums Leben kam. Die Securityfirma hat die Überwachungsbänder nie länger als ein paar Monate aufbewahrt. Trotzdem hat es jemand so eingefädelt, dass sie alles hatten, was sie für den Streifen ›Dakota ist an allem schuld‹ benötigten.«
Sie nahm einen Happen Rucola und kaute, stocherte dann mit ihrer leeren Gabel in die Luft. »Jemand wollte mich mit der Explosion im Labor in Verbindung bringen.«
Plötzlich hatte Rand Schwierigkeiten beim
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