Atemlos - Toedliches Erbe
Kloakengestank.
»Himmel, was mag hier wohl krepiert sein?« Hams Stimme befand sich unmittelbar über seinem Kopf, als er sich Schritt für Schritt vorsichtig auf den gefährlich glitschigen, dreieckigen steinernen Tritten abwärtsbewegte.
»Das ist die reinste Kloake.«
»Hört auf mit dem Gejammer und bewegt euch,
schnell
«, erklang Dakotas nüchterner Rat in seinem Ohr. »Ihr seid jetzt keine fünfhundert Meter mehr von ihm entfernt.«
»Ich kann kaum mehr als drei Meter geradeaus sehen.« Die Welt bestand nur noch aus Dunkelheit, feuchter, übel riechender Luft und Hams schwerfälligem Atem dicht über ihm, als sie sich buchstäblich im Kreis dem Fuß der steilen Treppe näherten. Mittlerweile war es gar nicht mehr so wahrscheinlich, dass ihr gesuchter Mann überhaupt noch lebte. »Seid ihr …«
Rand vernahm ein vertrautes
Plopp
unmittelbar über seinem Kopf, augenblicklich gefolgt von einem Mündungsfeuerblitz. Halb herumgedreht versuchte er, sich noch abzustützen, aber es war zu spät. Mit seinem ganzen Gewicht stürzte Ham gegen ihn, presste ihm den Atem aus den Lungen und stieß ihn das letzte Dutzend Stufen hinab in die Tiefe – auf dem Rücken.
Dann wurde es schwarz um ihn.
9
»Rand?« Ein leises Feedback-Knistern der Bluetooth-Verbindung – das war alles, was Dakotas angestrengt lauschende Ohren aufschnappten. Keine Gespräche. Keine Atemgeräusche. Sie hatte ein leises
Plopp
gehört, dann nur noch Rauschen. Sie sprang auf und drückte das kleine Gerät mit der Hand ans Ohr. »Was war das?«
Stille.
Stille.
Es war unsinnig, den Atem anzuhalten, also atmete sie langsam wieder aus.
Denk nach.
Ganz die gesetzestreue Bürgerin, war ihr erster Gedanke, sich an die Behörden vor Ort zu wenden. Prima Idee – wäre sie nicht selbst gerade auf der Flucht. Man würde sie verhaften und dann –
vielleicht
– irgendwann später auf die Idee kommen, Fragen zu stellen. Damit wäre Rand wohl kaum geholfen.
Ihr Herz machte einen Doppelschlag. »Verdammt, Rand. So sag doch irgendwas.«
Er war nicht allein. Ham war bei ihm … »Und wenn
beiden
etwas zugestoßen ist? Scheiße. Scheiße.
Scheiße.«
Sie lief zur Zimmertür, dann zurück zum Fenster. »Na gut. Nicht
völlig
allein.«
Mit Erleichterung erinnerte sie sich, dass er drüben in Monte Carlo über ein Team aus bestens ausgebildeten Securityspezialisten verfügte. Auch wenn sie Hunderte Meilen entfernt waren, wenigstens hatte er Beistand.
Sie schloss die Finger um die Socke in ihrer Tasche. Seine Zahlen erglühten strahlend hell vor ihrem inneren Auge. Er lebte noch. »Gott sei Dank. Denn so oder so, Rand Maguire, eines schönen Tages werden wir einen Moment der Wahrheit erleben, und zwar schon
bald.
Und wenn ich dich mit Handschellen ans Bett fesseln muss … Nein, keine gute Idee, keine Betten, wenn wir miteinander sprechen. Dich an
irgendetwas
fesseln und mich auf dich setzen muss, wir werden das Gespräch führen, von dem du vor zwei Jahren noch nichts wissen wolltest. Ob du hören willst, was ich zu sagen habe, oder nicht.«
Ihre Angst und ihr aufgestauter Ärger bescherten Dakota einen Augenblick reiner, aufrichtiger Erkenntnis. »Ich liebe dich noch immer, du Mistkerl. Und wehe, dir ist etwas zugestoßen.« Jetzt musste sie ihn nur noch finden.
Um den Kontakt zu Rand aufrechterhalten zu können, benutzte sie das Hoteltelefon, mit dem sie das Handy seines Assistenten anrief. Das Telefon klingelte und verstummte dann schlagartig. Voller Ungeduld versuchte sie es gleich noch einmal mit demselben Ergebnis. Mit einem ungeduldigen Knurren ließ sie sich die Nummer des Hotels in Monte Carlo geben und fragte dort nach ihm, nur um die Antwort zu erhalten, er sei abgereist. Sie runzelte die Stirn. War er etwa in die Staaten zurückgeflogen? Bestand der Job eines Assistenten nicht gerade darin, an der Seite seines Chefs zu bleiben, um ihm assistieren zu können?
Da sie keinen der anderen Mitarbeiter Rands mit Namen kannte – die einzigen Gäste, an die sie sich erinnerte, waren das Filmstarpärchen, das vermutlich gerade irgendwo seine Flitterwochen verbrachte, sowie der berühmte Regisseur –, fragte sie nach Seth Creed. Sie waren in seiner Suite gewesen, als sie vom Flughafen eingetroffen war. Da war es nur logisch, dass er am oberen Ende der Nahrungskette stand. Es sei denn, er war ebenfalls abgereist.
Als der Anruf schließlich durchgestellt wurde, bedauerte sie es bereits, ihn mit hineingezogen zu haben. Sie litt zwar nicht unter
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