Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
wen, Jago, würdest du verraten? Wen hast du verraten?
    Konnte er sich erdreisten, ihr diese Frage unverblümt zu stellen, jetzt, da er allein mit ihr im Zimmer war?
    Im Grunde war er allein im ganzen Land, einziger Mensch unter dreihundert Millionen Atevi und Milliarden auf der ganzen Welt. Dennoch war er dazu angehalten, Fragen zu stellen – allerdings mit mehr Feingefühl und Cleverness, zugegeben. Doch er war müde und verstört und wollte endlich Gewißheit haben, zumindest was sein Verhältnis zu diesen dreien, zu Tabini, Banichi und Jago, anging. Es wäre naiv, ihre Worte für bare Münze zu nehmen, ja, geradezu fahrlässig. Einer Lüge zu glauben, den falschen Personen zu vertrauen konnte nicht nur ihm, sondern nicht zuletzt auch seinen Artgenossen gefährlich werden.
    Schließlich war er nicht bloß der Dolmetscher des Aiji. Er, Bren, gehörte einer noch vorrangigeren Verbindung an, einer, die ihm auf der Haut und im Gesicht geschrieben stand, für jeden Ateva unübersehbar.
    Er gab Jago Zeit, über seine Frage nachzudenken. Womöglich war ihr im Augenblick selbst nicht klar, wem ihre Loyalität zuvörderst galt. Wie die Menschen so steckten vermutlich auch Atevi voll von Widersprüchen, und genausowenig wie jenen konnte es ihnen gefallen, damit konfrontiert zu werden. Vielleicht hatte er mit seiner Frage zu viel riskiert und einen wunden Punkt berührt. Wer Loyalität, über die sich Atevi ihrer Gemeinschaft versicherten, in Zweifel zog, rüttelte an den Grundfesten ihres Glaubens und an ihrem Man’chi-Begriff, der womöglich doch nur eine haltlose Fiktion war, so falsch wie die Wunschvorstellung der Menschen, die es lieber sähen, die Atevi würden ebenso empfinden und denken und die gleichen Werte achten wie sie.
    Doch in der Hinsicht machte sich der Paidhi nichts vor. Er wußte um die tödliche Gefahr, die einer solchen Illusion innewohnte. Und darum lagen jetzt seine Nerven bloß.
    Jago spürte, wie es um ihn bestellt war; vielleicht antwortete sie deshalb nicht auf seine Frage. Statt dessen nahm sie wieder den Taschen-Kom zur Hand und versuchte, Banichi zu erreichen.
    Banichi meldete sich immer noch nicht.
    Auch Jago zeigte Nerven, als sie die Zentrale anrief, um sich nach ihrem Kollegen zu erkundigen. Aber auch da wußte niemand, wo er stecken könnte.
    Vielleicht war er bei einer Frau, dachte Bren, behielt diese Vermutung aber für sich, zumal Jago bestimmt selbst schon darauf gekommen war. Ob Banichi und Jago miteinander schliefen? Bren fragte sich schon seit langem, wie eng die Beziehung zwischen den beiden in Wirklichkeit war, ob sie mehr als professionelle Partnerschaft miteinander verband?
    Er sah, wie sich Jagos Gesicht zunehmend verdüsterte. »Machen Sie ihn ausfindig«, sagte sie in den Apparat.
    Ihm war bekannt, daß im Funkverkehr der Sicherheit mitunter Geheimcodes verwendet wurden; ob aber die Antwort, die er hörte, ebenfalls verschlüsselt war, wußte er nicht. »Laborarbeiten«, teilte die Zentrale mit. Jago reagierte merklich ungehalten. »Wenn er damit fertig ist, soll er sich bei mir melden«, sagte sie und brach die Verbindung ab, als die andere Seite bestätigte, verstanden zu haben.
    »Sie haben Schlaf nachzuholen«, sagte sie, an Bren gewandt, trat vorsichtig über den Draht und schob die Glastür vor der verschlossenen Holzlade auf. In ruhigem, professionellen Tonfall: »Ruhen Sie sich bitte aus, Nadi Bren.«
    Er war in der Tat erschöpft. Aber er wartete immer noch auf eine offene, ehrliche Antwort. Es war ihm außerdem nicht recht, daß sie die Tür geöffnet hatte. Wieso nur? Sperrte sie die Falle auf? Nein, er war nicht in Stimmung, sich schlafend zu stellen, um als Köder zu dienen.
    »Nadi«, sagte er, »haben Sie meine Frage vergessen?«
    »Nein, Paidhi-ji.«
    »Wollen Sie nicht antworten?«
    Jago musterte ihn mit durchdringendem Blick. »Stellt man solche Fragen auf Mospheira?«
    »Ständig.«
    »Aber nicht bei uns«, entgegnete sie und ging zur Zimmertür.
    »Jago, Sie sind mir doch nicht böse, oder?«
    Wieder dieser starre Blick aus hellen, gelben Augen. Unmittelbar vor dem tödlichen Quadrat im Teppich blieb sie stehen, unterbrach den Kontakt und wandte sich ihm zu. »Auch so eine Frage. Egal was ich darauf antworte, Sie glauben mir sowieso nicht.«
    »Aber ich bin doch ein Mensch, Nadi.« Er merkte selbst, wie hilflos seine Worte klangen.
    »Ist also Ihr Man’chi letztlich doch nicht bei Tabini?«
    Eine gefährliche Frage. »Natürlich, doch. Aber was ist, wenn

Weitere Kostenlose Bücher