Atevi 1 - Fremdling
ihm durch den Arm, der, angestochen, zu bluten oder anzuschwellen schien. Der Magen hörte nicht auf zu krampfen, und gallige Bitternis brach in Wellen aus ihm hervor. Er war ohnmächtig ausgeliefert denen, die ihn da in Schach hielten mit einer Gewalt, die von Feindschaft und Abscheu zeugte gegen ihn und alle Menschen, die sich auf Mospheira festgesetzt hatten.
Vor Kälte fing er zu zittern an. Unablässig flutete Wasser über ihn hinweg und vertrieb allmählich die Dunkelheit aus seinem Kopf. Er sah sich auf grauem Steinboden knien und einen Bottich vor sich, der das Wasser auffing. Die Arme, die ihm auf den Rücken gezwungen wurden, waren inzwischen taub.
Eine seltsame Empfindung von Leichtigkeit machte sich nun bemerkbar. Kommt so der Tod? fragte er sich.
»Das Wasser kann jetzt abgedreht werden«, hörte er Banichi sagen. Dann wurde er zurückgezogen und sank rücklings auf ein Kissen oder in einen Schoß, fühlte eine Decke als Wohltat über seinen kalten Körper gelegt, eine gelbe Decke, wie er zu erkennen glaubte, bevor ihn erneut die Sehkraft verließ. Ihm wurde angst und bange, als er spürte, wie ihn starke Arme vom Boden aufhoben und wegtrugen. Wohin? Doch wohl nicht zurück nach unten, dachte er entsetzt.
Dann ließen ihn die Arme fallen. Er schrie und sackte der Länge nach auf eine Matratze. Jemand wälzte ihn zur Seite in weiche, seidene Felle, zog die feuchte Decke unter ihm weg, zerrte ihm die Stiefel von den Füßen und die Hose herunter. Er konnte sich nicht rühren, nahm aber alles deutlich wahr, nicht zuletzt den Druck hinter den Schläfen, auf den, wie er ahnte, schlimme Kopfschmerzen folgen würden. Aus dem Gemurmel ringsum hörte er Banichis Stimme heraus, was ihn beruhigte. Er konnte sich in Sicherheit wähnen und sagte, um seinen Zustand zu erklären. »Ich habe Tee getrunken.«
»Dummkopf!« herrschte ihn Banichi an, so laut, daß ihm der Kopf zu zerspringen drohte. Dann drehte er ihn auf den Rücken und deckte ihn mit Fellen zu.
Die Kopfschmerzen setzten mit einer Heftigkeit ein, die ihn erneut in Angst und Schrecken versetzte. Er fürchtete, einen Schlaganfall oder einen Infarkt erleiden zu müssen. Banichi packte ihn beim Handgelenk und führte ihm eine Injektionsnadel in die Armbeuge.
Bren hatte nur noch den Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden und in weichen Tierfellen unterzutauchen. Er hörte sein Herz pochen, versuchte, gleichmäßig zu atmen und so gegen die Schmerzen anzukämpfen, die ihn in Wellen attackierten. Die Augen tränten, gequält vom hellen Licht, doch er war zu matt, Banichi zu bitten, die Vorhänge zuzuziehen.
Banichi schimpfte: »Wir sind hier nicht in Shejidan, wo alles schön sauber in Plastik verpackt ist.«
Daran brauchte er nicht erinnert zu werden; er wußte, wo er war, konnte aber mit dem Hinweis auf Plastikverpackung nichts anfangen. Die Kopfschmerzen wurden so unerträglich, daß er sich den Tod wünschte, um nicht länger gequält zu werden.
Natürlich äußerte er nichts dergleichen, nicht im Beisein von Atevi, die für diese typisch menschliche Empfindung kein Verständnis hätten, schon gar nicht vor Banichi, der ohnehin wütend auf ihn war.
Und das zu Recht. Er hatte ihn nun schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche retten müssen. Trachtete ihm die Aiji-Mutter tatsächlich nach dem Leben? fragte er sich; sollte er Banichi vor Cenedi warnen? Daß der ein lizensierter Assassine war, stand für Bren so gut wie fest, zumal Cenedi denselben professionellen Eindruck machte wie Banichi. Mit dieser Logik ließ sich allerdings kein Beweis antreten. Um vor Banichi nicht als Narr dazustehen, versuchte Bren, seine Gedanken zu strukturieren.
»Steckt Cenedi dahinter?«
Hatte er die Frage gestellt oder nur zu stellen vorgehabt? Er wußte es nicht, so sehr schmerzte ihn der Kopf. Er sehnte sich den Schlaf herbei und wünschte, erst am nächsten Morgen wieder aufzuwachen, frei von Schmerzen. Doch sogleich beschlich ihn die Angst, daß es womöglich kein Morgen für ihn geben würde, daß er Hanks nicht mehr würde anrufen können.
Banichi rückte vom Bett ab und wechselte ein paar Worte mit jemandem, vielleicht mit Jago. Hoffentlich wird’s keinen Ärger geben, dachte Bren und lauschte, konnte aber kein Wort verstehen.
Er schloß die Augen, um sie gegen das schmerzende Licht abzuschotten. Jemand fragte, ob mit ihm alles in Ordnung sei. Wahrscheinlich ja, dachte er; wenn nicht, würde Banichi einen Arzt rufen. Also nickte er zur Antwort, und kurz bevor
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