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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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die er im Zimmer auf und abging, nach der Anzahl umgeblätterter Buchseiten oder dem langsamen Dahinziehen der Wolken am Himmel und der Boote tief unten auf der gekräuselten Oberfläche des Sees.
    Er zwang sich, normalen Tee zu trinken, und ließ sich viel Zeit mit dem süßen Milchpudding, in dem fragwürdige, bitter schmeckende Klümpchen enthalten waren, die er aber inzwischen geschickt herauszufischen verstand.
    Zu essen machte ihm zunehmend Vergnügen; es kam einem Abenteuer gleich, obwohl der Koch wiederholt beteuerte, äußerste Vorsicht walten zu lassen. Das neben dem Teller aufgeschlagene Buch lenkte ihn ab mit spannenden Berichten über die umtriebigen Geister derer, die auf Malguri durch Mord oder einen Unfall ums Leben gekommen waren. Auch vom See hieß es, daß ein Fluch auf ihm laste, seit sich ein bedauernswerter Lord von Malguri in voller Rüstung von den Klippen ins Wasser gestürzt hatte, weil er – wie im Buch zu lesen stand – lieber sterben wollte als einer › schändlichen Vermählung‹ zuzustimmen.
    Interessant, dachte Bren und nahm sich vor, mehr über diese gewiß delikate Geschichte in Erfahrung zu bringen.
    Er schob ein letztes bitteres Klümpchen an den Tellerrand und löffelte den restlichen Pudding auf, als Djinana hereinkam – um abzuräumen, wie er glaubte.
    »Ich möchte noch eine Tasse Tee«, sagte Bren. Er fühlte sich schon sehr viel besser. Mit feierlicher Gebärde legte Djinana ein kleines, silbernes Behältnis auf den Tisch, wie es zum Versand von Schriftrollen verwendet wurde. »Was ist das?« fragte Bren.
    »Keine Ahnung, nand’ Paidhi. Nadi Cenedi hat mich gebeten, es hier abzuliefern.« »Machen Sie’s bitte auf.«
    »Aber das darf ich nicht«, protestierte Djinana. »Es ist vertraulich und von der Aiji-Mutter aufgegeben.«
    »Ich bitte Sie, machen Sie’s auf.« Er dachte an die Poststelle im Bu-javid und an Jagos Warnung vor giftigen Nadeln in Briefen.
    Djinana runzelte die Stirn, brach das Siegel an der Dose auf, holte ein Schriftstück hervor und strich es auf der Tischplatte glatt.
    Bren nahm den erwiesenermaßen harmlosen Brief zur Hand – eine Einladung der Aiji-Mutter zum Frühstück.
    Ein Verzicht darauf kam nicht in Frage. Die Alte war von hohem Stand und seine Gastgeberin. Womöglich machte sie sich Vorwürfe wegen seiner Erkrankung. Käme er der Einladung nicht nach, würde er ihr damit zu verstehen geben, daß er nicht an einen Unfall glaubte. Und das könnte schlimme Folgen haben. »Sagen Sie Banichi, daß ich ihn sprechen muß.«
    »Ich will’s versuchen, Nadi.«
    »Was heiß ›versuchen‹? Wo ist er?«
    »Ich glaube, er und Nadi Jago sind weggefahren.«
    »Weggefahren?« Wohin? Da kamen eigentlich nur der Flughafen oder die Ortschaft in Frage, ansonsten war in der näheren Umgebung nichts, was sich aufzusuchen lohnte; davon hatte er sich auf seiner Fahrt hierher selbst überzeugen lassen müssen. »Dann möchte ich mit Tano sprechen.«
    »Wo der steckt, weiß ich auch nicht, nand’ Paidhi. Es scheint, er ist mit Ihren Leuten unterwegs.«
    »Und Algini?«
    »Ich werde nach ihm suchen.«
    »Die können mich doch nicht alle im Stich lassen.«
    »Was auch wohl nicht der Fall sein wird, nand’ Paidhi. Im übrigen stehen Maigi und ich zu Diensten.«
    »Nun, dann will ich Sie fragen. Was raten Sie mir?« sagte Bren und reichte ihm den Brief.
    Djinana las und runzelte die Stirn. »Das ist ungewöhnlich«, meinte er. »Die Aiji-Mutter empfängt nur äußerst selten.«
    »Und? Soll ich hingehen? Kann ich’s wagen?«
    Djinana verzog keine Miene. »Es steht mir nicht an, einem Paidhi Ratschläge zu geben.«
    »Dann muß ich jetzt sofort Algini sprechen. Ich nehme an, daß ich mir mit der Antwort nicht viel Zeit lassen kann.«
    »So ist es. Nadi Cenedi wartet auf eine Antwort…«
    »Weiß er, daß Banichi nicht im Haus ist?«
    »Möglich.« Djinanas professionelle Fassade bröckelte; ihm war anzusehen, daß er sich Sorgen machte. »Ich gehe Algini suchen.«
    Als der Diener verschwunden war, schenkte sich Bren noch eine Tasse Tee ein. Er mußte auf die Einladung reagieren, so oder so. Der Verdacht, daß die Aiji-Mutter vorsätzlich den Zeitpunkt abgepaßt hatte, da Banichi, Jago und all die anderen außer Haus waren, kam ihm selber schäbig vor, ließ sich aber nicht unterdrücken. Darüber hinaus kam es ihm sonderbar vor, daß diejenigen, die Tabini exklusiv zu seinem, Brens, Schutz abgestellt hatte, ohne Rücksprache mit ihm weggefahren waren. Bren rollte

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