Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
noch.«
    »Dann wird es mir vielleicht auch so gehen.«
    »Nein«, sagte Vlad. »Ich glaube, eines Tages wirst du es wissen.«
    Savn nickte und beschloß, daß er wohl keine weiteren Auskünfte bekommen würde. »Wie lief deine Unterhaltung mit der Sängerin?«
    »Zufriedenstellend. Ich habe einen Teil von dem bekommen, was ich wollte; ich hoffe auf mehr.«
    »Dann bezweifle ich nicht, daß du es kriegst«, sagte Savn. »Wir sehen uns später«, fügte er im Aufstehen hinzu.
    »Bist du sicher?«
    »Oh, ja.« Savn spürte, wie ein leichtes Lächeln sich auf seinem Gesicht zeigte, und er fragte sich, ob er Vlads Angewohnheiten übernahm. Er sagte: »Ich will doch die Mädchen beeindrucken.« Dann ging er an den Tisch seiner Schwester zurück. Sie beobachtete ihn.
    »Über was hast du mit ihm gesprochen?«
    »Nur so zum Zeitvertreib«, sagte Savn und nahm sein Bier. Beim Trinken bemerkte er, daß die Laune oder Stimmung, die ihn im Griff hatte, gebrochen war; er war wieder er selbst.
    Er trank schweigend aus, dann verkündete er: »Es ist Zeit, daß ich gehe.«
    »Schon?«
    »Ja.«
    »Na gut. Ich warte hier auf die Sängerin.«
    »Deine Freundinnen kommen bestimmt gleich.«
    »Kann sein«, sagte Polyi, als könne sie nichts weniger interessieren.
    Savn sah sie einen Augenblick an, dann beugte er sich zu ihr und küßte sie auf den Kopf.
    »Wofür war denn das?« fragte sie.
    »Darum«, sagte er. »Nicht jeder hat eine Schwester.« Er stand wieder auf und ging zur Tür. Kurz bevor er draußen war, drehte er sich zu Vlad um, der ihm hinterhersah. Savn neigte leicht den Kopf und machte sich für den restlichen Tag zu Meister Wack auf.
    Etwa zwanzig Schritte vor der Tür blieb er stehen, nur um den Tag aufzunehmen – Meister Wack nannte es »das Hier und Jetzt genießen«, obwohl Savn den Ausdruck doof fand.
    Die Reihe dünner Ahornbäume neben der Straße zum Herrschaftshaus schaukelten im eigentümlichen Tanz der milden Brise, als wehe um jeden ein eigener Wind. Der Himmel war grau geworden, und die Wolkenschicht deutete auf den Regen hin, den Savn schon jeden Erntetag erwartet hatte. Wie höflich, dachte er, daß er gewartet hat, bis sie fertig waren.
    Fast niemand war zu sehen, vielleicht wegen des bedrohlichen Wetters. Savn mochte es eigentlich gerne, wenn es auf ihn regnete, solange es nicht auch kalt und stürmisch war, aber den meisten war es anscheinend –
    Seine Gedanken wurden vom ungewöhnlichen Anblick von sechs oder sieben Fremden unterbrochen, die hinter Gipsers Hütte gegenüber von Tem hervorkamen. Alle waren mit langen, schweren Schwertern bewaffnet, in Schwarz gekleidet, und Savn glaubte auf jeder Brust das Athyrazeichen Seiner Lordschaft erkennen zu können.
    Was sollten sieben Waffenmänner Seiner Lordschaft hier und jetzt wollen?
    Er fand keine bewußte Antwort darauf, und er beschloß auch keine bewußte Handlung, doch er drehte sich sofort um und ging zu Tem, um Vlad zu finden.
    Als er wieder eintrat, fragte Polyi, die noch neben der Tür saß: »Was ist denn, Savn?«, was die letzte klare Erinnerung darstellte; den Rest mußte er hinterher aus Polyis Berichten und den übriggebliebenen Erinnerungsstücken rekonstruieren.
    Er hat den Kopf geschüttelt und ist an Vlads Tisch gegangen, sagte Polyi. Savn erinnerte sich, wie der Ostländer abwesend vor sich hingestarrt hatte. Doch bevor Savn etwas sagen konnte (Savn war sich bis heute nicht sicher, was er eigentlich sagen wollte), erhob Vlad sich abrupt; sein Tisch kippte nach vorne um und landete mit lautem Knall auf der Seite. Vlad bewegte sich so schnell, daß Savn ihn kaum sehen konnte, und in dem Augenblick, so erinnerte er sich später, hat er dann gemerkt, daß etwas nicht stimmte.
    Hinter ihm ertönten heftige Schritte, und er drehte sich um und erkannte einen der Soldaten von vorhin, der jetzt das Schwert gezogen hatte und direkt auf Savn zustürzte.
    Nein, wurde ihm plötzlich klar, auf Vlad.
    Savn wußte noch, wie er aus dem Weg gehen wollte, aber irgendwie stand er am Tresen und sah noch mehr Soldaten durch die Tür kommen. Sie traten über die Leiche des ersten – Savn hatte nicht gesehen, was ihm zugestoßen war –, und er erkannte, daß der Schrei in seinen Ohren von seiner Schwester kam.
    Er schaute wieder zu Vlad, der inzwischen auf einem Tisch stand, ein Schwert in der rechten und anscheinend eine umherwirbelnde Goldkette in der linken Hand. Der Anblick von Vlads blanken schwarzen Stiefeln auf Tems Tisch brannte sich in Savns Gehirn

Weitere Kostenlose Bücher