Atlan 006 - Endstation Wüstenplanet
sein Ebenbild an, das barfuß und nur in einen Bademantel gehüllt, durch die Tür kam.
“Hallo, Shymeron! Wollten Sie eben baden?”
Leutnant Klot Shymeron wartete, bis die Bar wieder herumgeschwenkt war und den Durchlaß verdeckte. Dann goß er sich einen Whisky ein und nahm einen großen Schluck.
“Ich habe schon gebadet, Sir. Falls Sie auf meine schlechte Laune anspielten, es ist furchtbar langweilig in meinem Gefängnis.”
“Dem kann abgeholfen werden”, erwiderte Tekener ironisch: “Sie verlassen die MARSQUEEN ganz offen gegen neunzehn Uhr und halten sich bis Mitternacht in der Dressurarena oder den umliegenden Vergnügungsstätten auf, jedenfalls dort, wo Hunderte von Menschen Sie sehen müssen. Klar?”
“Jawohl, Sir.”
Tekeners Double salutierte lässig.
“Soll ich anschließend wieder offen an Bord kommen oder den Geheimweg benutzen?”
“Sie kommen ganz offen zurück, Shymeron. Wir müssen damit rechnen, daß die CV den vermeintlichen Tekener beobachten läßt oder gar versucht, erneut Kontakt mit ihm aufzunehmen. In letzterem Fall lassen Sie den Kontaktmann abblitzen. Wird er sehr aufdringlich, vertrösten Sie ihn auf morgen.”
Leutnant Shymeron lächelte und trank sein Glas leer. Er glich Ronald Tekener aufs Haar. Sogar die grausigen a Narben der Lashatpocken fehlten nicht.
“Wenn ich Sie recht verstehe, rechnen Sie mit Erpressungsversuchen?”
“Ich hoffe darauf. Ein Ronald Tekener—und selbstverständlich auch ein Polos Tradino—läßt sich nur dann auf lebensgefährliche Geschäfte mit der Condos Vasac ein, wenn er massivem Druck ausgesetzt ist. Unter Umständen werden Sie diesem Druck ausgesetzt. Wie Sie reagieren, hängt von der Art und Weise des Vorgehens ab. Vermeiden Sie aber möglichst eine konkrete Zusage.”
Klot Shymeron verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
“Ich werde tun, was ich kann, Sir. Hoffentlich verlangt man nicht, daß ich während Ihrer Abwesenheit starte. Die Condos Vasac kennt die Verhältnisse auf der MARSQUEEN durch ihre Spione genau; ich kann also keinen Defekt vorschützen. Und bei der typischen Ungeduld jener Leute erhält der Generalstaatsanwalt des Mars möglicherweise eine kleine Liste Ihrer Verstöße gegen die Gesetze des Imperiums vorgelegt.”
“Sie werden das verhindern, Shymeron”, erwiderte Tekener hart. “Ich verlasse mich ganz auf Sie.”
Sinclair Marout Kennon gähnte ungeniert und verschränkte die Arme vor der Brust.
“Hört endlich mit dem albernen Gerede auf. Wenn alle Stricke reißen, wird Polos Tradino einspringen.”
Er gähnte erneut ostentativ.
“Notfalls bekommt die MARSQUEEN Schwierigkeiten mit der Hafenverwaltung oder dem Zollamt, bis Tek zurückkommt. Ich habe da meine Verbindungen.”
Leutnant Shymeron und Ronald Tekener blickten sich vielsagend an.
“Hätte er das nicht gleich sagen können?” fragte Shymeron vorwurfsvoll. “Läßt uns hier reden und reden ...”
“So ist er eben”, meinte Tekener resignierend. “Verschlossen wie eine Auster und auf Gags trainiert wie ein Kolportageautor.—Kommen Sie, trinken wir noch einen; dann bereiten wir alles vor.”
3.
Ronald Tekener musterte sich aufmerksam im Feldspiegel. Die Biomaske verlieh ihm das Aussehen eines jungen Mannes mit vollem Gesicht und dünnen, fast weißen Brauen. Kontaktlinsen hatten die Augenfarbe verändert, von Blau in Braun. Tekeners Haarfülle ließ sich nicht ohne weiteres unter einer Perücke verbergen, deswegen hatte Kennon es ihm rotgefärbt.
Er trug eine schmucklose graue Kombination und darüber einen schwarzen Umhang, schwarze Stiefel und eine Art Baskenmütze. Die Geldtaschen seines breiten Gürtels waren prallgefüllt allerdings nicht mit Geld, sondern mit verschiedenen Mikroausrüstungen siganesischer Fabrikation, darunter einem Deflektoraggregat und einem Individualverzerrer, der die Ausstrahlungen seiner Körperzellen selbst für den fähigsten Anti unerkennbar machen würde.
“Ist das deine Vorstellung von einem Bruder vom weißen Stein ...?” fragte eine ironische Stimme hinter ihm.
Wieder einmal erschrak Tekener fast vor der Erkenntnis, wie perfekt das Gehirn in seiner Metallkapsel den Robotkörper körper beherrschte.
“Durchaus nicht, mein Bester”, erwiderte er spöttisch. “Ich trage die Kleidung eines mittelmäßig begüterten und begabten jungen Mannes von der Siedlungswelt Jeromy.”
Der Oberstleutnant wandte sich um, griff in eine Tasche seiner Kombination und zog ein unterarmlanges, hellbraun
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