Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Titel: Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
Vom Netzwerk:
Geranien wie ein violetter Wasserfall.
    Über dem Eingang dieses Berghütte stand in geschnitzten Lettern: »Zum Jägerwirt«.
    Ich stieg den Hügel hoch und trat ein. Die Gästestube war erstaunlich voll. Dutzende von runden Holztischen standen um eine Tanzfläche, auf der vier Männer in einer bizarren Tracht tanzten, Peitschen knallen ließen und sich in einem besonderen Rhythmus auf die Schenkel und die Schuhsolen klatschten.
    An den Wänden hingen Trophäen. Ich schluckte und vergaß die Darbietung der Tanzgruppe eine Weile. Die Trophäen waren Köpfe, Köpfe von Humanoiden und von anderen Spezies. Ich sah einen gelbbepelzten Latoser, den wuchtigen Schädel eines Springers, einen Cheborparner.
    Die kurzen Hälse dieser Köpfe waren mit metallischen Scheiben verbunden, die an der Wand hingen. Aus diesen Scheiben ragten Kabel hervor und verbanden die Schädel mit Gerätschaften, die hinter der Wand liegen mussten. Denn die Köpfe dieses obszönen Kabinetts waren am Leben . Sie öffneten und schlossen die Augen, bewegten lautlos die Lippen. Ich kann nur ein wenig Lippen lesen, aber einiges verstand ich doch: »Ich habe Durst«, artikulierte ein humanoider Mund, »mach ein Ende«. Und ein hellblauhäutiger Humanoide, vielleicht ein Tuglanter, formte tonlos immer nur ein Wort: »Mutter«.
    »Was darf ich bringen?«, fragte eine junge Blue, wahrscheinlich eine Gataserin.
    Die Gataserin trug ein offenherziges Gewand mit einer Schleife an der Seite. Auf ihren tellerförmigen Kopf war eine Haube gebunden. »Oder haben Sie noch nicht gewählt? Oder wünschen Sie die Spezialität des Hauses?«
    »Und das wäre?«
    Sie zwinkerte, jedenfalls mit den vorderen zwei ihrer vier Augen, und strich mit ihrer Hand über die Schleife. »Diese Schleife bedeutet: Ich bin noch zu haben.«
    Mir fiel auf, dass zwei ihrer sieben Finger amputiert worden waren; sie wirkte nun wie eine Menschenhand mit blauem Flaum. Die Gataserin folgte meinem Blick und flüsterte: »Ich bin auch anderswo operativ so umgestaltet, dass ich Humanoiden und ihren Bedürfnissen zugänglich bin.«
    »Können wir ein Separee-Feld haben?«, bat ich die Gataserin.
    »Sehr gerne. Aber ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass die Errichtung eines akustischen Dämpfungsfeldes und einer optischen Verhüllung kostenpflichtig ist«, sagte die Gataserin ihren Spruch auf. Ich winkte geringschätzig ab und sagte, es spiele keine Rolle.
    Sie sprach etwas in ein Mikrophon, das ihr aus dem Kleid ragte. Gleich darauf hatte ich den Eindruck, dass wir in ein Feld von wirbelndem Nebel gehüllt waren. Die Szenen des Lokals spielten sich nur noch schemenhaft ab.
    »Sie verkehren gegen Entgelt sexuell mit Humanoiden?«
    »Ja. 50 Solar für eine halbe Arkon-Standardstunde, Normalprogramm. Extras gehen extra.«
    »Ich wusste nicht, dass Jülziish-Frauen für Humanoide attraktiv sein können.«
    »Sie würden sich wundern, wenn Sie wüssten, was für einen Menschen alles reizvoll ist.« Ich kannte mich in den Tonfällen und Akzenten der Blues nicht gut aus: klang es verächtlich? Verzweifelt?
    »Sie finden mich nicht attraktiv?«, wollte sie wissen.
    Ich lächelte. »Offen gestanden: Nein. Ich habe in diesen Dingen einen eher konservativen Geschmack. Sie sind gatasisch? Wie heißen Sie?«, fragte ich.
    »Heydi.«
    »Ich meinte Ihren richtigen Namen. Ihren gatasischen Namen.«
    »Ich bin eine Weddonin«, sagte sie und zögerte. »Ich heiße Ziyrinya.«
    »Arbeiten Sie freiwillig hier?«
    »Mein Held«, sagte sie und ließ ihren Kopf zu mir herab pendeln, »die Goldene Kreatur des Wohlstandes hält ihre Klauen über mich.«
    Ich war ratlos. Mein Logiksektor schwieg. »Es ist gut«, sagte ich endlich, »ich habe hier eine Verabredung. Löschen Sie die Felder, bringen Sie mir einen Vurguzz und setzen Sie sich 50 Solar Trinkgeld auf meine Rechnung.«
    Die Geräusche des Gasthauses erklangen wieder in voller Lautstärke, die Umgebung war klar zu erkennen. Die Weddonin brachte mir eine hohe, schmale Karaffe, randvoll mit Vurguzz.
    Ich wartete und schaute mich um. Zwischen den Tischen versuchten kleine Händler, ihre Geschäfte zu machen. Ein einbeiniger Kneefy hüpfte von Tisch zu Tisch und offerierte seine Haramu-Rosen, deren Blüten schon in Flammen standen. Ein gatasischer Missionar versuchte, Seelen zu retten, die sich aber widerspenstig zeigten. Ein älterer humanoider Mann strich von Tisch zu Tisch, er ging gebeugt und hatte eine Kiepe auf dem Rücken, einen altertümlichen Tragekorb.

Weitere Kostenlose Bücher