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Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen

Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen

Titel: Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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ersten Hütten ragte ein baufälliges Gestell aus Metallstangen auf, auf dem Bleche befestigt waren, die ein Sonnendach bildeten. Auf diese Weise beschattete die Konstruktion eine Fläche von etwa fünf auf zehn Metern. Dort spielten etliche Kinder.
    Die Kleinen schichteten Sandhügel auf, warfen sich ein faustgroßes Holzstück wie einen Ball zu oder spielten mit Flugkäfern, denen sie eine Schnur an die Hinterbeine gebunden hatten, so dass die Tiere wie Drachen an der Leine flogen, aber nicht entkommen konnten. Ein terranisches Mädchen ließ große Käfer über sein Kleid nach oben krabbeln, zupfte sie dann ab und legte sie in seinen Schoß, wo sie den Weg aufs Neue begannen.
    Der Kahle blieb stehen und betrachtete die Kinder. »Das ist der angenehmste Platz, den sie in ihrer Kindheit je sehen werden. Hier gibt es keinen Hunger, keinen Durst, keine Anfeindungen. Nur die Kinder und ihr karges Spielzeug. Ich stehe gerne hier und sehe sie an. Dabei träume ich von besseren Zeiten, wie ich sie erleben durfte, als ich selbst noch so jung war wie sie.«
    »Wieso bist du hier?«
    Seine Mundwinkel zuckten. »Sei vorsichtig mit dieser Frage. Wir reden nicht gerne über unsere Vergangenheit und unsere Vergehen. Niemand von uns. Auch wir nicht, obwohl wir uns im Lager versammeln, um Sühne zu tun.«
    »Sühne?«
    »Wir bereuen unsere Verbrechen, auch wenn es uns nichts nutzt. Wir versuchen, ein besseres Leben aufzubauen und unsere Kinder von Irhe’vorma fernzuhalten.«
    »Hast du ebenfalls Kinder?«
    »Das Mädchen, mit dem dein Begleiter ging. Sie ist meine Tochter.«
    »Sie sagte, ihre Mutter …«
    »Meine Frau ist tot. Schon lange. Sie wurde vergewaltigt. Ich ging dazwischen, und …« Er brach ab. »Die drei, die sich an ihr vergingen, starben. Ich verlor nur mein Auge, aber meine Frau starb am Blutverlust. Die Kerle hatten sie …«
    Als seine Stimme erneut brach, legte ich ihm nahe, nicht weiterzureden.
    Er schüttelte den Kopf. »Nach ihrem Tod gründete ich das Lager. Es waren harte Zeiten, doch es hat sich gelohnt.«
    Wir erreichten den Bereich der Wohnhütten. Sie waren aus denselben einfachen Materialien gebaut wie überall in der Schweißöde, aber es fiel sofort auf, dass sie sich in merklich besserem Zustand befanden.
    Der Kahle sah wohl an meinem Blick, dass ich die Hütten musterte. »Wir pflegen unsere Häuser, bessern Schäden aus und investieren Arbeitszeit.«
    »Ihr …«
    Ich kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Eine Frau rannte uns entgegen. Eine Ara.
    Diesem Volk sah man nicht mehr an, dass es einst aus den fülligen und rothaarigen Springern hervorgegangen waren. Infolge einer körperlichen Mutation verfügten die Aras über eine durchschnittliche Größe von stattlichen zwei Metern, waren dabei hager und feingliedrig. Sie besaßen die roten Augen meines Volkes. Schließlich waren die Arkoniden ihre eigentlichen Vorfahren, denn auch die Springer waren Arkonidenabkömmlinge. Die Haut der Aras wirkte blass, nahezu farblos, ebenso wie die Haare.
    Die Frau, die uns entgegeneilte, trug stoppelkurze Haare, die die großen Ohren frei ließen. Aufregung und Anspannung standen ihr ins Gesicht geschrieben. »Schnell! Beeil dich! Meine Schwester Halap kommt nieder!«
    Der Einäugige warf mir einen gehetzten Blick zu. »Ich habe dir eben von Halap erzählt. Sie wünschte sich, dass ich bei der Geburt ihrer Zwillinge anwesend bin.« Die nächsten Worte sprach er in beinahe entschuldigendem Tonfall. »Man sieht es als eine Art Segen an, wenn ich die Geburt begleite und den Kindern Namen gebe. Folg mir.«
    »Aber …«
    »Keine Einwände.« Er rannte bereits hinter der Ara her.
    Die Vorstellung, derart in die Privatsphäre einer werdenden Mutter einzudringen, behagte mir überhaupt nicht. Doch ich folgte dem Kahlen, um ihn nicht zu verärgern.
    Es hat sicher seinen Grund, dass er dir befiehlt, ihm zu folgen.
    Er hat mich gebeten , verbesserte ich den Extrasinn.
    Gebeten, ohne Widerspruch zu dulden , lautete die zynische Antwort.
    Ich ignorierte diesen Einwand und hastete hinter dem Gründer des Lagers her, der zielstrebig seinen Weg fand und schließlich eines der Gebäude betrat.
    Mir fiel sofort ein signifikanter Unterschied zu den normalen Elendshütten der Schweißöde auf. Die Behausung war viel größer, und es herrschten merklich kühlere Temperaturen. Ich blickte mich um, erkannte ein primitives Belüftungssystem aus einander gegenüberliegenden Fensterlöchern und Schlitzen. Die Wände reichten

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