Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen
nicht direkt bis an das Blechdach, das ebenfalls nicht dicht schloss, sondern aus mehrfach geschichteten und übereinandergreifenden Teilplatten bestand.
So wird die Sonnenhitze bestmöglich draußen gehalten und die Kühle der Nacht für den Tag konserviert , analysierte der Logiksektor. Ohne technische Hilfsmittel ist ein angenehmeres Raumklima nicht zu erreichen.
Meine Bewunderung für das Werk des Kahlen wuchs. Er nutzte in der Tat alle Möglichkeiten, die Lebensbedingungen in der Hölle von Abanfül ein wenig zu verbessern.
Ein Laut riss mich aus den Gedanken und lenkte meinen Blick zur Bettstatt der werdenden Mutter.
Halap stöhnte auf einem Lager aus aufgeschüttetem Sand, das ihren Oberkörper halb aufrichtete und die Beine gespreizt hielt. Eine Decke aus grobem Sackstoff lag über ihrem Körper. Die Gesichtshaut strahlte für einen Ara ungewöhnlich rosig – wohl eine Folge der körperlichen Anstrengung.
»Ich bin gekommen«, sagte der Kahle und ging neben dem improvisierten Krankenlager auf die Knie, so dass er sich nahezu auf derselben Höhe befand wie die werdende Mutter. Er ergriff ihre Hand. »Und ich bin nicht alleine.«
Ihr Atem ging hastig, sie stieß einen leisen Schrei aus.
»Komm!«, rief der Arkonide mir zu.
Ich legte die wenigen Schritte zurück, blieb etwa in einem Meter Entfernung stehen. Es roch nach Schweiß und Blut. Halaps Füße ragten unter der Decke hervor; sie waren mit roten Spritzern bedeckt, der Sand um sie glänzte an einigen Stellen feucht.
»Wer …« Die Ara ächzte, warf den Kopf in den Nacken und biss die Zähne zusammen. Die Kiefermuskeln arbeiteten sichtlich. Halaps Atem stockte, die Augen schlossen sich halb. Der ganze Leib bebte, die Decke verrutschte und gab den Blick auf die Oberschenkel frei.
Ich sog scharf die Luft ein. Etwas stimmte nicht. Eine Geburt war bei Aras genau wie bei Arkoniden eine schmerzhafte, kreatürliche Erfahrung, zu der in den meisten Fällen auch leichtere Verletzungen am Unterleib gehörten … aber nicht Blut in solchen Mengen.
Als Halap wieder atmete und sich ihr Gesicht etwas entspannte, antwortete ich auf die unausgesprochene Frage. »Ich bin Atlan. Du wirst schon von mir gehört haben.«
Sie lachte, während Tränen über ihre Wangen rannen. »Hier an diesem Ort … ein Unsterblicher, bei … bei mir?«
»Er wird dir helfen«, sagte der Kahle zu meiner Überraschung.
Sie schrie, als eine neue Schmerzwelle, wohl eine Wehe, durch ihren Körper lief. Ihre Beine zitterten.
Der einäugige Arkonide wandte sich mir zu. »Du wirst ihr doch helfen?«
»Ich weiß nicht, was ich tun könnte.«
»Du hast mehr Lebenserfahrung als jeder von uns. Du kannst die Rolle des Arztes übernehmen. Hilf ihr! Wir ahnten schon im Voraus, dass es bei der Geburt zu Komplikationen kommen würde. Noch nie hat eine Ara im Lager Kinder bekommen.«
Ihr ging es im Augenblick offensichtlich besser. »Eine schwangere Ara kommt niemals ohne technische Hilfsmittel nieder. Schließlich sind wir doch …« Sie lächelte schwach. »… die Galaktischen Mediziner. Wenn wir gebären, geschieht das seit Jahrhunderten unter …« Sie atmete wieder hastiger, verdrehte die Augen. »… unter Narkose der unteren Körperhälfte und mit Hilfe von Injektionen, die das Gewebe dehnbar machen.«
»Nichts davon steht zur Verfügung«, ergänzte ihre Schwester unnötigerweise und wanderte unschlüssig im Raum auf und ab.
»Mir ist so kalt«, sagte Halap. »Trotz der Hitze …«
»Gibt es Wasser?« Ich machte mir in diesem Augenblick zum ersten Mal Gedanken darüber, wie die körperlichen Grundbedürfnisse gestillt wurden. Woher kamen in der Schweißöde Nahrungsmittel und Trinkwasser?
»Wir halten es seit Tagen für Halap und die Babys bereit.«
»Bring es mir«, trug ich ihrer Schwester auf. »Erhitz es, falls das möglich ist. Und bring mir möglichst sauberen Stoff.«
Atlan, der unsterbliche Arkonide, Chef der USO und eine der einflussreichsten Personen der Galaxis, betätigt sich als Hebamme , kam der unvermeidliche bissige Kommentar des Extrasinns.
Zwei Stunden später hielt ich zwei Ara-Babys auf dem Arm, schlafende, winzige Lebewesen. Augenscheinlich erfreuten sich der Junge und das Mädchen bester Gesundheit.
Die Mutter war in erschöpften Schlaf gefallen. Sie hatte viel Blut verloren und entsetzliche Qualen durchlitten. Zusammen mit der Nachgeburt war ein Schwall Blut ausgetreten, woraufhin Halap in Ohnmacht gefallen war. Kurze Zeit später war sie
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