Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit
heißt es, die Varidis sei doch noch am Leben. Und organisiere den Widerstand. Na, es würde mich freuen, wenn’s so wäre. Einen Beweis dafür gibt’s leider nicht.«
»Würden Sie ersatzweise mich als Beweis akzeptieren?«, fragte Neife lächelnd, die mit Oderich zu uns ans Feuer getreten war und die die letzten Worte gehört hatte. »Ich versichere Ihnen, Mr. Lokwenadse, ich lebe. Und ich habe vor, mich Nastase in den Weg zu stellen. Allerdings benötige ich dafür Ihre Hilfe.«
Lokwenadses erst verständnisloses Antlitz verzog sich zu einem breiten Grinsen.
Nach einer Stunde hatte Trilith die Paralyse überwunden. Pöör war in dieser Zeit nicht eine Minute von ihrer Seite gewichen. Als sie sich wieder bewegte, trällerte und fiepte er voller Freude. Die Santuasi in unserer Nähe nickten beifällig. Sie betrachteten Pöör längst als zu Trilith gehörig.
Wir nahmen Abschied von den Berg-Rudynern.
Wir, das waren Trilith, Neife, Pöör und ich. Der Wabyren schlüpfte sogar noch vor Trilith in Lokwenadses Gleiter; er dachte überhaupt nicht daran, sich von der Psi-Kämpferin zu trennen.
Oderich drückte mir fest die Hand. Er, der niemals eine Waffe berührte, sah seine dringliche Aufgabe zunächst darin, den Santuasi beim Aufbau ihres Dorfes zu helfen. Er würde vorerst im Holoi bleiben.
Ti Sun bestand darauf, ihren Vater nach Genzez zu begleiten. Sie setzte sich auf einen der Notsitze im Frachtabteil.
Kan Yu verbeugte sich, ehe er sagte: »Kommen Sie eines Tages wieder, Koramal. Sie werden im Holoi und ganz bestimmt in diesem Dorf immer willkommen sein.«
Ich versprach es. »Lassen Sie nach Kala Bhairava und seinen Leuten suchen?«
Der Heiler nickte. »Schon geschehen. Ich habe Kettat losgeschickt. Er hat einiges gutzumachen. Leben Sie wohl.«
Trilith, Pöör, Neife und Ti Sun pferchten sich in die Frachtzelle. Ich nahm auf dem Kopilotensitz Platz. Dann startete Lokwenadse die Maschine. Summend hob der Gleiter ab. Kan Yu beschattete die Augen und sah uns nach.
Ich winkte dem weisen alten Mann zu, bis das Plateau hinter der nächsten Bergkrümmung verschwand.
Ponter Nastase; Gegenwart
Die virtuellen und maschinellen Komponenten des Omniports umschwirrten seinen Kopf in kaum noch voneinander trennbaren Schemen.
Ponter Nastase hatte die Dichte und die Informationsfließgeschwindigkeit bis zur Grenze des Systems hochgefahren. Dennoch hatte er keine Schwierigkeit, die wesentlichen Punkte jederzeit herauszufiltern. Dank des Zellaktivators war seine Konzentrationsfähigkeit auf ein nie zuvor gekanntes Niveau angestiegen. Er erfasste ganze Tabellen mit nur einem Blick, entdeckte in Tausenden von Datenzeilen jene eine, auf die es ankam, bemerkte Abweichungen, stieß auf verborgene Widersprüche, fand untrüglich denjenigen, der sie zu verantworten hatte, erließ entsprechende Korrekturen – und verordnete Strafmaßnahmen.
Die Berichte über die neu entfachten Unruhen waren wie parfümiertes Öl in seinem Feuer. Die Ausschreitungen, teilweise mit Plünderungen verbunden, verbreiteten sich stadtteilübergreifend, wie ein Flächenbrand, ob nun in Genzez, in Leskyt oder anderswo. Selbst so kleine Orte wie Brihan und Simbalain blieben nicht verschont.
Alles verlief nach Plan. Allerdings …
Nach einem invertierten Plan.
Als hätte jemand ein Negativ seiner ursprünglichen Absichten an die Stelle des Originals gelegt.
Dennoch war Nastase frohen Mutes. Er würde in wenigen Tagen alle Kämpfe, allen Hader, alle Ausschreitungen und Plünderungen mit einem Machtwort beenden. Längst hatte er die entsprechenden Befehle an die Schiffsführung der ZUIM und an alle Beibootkommandanten erteilt.
Ärgerlich war, dass sich der Unmut nicht gegen Neife Viridis, sondern gegen ihn selbst richtete. Aber das war unerheblich, ein zwar unerwarteter, aber trotzdem vernachlässigbarer Begleiteffekt, Staub, den ein Sturm nun mal mit sich führte. Der eigentliche Triumph würde dadurch nicht aufzuhalten sein. Das hehre Ziel, das er der rudynischen Bevölkerung in seiner großen Rede aufzuzeigen gedachte, würde alle Menschen, würde Rudyn, würde jeden zur Union gehörenden Planeten hinter ihm vereinen.
Er würde ihnen eine Aufgabe schenken, wie es sie noch nie zuvor gegeben hatte.
Ein Volk. Ein Gedanke. Ein Sternenkaiserreich.
Er würde sie ihre wahre Größe in all ihrer Erhabenheit sehen lassen.
Er konnte nicht verlieren. Zumal es die Varidis in der vergangenen Nacht im Holoi-Gebirge mit Sicherheit
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