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Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit

Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit

Titel: Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael H. Buchholz
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Wildnis.
    Wie sie, zitternd vor Erregung, das Notzelt mit der Mikroheizung errichtet und sich in seinem Schutz geliebt und wieder geliebt hatten, mit einer Leidenschaft, die alles vergessen machte … Die sogar den Fallwind und das aufkommende Unwetter überhörte.
    Die katabatischen Winde.
    Wie die meisten Polregionen, bildete auch die larghaische Eisdecke eine flache Kuppel, deren Mitte höher lag als das dünnere Küsteneis. Im Zentrum war es kälter als an den Rändern. Die kalte Luft strömte abwärts und beschleunigte sich. Mal stärker, mal weniger. Manchmal kam der Umschwung binnen weniger Minuten.
    Ponter war seit einem halben Jahr in Trostjay und kannte das Phänomen. Aber der flehende, verheißungsvolle Glanz in Jenas Augen! Ihr Blick schmolz alle Bedenken hinweg. Er überstrahlte alles andere, und was konnte schon passieren?
    An jenem Tag war es für larghaische Verhältnisse geradezu herrlich schön. Minus 30 Grad, aber Ephelegon, dicht über dem Horizont stehend, zauberte in das goldene Eisglitzern hinein den Widerschein von strahlendem Türkis und tiefem Blau. Über allem stand ein wolkenloser Himmel. Ein idealer, fast windstiller Tag. Er vergaß alle Vorsicht. Sie gaben vor, in einem Robotcamp nach dem Rechten sehen zu wollen, nahmen den Eisschlitten und entfernten sich, kaum außer Sichtweite, in die entgegengesetzte Richtung.
    Im Schutz der Gymorrberge, einer Kette flacher Hügel, in Wahrheit die steinernen Gipfel eines sich unter dem Eis erstreckenden Gebirges, die etwa fünfzig Meter aus dem Eisschelf herausragten, hielten sie an.
    Und hielten es vor Erregung kaum noch aus.
    Im Inneren des eiligst hingepflockten Überdruckzeltes vergaßen beide die Zeit.
    Sie schalteten weder den zur Notausrüstung gehörenden Prallschirm ein noch die Annäherungssensoren. Dafür keuchten und wimmerten beide wie vor Schmerzen, während sie sich mühsam aus den Klimamonturen schälten.
    Das Liebesspiel endete abrupt, als ein krallenbewehrter Prankenhieb die Durplexhaut zerschnitt und alles wegriss, was sie mit Eishaken und Traktorbolzen festgezurrt glaubten.
    Ponter sah nur das weißgelbe Fell des Eistölpöts, sah nur, wie die drei Hände große Pranke Jena um Haaresbreite verfehlte.
    Dann verschwamm alles in einem Wirrwarr aus sich überschneidenden Eindrücken. Jena, die verzweifelt versuchte, durch Fetzen des Zeltes zum Snowbile zu gelangen und gleichzeitig die fortwehenden Teile ihrer Klimaschutzmontur anzuziehen, bis sie, um Hilfe rufend, im dichten Schneetreiben davongewirbelt wurde. Zwei Tölpötjunge jagten grollend hinterdrein.
    Der Himmel war ein unwirkliches, lichtloses Dunkelgrau geworden. Heftige Sturmböen peitschten den Schnee fast waagerecht über den Boden. Die Sicht betrug höchstens drei Meter.
    Ponter glaubte noch einen verwehenden Schrei zu hören. Dann sah er den weitaufgerissenen Rachen des in das Zeltinnere vordringenden Tölpöts. Von Reißzähnen, die länger als eine Handspanne waren, troff zähflüssiger Speichel.
    Mit einem gewaltigen Sprung brachte er sich in Sicherheit. Er stolperte durch die Fetzen, übersah einen Traktorbolzen und stürzte kopfüber in den Schnee. Ein grässlicher Schmerz fraß sich durch seinen Rücken, als er sich herumwarf. Etwas bohrte sich nahe der Wirbelsäule in sein Fleisch. Er wusste nicht, was schlimmer war: Das Grollen hinter ihm oder die beißende Kälte. Die Qual in seinem Rücken. Oder die Ungewissheit, was mit Jena war.
    Das Muttertier, stärker von der Wärme der Mikroheizung angelockt als von der Nähe des Menschen, zermalmte das Gerät mit einem einzigen Biss. Die Speicherenergie entlud sich knallend in den Kopf des Eistölpöts. Bläuliche Funken tanzten knisternd über das Fell. Die bärenähnliche Bestie brüllte auf vor Schmerzen. Blut tropfte von der verbrannten Nase.
    Das Tölpötweibchen, fast so hoch wie ein Mensch und gut zwei Meter lang, schnaubte, rieb sich die Schnauze, trampelte die Reste des Zeltes nieder und rannte ihren Jungen hinterher.
    Als Ponter zitternd, blutend, halbnackt und von den wehenden Eiskristallen fast blind, Sekunden später den Schlitten erreichte, war Jena fort, verschlungen vom Dunkel des Sturms, verloren im Eis.
    Die per Funk herbeigerufene Hilfe traf fünf Minuten später ein. Sie retteten den halberfrorenen Ponter, dessen Rückenwunde zugefroren war; doch sie bargen nur Jenas zerschundenen Leichnam.
    Nie würde Ponter jenen Tag vergessen.
    Und auch nicht den folgenden, an dem sie ihn nach Genzez

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