Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
Sofort spürte er das intensive Stechen in den Gelenken.
»Was ist los?«, fragte er seinen Sohn mit zusammengebissenen Zähnen, während er nach seiner Hose griff.
»Fünf Raumschiffe«, berichtete Benjamin Deubtar und ging zum Fenster hinüber. Von draußen drangen lautes Rufen und das Geräusch trampelnder Füße ins Haus.
»Diskusförmig. Unbekannter Typ. Durchmesser etwa hundertfünfzig Meter. Eines davon ist in unmittelbarer Nähe der Mühle gelandet. Ich habe die Ratsmitglieder informiert und Alarm gegeben.«
»Gut«, zeigte sich Adrian zufrieden. »Dann lass uns aufbrechen.«
Als der ehemalige Kommandant der EX-856 das Haus verließ und auf die Veranda trat, erwartete ihn das geordnete Chaos der Evakuierung. Überall sah er hastende Menschen, Frauen, die weinende Kinder in den Armen hielten, Männer mit dicken Bündeln auf dem Rücken. Die Posten auf den Beobachtungstürmen schlugen noch immer die Signalglocken. Ihre dumpfen Töne hallten unheilschwanger über die Dächer Deubtar Valleys.
Adrian hatte sich damals vehement gegen diesen Namen der Siedlung gesträubt, war jedoch im Rat mit großer Mehrheit überstimmt worden. Inzwischen lebten hier 436 Menschen, von denen die meisten auf Interlude geboren waren.
Die Evakuierung, die Benjamin mit seinem Alarm ausgelöst hatte, war natürlich nicht aus Angst vor einer Invasion aus dem Weltraum entwickelt worden, sondern im Hinblick auf die immer wieder auftretenden vulkanischen Aktivitäten in dieser Gegend. Immer wieder hatte es leichtere, aber deutlich spürbare Erdstöße gegeben, und so hatte der Rat schließlich einen Plan zur schnellen Räumung der Siedlung beschlossen, um im Ernstfall auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Die Entwicklung in den vergangenen gut fünfzig Jahren hatte Adrian mehr als einmal erstaunt. Nachdem die Überlebenden der EX-856 erst einmal so etwas wie eine neue Heimat gefunden hatten, waren sie in geradezu beängstigende Aktivität verfallen. Auf allen möglichen Wissensgebieten waren schließlich genügend Experten vorhanden. Innerhalb weniger Monate wurden die Grundlagen einer primitiven Verhüttung geschaffen, aus der schon bald erste Metallprodukte wie Klingen oder Schaufel- und Sägeblätter hervorgingen. Die aus den ufernahen Bereichen des Sees – für den sich schnell der Name Lake Elvia eingebürgert hatte – ausgestochenen Böden eigneten sich hervorragend für das Brennen von Lehmziegeln. Auf den nahen Feldern wurde eine Reihe von Nutzpflanzen angebaut, darunter auch ein getreideähnliches Gewächs, dessen kleine, harte Körner eine Mühle zu Mehl verarbeitete. Aus dem Holz der überreichlich vorhandenen Bäume wurde Zellstoff gewonnen und in großen Sieben in ein qualitativ bewundernswert hochwertiges Papier verwandelt. In den meisten Häusern gab es gemauerte Steinöfen. Ein ausgeklügeltes System von mechanischen Pumpen lieferte fließendes Wasser. Kurz: Die Lebensqualität in Deubtar Valley hatte sich durch den Einsatz und den Ideenreichtum aller stetig verbessert und war mittlerweile auf einem Niveau angelangt, das Adrian niemals für möglich gehalten hätte.
»Hier herüber«, zischte Benjamin und winkte seinem Vater. Adrian beeilte sich, dem großen, breitschultrigen Mann, der ihn schon mit vierzehn Jahren um fast einen Kopf überragt hatte, zu folgen. Gemeinsam schlichen sie um das Haus herum und duckten sich in den Schatten der angrenzenden Bäume.
»Da«, flüsterte Adrian und deutete in Richtung des Sees. Das Licht der überall im Dorf brennenden Gaslampen spiegelte sich auf der sanft gekräuselten Wasseroberfläche. Drei ellipsoide Objekte von etwa einem Meter Höhe und halber Breite schwebten mit hohem Tempo über den See und erreichten in kürzester Zeit das Ufer. Auf ihrer Oberseite saß eine Reihe kurzer Antennen, am unteren Pol ragten zwei lange Tentakel aus dem metallisch glänzenden Rumpf.
»Roboter?«, fragte Benjamin, der solche Konstruktionen nur aus den Erzählungen seines Vaters kannte.
»Ja«, bestätigte Adrian. »Aber diese Modelle habe ich noch nie gesehen.«
Das Robotertrio fächerte auseinander. Ben packte das Gewehr fester, doch sein Vater legte beschwichtigend die Hand auf seine Schulter.
»Mach keine Dummheiten, Junge«, sagte er leise. »Erkennst du das schwache Flimmern um die Maschinen herum? Das sind Schutzschirme, und selbst wenn sie nur auf geringste Intensität geschaltet sind, wirst du mit ein paar Kugeln nichts ausrichten können.«
In diesem Moment
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