Atlan 15 - Monolith 05 - Ceres am Abgrund
haben. Naileth Simmers war unendlich wichtig für Santjuns Psyche. Ohne ihre liebevolle Betreuung hätte Santjun bestimmt schon allen Lebensmut verloren gehabt.
Nun zeigte auch Santjun den Anflug eines Lächelns. Das Funkeln in seinen blauen Augen bewies mir, dass er sich noch nicht ganz aufgegeben hatte, entgegen der heimlichen Befürchtung, die ich seit dem Start von Shenzen hegte.
»In spätestens zehn Minuten kommen wir am Zielbahnhof an, Sir. Ich habe unseren Leuten Befehl gegeben, mittels Individualtastern alles nach fremden Mustern abzusuchen«, sagte Oberleutnant Steph Barkin, der Leiter des zwanzigköpfigen USO-Spähkommandos. Der durchtrainierte kahlköpfige Mann mit dem grauen Kinnbart blickte mich wartend an. Er hatte wasserblaue Augen wie Reginald Bull.
Einen Augenblick bedauerte ich, dass Bully mit seiner EX-7598 nicht rechtzeitig hatte zurückkehren können. Er war mit dem Explorerschiff nach Thanaton geflogen, um Messungen an dem Monolithen, beziehungsweise dessen Überresten, vorzunehmen. Der ungestüme Staatsmarschall hätte sicher einiges darum gegeben, an unserem Stoßtruppunternehmen teilnehmen zu dürfen. Andererseits hätte sich das Temperamentbündel in der engen Zugkabine wohl eingeengt gefühlt wie der Hering in der Dose.
»Gut, Oberleutnant.« Ich nickte Barkin zu. Er war ein erfahrener Einsatzleiter, der selbst gut genug wusste, was er zu tun hatte; ich musste mich nicht in sein Führungskonzept einmischen. Die Einsatzteilung war klar: Wir, das hieß, meine fünf Begleiter und ich bildeten die Eingreiftruppe, die den Monolithen außer Gefecht zu setzen hatte. Barkins Leute übernahmen unseren Schutz.
Unser Zug bestand aus insgesamt vier Waggons, in denen jeweils rund zwanzig Personen Platz fanden. Claudrin, Santorin und Marcos hielten sich im zweiten Waggon auf Nummer drei und vier waren für die Ausrüstung bestimmt.
Auf einmal bremste der Zug stark ab. Barkin sah mich fragend an und stand auf. Ceres wurde von Beben und Entladungen erschüttert, aber das konnte es nicht sein, was die Geschwindigkeit unseres Zugs verlangsamte.
»Da stimmt etwas nicht«, rief der Oberleutnant und lief einige Meter in Richtung Fahrerkabine. Normalerweise funktionierte hier alles vollautomatisch, trotzdem besaß der Zug für Notfälle eine externe Kabine, mit deren Einrichtungen manuell gesteuert werden konnte.
»Achtung, weiter vorne befindet sich ein Hindernis«, meldete eine Lautsprecherstimme. »Wir verzögern bis kurz vor der Blockade.«
»Sofort stehen bleiben!«, forderte Steph Barkin über Funk. »Das dürfte ein feindlicher Spähtrupp sein.«
Es wird nicht beim Spähen bleiben. Sie machen ernst , meldete sich mein Logiksektor. Vermutlich werden sie nach guter alter Guerillataktik aus dem Hinterhalt angreifen. Schicke einen Roboter vor, damit hinterher kein Menschenleben zu beklagen ist.
Wir hatten sieben Kampfroboter der GLADIATOR-R3-Klasse mitgenommen, um den Schutz des Kommandos gewährleisten zu können. Ich musste Oberleutnant Barkin nicht auf den Rat meines zweiten Ichs hinweisen, der Offizier hatte den Befehl schon gegeben und bewies damit einmal mehr seine Übersicht und Befähigung, ein Kommando zu führen.
Kurz vor der Blockade kam der Zug zum Stehen. Die Individualtaster spürten mehr als dreißig Personen in der vollkommenen Dunkelheit auf, die ringsum herrschte. Die Scanner zeigten außerdem fünf Kampfroboter einer kleineren Klasse an.
»Zeigen wir es den Mistkerlen!«, forderte Oberleutnant Barkin.
Der ausgewählte Roboter betrat die Schleuse und ließ sich fallen. Dabei aktivierte er seinen Schutzschirm. Noch bevor er den Boden berührte, wurde der Schirm von einem Thermostrahl getroffen, eine Lichtkaskade umsprühte den Roboter, was bei der herrschenden Dunkelheit besonders deutlich ins Auge sprang. Unser Roboter machte einen Satz zur Seite, kaum dass er mit den Beinen auf dem Boden aufgekommen war, und legte sich hin, um ein schlechteres Ziel zu bieten.
»So ein Vollidiot!«, kommentierte Santjun die Szene. Für den USO-Major war es undenkbar, so überstürzt zu reagieren, wie es der feindliche Schütze getan hatte. Er war in mehr als tausend Schulungseinheiten darin ausgebildet worden, den richtigen Augenblick zum Eingreifen abzuwarten, wobei die Entscheidung darüber mehr eine Frage der Intuition war als der Ausbildung.
»Der Anführer dort drüben kocht jetzt bestimmt vor Zorn«, stellte Steph Barkin mit einem kalten Lächeln fest. Wahrscheinlich hatte er für
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