Atlan TH 0003 – Der Katzer
Widerspruch heraus.
»Das ist Manipulation!«, warf er ihm vor.
»Manipulation?« Cleton erhob sich ruckartig. »Niemand von uns hat die Absicht, etwas oder jemanden zu manipulieren! Wir dachten lediglich, es sei in deinem Sinn, den Meuterer so schnell wie möglich loszuwerden.«
Gavro blieb reglos in seinem Sessel sitzen und starrte den Techniker an. Er spürte die Unruhe, die sich in ihm ausbreitete, jenes drückende Gefühl, dass andere ihn beeinflussen könnten, dass sie seine Stellung für ihre Zwecke missbrauchten und ihm Entscheidungen aus der Hand nahmen.
»Was hast du gegen Perg Ivory?«, fragte er. »Was haben deine Leute gegen ihn? Gehört er nicht sogar zu einem Wartungstrupp?«
»Ja, bis vor Kurzem gehörte er noch zu uns. Jetzt empfinden wir das nicht mehr so.« Cleton Weisel machte eine unbestimmte Geste. »Wir betrachten uns als eine Gruppe von Solanern, die dem Rest der Bevölkerung der SOL dienen, indem sie das Schiff flugtauglich halten. Das ist unsere Aufgabe, und die nehmen wir sehr ernst. Wenn allerdings einer von uns durchdreht und glaubt, er müsste seine kruden Träume von Freiheit und Abenteuer dadurch verwirklichen, dass er eine Jet entführt, kann er nicht erwarten, dass wir ihm zur Seite stehen. Perg Ivory hat nicht nur unser Vertrauen, sondern das aller Solaner missbraucht. Zumindest sehen wir das so. Er hat seine Stellung dazu benutzt, eine strafbare Handlung zu begehen. Für die Wartungsmannschaften ist er damit untragbar geworden.«
Der Techniker war dazu übergegangen, im Raum auf und ab zu gehen.
Gavro Yaal verfolgte jede seiner Bewegungen. »Aber was, wenn sich bei der Verhandlung wider Erwarten herausstellt, dass Perg unschuldig ist?«, fragte er forschend. »Oder wenn er freigesprochen wird? Löst sich dann nicht alles, was du gerade ausgeführt hast, in Luft auf? Wir brauchen dann keinen Planeten zu finden, und der Mann würde weiter bei euch arbeiten. Ich sehe deshalb immer noch nicht ein, warum du so vehement empfiehlst, den Orbit beizubehalten.«
»Die Chancen für einen Freispruch sind gleich null«, erwiderte Cleton. »Und selbst dann gäbe es für uns keinen Grund, Perg weiter in unseren Reihen zu dulden. Was er getan hat, lässt sich nicht beschönigen oder unter den Tisch kehren. Für uns ist und bleibt er nicht akzeptabel.«
»Wenn man dich so reden hört«, sagte Gavro langsam, ohne den anderen aus den Augen zu lassen, »könnte man annehmen, ihr hättet eure eigenen Gesetze und Statuten ...«
»Unsinn!« Cleton schüttelte heftig den Kopf. »Du könntest es vielleicht eher mit Berufsehre umschreiben – das mag zutreffen. Im Übrigen reagieren fast alle Solaner ähnlich auf Pergs unbedachte Aktion, nicht zuletzt du selbst. Du kannst mir nicht weismachen, dass du mit einem Freispruch rechnest. Im Gegenteil. Du möchtest den Meuterer lieber heute als morgen verurteilt sehen. Unser Aufenthalt im Orbit kommt dir also sehr gelegen. Ist es nicht so?«
In gewisser Weise, durchfuhr es Gavro Yaal, hatte Cleton ihn in der Hand. Die Überlegungen des Technikers waren stichhaltig, und er wusste das! »Das ist im Moment alles«, sagte er unbehaglich. »Du kannst gehen.«
Obwohl nichts verändert worden war, wirkte der Raum völlig anders als noch einen Tag zuvor. Die Einrichtung strahlte Ruhe und Behaglichkeit aus. Gestern hatte alles noch eher wie eine sterile Versammlungshalle ausgesehen.
Während er sich setzte, blickte sich Joscan um und nickte zustimmend. »So gefällt es mir hier besser. Der Trubel bei deiner Geburtstagsfeier war mir fast schon zu viel.«
»Das liegt daran, dass du früher weniger menschenscheu warst«, sagte Lareena Breiskoll lächelnd. »Die Zeit seit der Übergabe des Schiffes hat dich verändert.«
»Sie hat uns alle verändert«, erwiderte der ehemalige Sprecher der Solgeborenen nachdenklich. »Wir sind anspruchsloser geworden. Wir fliegen in einem abgeschlossenen, von der Außenwelt isolierten Lebenserhaltungssystem, das wir SOL nennen, durch den Kosmos. Richtung und Geschwindigkeit sind willkürlich gewählt. Wir haben kein Ziel, an dem wir uns orientieren könnten. Trotzdem sind wir zufrieden damit – die meisten wenigstens. Manchmal begreife ich es nicht.«
»Unser Ziel war, über uns selbst bestimmen zu können«, hielt Lareena ihm entgegen. »Für uns selbst verantwortlich zu sein, nach unseren Maßstäben zu leben. Das haben wir erreicht. Ist das nicht genug?«
»Nein.« Joscan beugte sich vor und legte die Fingerspitzen
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