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Atlan TH 0003 – Der Katzer

Atlan TH 0003 – Der Katzer

Titel: Atlan TH 0003 – Der Katzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlev G. Winter & Hubert Haensel
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Mutter!« Sylva fiel ihr in den Arm. Zwei Kinderhände umklammerten ihr Handgelenk. Aber Marra war fest entschlossen zuzustoßen. Sie wusste, wenn sie zögerte, würde sie nie wieder den Mut dazu aufbringen.
    Im letzten Moment entriss Sylva ihr das Messer und schleuderte es an die Wand. Marra sackte haltlos in sich zusammen. Sekundenlang herrschte völlige Stille. Dann erklang von irgendwoher das Wimmern auf Volllast laufender Aggregate. Eine Erschütterung durchlief die SZ-1. Ein zweiter, weitaus heftigerer Stoß folgte. Die Wände der Kabine schienen in Schwingungen zu geraten. Aber der seltsame Vorgang hielt nicht einmal eine Minute an. Danach war alles wieder wie vorher. Nur aus der Ferne erscholl das Schrillen einer Sirene.
    »Warum hast du mich daran gehindert?«, herrschte Marra ihre älteste Tochter an.
    »Weil der Tod nie eine Lösung ist«, sagte Sylva. »Willst du Germa wirklich die letzte Hoffnung nehmen?«
    Erneut musste die Frau erkennen, wie erstaunlich reif und verständig ihre Tochter für ihr Alter war. Dennoch wich ihr Zorn nicht.
    »Die letzte Hoffnung?« Marra lachte schrill. »Hoffnung ... worauf? Dass einer der Brüder sie erwischt, vielleicht gar dieser Aksel von Dhrau? Lieber soll sie durch meine Hand sterben. Glaube mir, ich weiß, was es heißt, mit der SOLAG zu tun zu haben.«
    »Unser Vater ...«, begann Sylva unverhofft. »Du hast nie mehr von ihm erzählt, als dass sein Name Homer ist.«
    Marra schreckte auf. »Schweig!«, zischte sie. »Ich will nichts davon hören.«
    Aber Sylva bohrte weiter. »Du hast ihn nicht geliebt?«
    »Liebe? Was ist das doch gleich noch mal?« Bitterkeit schwang in ihrer Stimme. »Sieh dir Germa an, dann weißt du, was du vom Schicksal zu erwarten hast.«
    »Es sind nicht alle böse.«
    »Die, deren Befehl Gesetz ist, sind es.«
    »Gehört unser Vater zu den Brüdern?«
    Marra schwieg.
    »Ich muss die Wahrheit wissen, Mutter. Hat er Schuld daran, dass Germa ein ... ein Monster ist?«
    Die Frau schluckte krampfhaft. »Mag sein«, nickte sie nach einer Weile. »Ich weiß es nicht. Er wollte sein Vergnügen, und ich musste gehorchen.«
    »Dann geh zu ihm. Er kann Germa helfen.«
    »Du hast keine Ahnung, was du da sagst. Nein, diese Demütigung würde ich nicht überleben. Homer Gerigk ist ein Mann, der sich nimmt, was er haben will, und dich schon nach einer Stunde zum Teufel jagt, wenn er deiner überdrüssig ist.«
    »Welche Wertigkeit ...?«
    »Er ist ein Magnide.« Marra spuckte das letzte Wort aus wie ein fauliges Stück Fleisch.
    »Dann kann er Germa helfen.« Ein Lächeln huschte über Sylvas Züge »Niemand wird es wagen, sich ihm zu widersetzen. Er muss sie doch nur bei sich aufnehmen. Sie ist schließlich seine Tochter.«
    Traurig schüttelte Marra den Kopf.
    »Du bist zu jung, um das zu verstehen«, sagte sie. » Homer hat viele Kinder, und es kümmert ihn nicht.«
    »Lass uns zu ihm gehen, Mutter. Bitte. Wir können es wenigstens versuchen.«
    »Die Wachen werden uns daran hindern, den Mittelteil des Schiffes zu betreten.«
    »Du warst einmal bei ihm«, platzte Sylva heraus, »und kannst es wieder schaffen. Aber du willst nicht. Dir ist egal, was aus Germa wird. Gib es doch zu, du bist nicht anders als all die anderen.« Das Mädchen hatte sich in Rage geredet. Marra setzte zum zaghaften Versuch einer Rechtfertigung an, doch Sylva unterbrach sie sofort.
    »Nein!«, schrie sie. »Wenn du Germa nicht hilfst, will ich nichts mehr von dir wissen.«
    Mein Gott, dachte die Frau. Meine eigene Tochter klagt mich an. Was habe ich bloß falsch gemacht?
    Damals vor elf Jahren war Marra jung gewesen, schön und begehrenswert. Homer Gerigk hatte sie trotzdem schon nach kurzer Zeit weggeworfen wie ein Stück Abfall.
    Und nun ...?
    Ihr Gesicht war aufgedunsen, tiefe Falten hatten sich unter ihren Augen eingegraben, und ein Zug von Verbitterung lag um ihren Mund. Ihr Haar war grau geworden und hatte den Glanz von einst verloren. Auch die Geburt der beiden Kinder hatte deutliche Spuren hinterlassen.
    Wieder fuhr es ihr wie mit glühenden Nadeln durch die linke Brustseite. Kalter Schweiß trat Marra auf die Stirn. Sie fühlte eine stärker werdende Übelkeit in sich aufsteigen, die sie zwang, die Augen zu schließen. Alles um sie her schien auf einmal in Bewegung zu geraten.
    Die Symptome schwanden so schnell, wie sie aufgetreten waren. Zurück blieb die Furcht, schon der nächste Anfall könnte der letzte sein. Diese Angstzustände, verbunden mit dem Gefühl,

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