Atlan TH 0010 – Das Gesetz der Erbauer
Verlust für das Schiff, zumal es ausnahmslos Leute sind, die mit den Verhältnissen nicht zurechtkommen und uns bei unseren Bemühungen, etwas zu ändern, als Unterstützer fehlen werden. Aber darum geht es mir im Moment nicht. Viel wichtiger ist, dass diese Solaner sich für ein Leben auf der Oberfläche eines Planeten entschieden haben, ohne zu realisieren, wie schwierig die Umstellung für sie sein wird. Was wird aus ihnen, wenn der Zugstrahl abgeschaltet wird und die SOL daraufhin auf Nimmerwiedersehen verschwindet? Was, wenn sie ihren Entschluss in ein paar Wochen oder Monaten bereuen? Außerdem ist keineswegs sicher, dass der Herr in den Kuppeln es ehrlich meint und die Auswanderer nicht für eigennützige Zwecke missbrauchen will.«
»Deshalb bist du hier«, sagte Joscan Hellmut leise. »Du willst den Exodus rückgängig machen.«
»Nicht unbedingt«, wich Atlan aus. »Aber ich will mich vergewissern, dass kein Solaner gegen seinen Willen festgehalten wird. Ich will zum Zweiten mit dem Herrn in den Kuppeln reden und ihm ein Angebot zur Verwirklichung seiner Pläne unterbreiten, ohne dass Tausende von Menschen auf Osath zurückbleiben müssen. Schließlich bin ich daran interessiert, dass die SOL endlich freikommt, und ich glaube nicht, dass unsere Freunde das ohne Unterstützung erreichen können.«
»Du hast also selbst keine genaue Vorstellung davon, wie das alles funktionieren soll«, hielt Gavro Yaal ihm vor.
»Nein«, gab Atlan zu. »Immerhin ist schon ein Erfolg zu verzeichnen, denn die Demontageroboter auf der SOL bauen mittlerweile das wieder auf, was sie vorher zerstört haben. Ich bin zuversichtlich ...«, er zögerte kurz und hob die Schultern, »... das heißt, ich war es, bis ich abgefangen und in die Stadt transportiert wurde.«
Er blickte sich im Kreis der Anwesenden um, aber keiner gab einen Kommentar zu seinen Erklärungen ab. Alle wirkten nachdenklich und in gewisser Weise mutlos.
»Was willst du jetzt tun?«, fragte schließlich Joscan Hellmut. »Es sieht nicht danach aus, als würde der Herr mit dir reden wollen.«
»Warten wir es ab«, meinte der Arkonide leichthin. »Morgen werden die Buhrlos abgeholt. Die Erfahrung zeigt, dass alle Roboter auf Osath klar geäußerten Wünschen weitgehend nachkommen ...«
»Und wenn nicht?«
Atlan lächelte. »Dann versuchen wir eben etwas anderes«, sagte er.
Seit Jahrhunderten, wenn nicht gar Jahrtausenden war die Schaltzentrale verlassen. Regeln oder koordinieren ließ sich von hier aus längst nichts mehr. Viele Bildschirme waren blind, und die, die noch funktionierten, zeigten nur begrenzte Ausschnitte, ohne dass man die Perspektive hätte verändern können. Die Tonübertragung blieb mangelhaft und gab bestenfalls einen Bruchteil dessen wieder, was akustisch überwacht werden sollte.
Trotzdem reichten die noch intakten Funktionen aus, den notwendigen Überblick zu erhalten und die Entwicklung zu verfolgen.
Nachdem seine Freunde die Solaner in ihre Obhut genommen hatten, war Y'Man nichts mehr übrig geblieben, als sich hierher zurückzuziehen und den Fortgang der Ereignisse aus der Ferne zu beobachten.
Sie hatten sich viel vorgenommen, diese Menschen. Sie wollten dem Herrn in den Kuppeln dienen und durch ihre Friedfertigkeit und Entschlossenheit jenen Status erlangen, den einst die Erbauer innegehabt hatten. Damit einhergehend wollten sie das Robotgehirn veranlassen, den verhängnisvollen Zugstrahl abzuschalten und Maßnahmen zu ergreifen, die große Anzahl von Wesen, die gegen ihren Willen auf Osath festgehalten wurden, zurück zu ihren Heimatplaneten zu bringen – sofern diese das überhaupt noch wollten. Letztlich würden sie dafür sorgen, dass die ursprüngliche Programmierung in einer vernünftigen und sachgerechten Weise realisiert und der Herr in den Kuppeln seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt wurde.
Y'Man wusste, wie schwer das alles war, aber er vertraute auf die offensichtliche Sympathie, die das Robotgehirn dieser Gruppe von Solanern entgegenbrachte. Bisher hatte es niemanden an sich herangelassen – diese Leute jedoch konnten es schaffen.
In den vergangenen Jahren waren Geduld und hartnäckiges Ausharren zu den bestimmenden Merkmalen im Dasein Y'Mans geworden. Er brauchte sie auch jetzt.
Noch waren die Aussiedler von der SOL zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, als dass sie sich bereits wirkungsvoll ihrer Aufgabe hätten widmen können. Sie, die zeit ihres Lebens nur das Innere eines Raumschiffs
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