Atlan TH 0010 – Das Gesetz der Erbauer
die Schleuse zum Zentralkomplex mit gemischten Gefühlen. Zu deutlich war ihm der absurde Dialog mit dem Kontrollmechanismus in Erinnerung, den er einen Tag zuvor beim Verlassen der Anlage geführt hatte. Diesmal würde er nicht die Geduld haben, sich mit der Positronik auseinanderzusetzen.
»Ich bitte um Identifikation«, sagte die Schleuse, als sich das äußere Schott geschlossen hatte.
Es fehlte nicht viel, und er hätte laut aufgeschrien. Aber noch beherrschte er sich. Er bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Ich bin Weicos.«
Das Innenschott öffnete sich und gab den Weg frei. »Zutritt gestattet.«
Zunächst blieb Weicos verblüfft stehen und rührte sich nicht. Nach dem Theater, das die Automatik beim Verlassen des Komplexes veranstaltet hatte, war die Problemlosigkeit des jetzigen Eintretens eine Überraschung. Er fasste sich jedoch schnell. Eilig robbte er auf den Korridor hinaus, bevor die Maschine es sich anders überlegen konnte.
Hier hatte sich nichts verändert. Der Schutzschirm um den inneren Zentralbereich wirkte nach wie vor stabil. Die Türen zu den Wohneinheiten waren geschlossen. Das gesamte Gebäude schien ausgestorben.
Müde betrat Weicos seine Kabine. Das Erste, was er bemerkte, war das Frühstück, das auf dem kleinen Tisch stand. Die Versorgungsautomatik musste es schon vor Stunden serviert haben. Es handelte sich um einige Synthowürfel, ein Glas Saft und mehrere Früchte, die durch das lange Liegen bereits fleckig geworden waren.
Weicos zeigte kein Interesse dafür. Er verspürte keinen Hunger; sein einziges Bedürfnis war, den Schlaf nachzuholen, den er in der vergangenen Nacht versäumt hatte. Schwerfällig rollte er auf das niedrige Sofa und begann sich ausgiebig zu strecken. Die Müdigkeit verwandelte sich in ein angenehmes, wohltuendes Gefühl. Er schloss die Augen und merkte, wie seine Anspannung nachließ. Endlich schlafen ...
»Du warst lange fort«, stellte seine Kabine in diesem Moment fest.
Weicos musste an sich halten, um nicht laut zu fluchen. Ein Gespräch mit seiner Unterkunft war das Letzte, was er jetzt brauchte. »Ja«, antwortete er einsilbig.
Eine Weile herrschte Stille. Schon glaubte er, das Zimmer wäre mit seiner Auskunft zufrieden, und entspannte sich wieder, als die Stimme weitersprach.
»Während deiner Abwesenheit ist viel geschehen.«
Weicos öffnete die Augen und starrte gegen die Decke. Er zwang sich dazu, einen imaginären Punkt zu fixieren. Langsam wurde der Blick klarer, und in gleichem Maß stieg sein Ärger über die Störung. »Es ist mir egal, was seit gestern vorgefallen ist«, sagte er mühsam beherrscht. »Ich brauche jetzt Schlaf.«
»Um diese Zeit?«, wunderte sich die Positronik. »Es ist helllichter Tag!«
»Wann ich schlafe, hat dich nicht zu interessieren«, sagte Weicos. »Wenn ich wieder wach bin, kannst du mir gern alles berichten, was du für wichtig hältst.«
Das Zimmer schien kurz zu überlegen, gab dann aber nicht nach. »Es ist jetzt wichtig«, beharrte es. »Nachher ist es das womöglich nicht mehr. Du würdest mir sicher Vorwürfe machen, wenn ich dir etwas Wichtiges verschweige. Wenn du wieder wach bist, ist es ...«
»Schon gut!«, rief Weicos entnervt. »Du gibt ja doch keine Ruhe. Was, bei allen Sternengöttern, ist so wichtig, dass es nicht warten kann?«
»Die Kommunikationsanlagen zum Herrn in den Kuppeln sind aktiviert«, sagte das Zimmer.
Weicos' Müdigkeit verschwand schlagartig. Das Robbenwesen fühlte sich, als habe ihm jemand einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. Ruckartig richtete es sich auf.
»Heißt das, ich kann mit ihm reden?«, vergewisserte er sich, während er den Liegeplatz verließ.
Er erhielt keine Antwort. Mit der ihr eigenen Konsequenz ließ die Positronik ihm seine Ruhe, nachdem sie ihre Information losgeworden war. Das mochte logisch und folgerichtig sein – für Weicos bedeutete es jedoch eine weitere Zerreißprobe für die Nerven. Er war wie verwandelt. Jetzt gab es nichts mehr, was ihn noch zum Einschlafen gebracht hätte. Unruhig ging er in der Kabine auf und ab.
»Ich habe gefragt, ob ich mit dem Herrn in den Kuppeln reden kann«, wiederholte er mit erhobener Stimme. »Bekomme ich darauf eine Antwort?«
»Nur wenn sich das mit deinem mehrfach geäußerten Bedürfnis nach Ruhe vereinbaren lässt und du es ausdrücklich wünschst«, gab die Unterkunft zurück. »Ich möchte auf keinen Fall riskieren, dich zu verärgern, indem ich eine Frage, die sich durch meine zuvor
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