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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Stadt ziehen. Das waren die hölzernen Schindeln vom Dach des Verwaltungsgebäudes, die von der jähen Bö mitgenommen und weithin getragen wurden. Er wandte den Blick nach der anderen Seite zur Halle hin und sah ein neues Bild der Verwüstung. Eine schwere Explosion mußte im Innern der großen Halle stattgefunden haben. Die lange Wellblechwand war nach außen gewölbt. An mehreren Stellen hatte die Explosionswelle das Blech aufgerissen, verbogen, zerfetzt und zerknüllt. Was bei dem Unfall am Vormittag dem Verderben noch entgangen war, hatte die zweite Katastrophe gründlich zerstört. Nur noch Schrott und Abfall, reif für den Schmelzofen, war die ganze große Halle jetzt. Noch etwas anderes sah Clayton, das ihn erschrecken ließ. Eigenartig dunstig, fast wie ein leichter weißlicher Nebel, lag die Luft über den Ruinen der Halle und flimmerte im Sonnenschein, wie man sie wohl auch über einem Kessel mit heißem Teer oder einem offenen Feuer erzittern sieht.
    Noch hingen seine Blicke wie gebannt an dem fremdartigen Schauspiel, als er Chelmesfords Stimme hörte. Heiser, rauh, wie zerhackt kamen die Worte aus dem Munde des Präsidenten.
    „Was haben Sie gemacht, White?”
    Tom Whites Atem ging noch in wilden Stößen. Mit Gewalt riß er sich zusammen, rief sich die letzten Augenblicke vor der Katastrophe ins Gedächtnis und versuchte zu antworten.
    „Eine Analyse, Mr. Chelmesford... mit McGan zusammen... der neue Stoff... nur ein Zehntelgramm. Wir wollten Nitrat machen. McGan goß Salpetersäure auf den Stoff... da glühte es... wir sind geflohen...”
    „War das so?” Chelmesford sah den Iren an. Der war noch benommener als White. Er vermochte nur zu nicken, ein kurzes Ja herauszubringen.
    „Ein Zehntelgramm des Stoffes hatten Sie im Glas?” wandte sich Chelmesford wieder an White.
    „Ein Zehntelgramm, Mr. Chelmesford.”
    „Aber das übrige? Es war doch viel mehr von dem Stoff da. Wo war das?”
    „Im Nebenraum, Herr Präsident”, antwortete McGan, der sich inzwischen ein wenig gesammelt hatte. „In dem Raum, in dem die Kugelmühlen stehen. Im Laboratorium hatte ich nur das Reagenzglas mit dem Zehntelgramm...”
    „Ich habe ihn gewarnt”, fiel Tom White dazwischen, „ich habe ihm gesagt, daß er kühlen soll!”
    „Ich dachte nicht, daß das bißchen Stoff so gefährlich wäre”, versuchte McGan sich zu entschuldigen.
    Chelmesford winkte ab. „Genug, McGan! Gehen Sie nach Hause und Sie auch, White. Erholen Sie sich mal erst von Ihrem Schrecken. Morgen wollen wir weitersehen.”
    Schweigend ging der Präsident zusammen mit Clayton zu seinem Zimmer im Verwaltungsgebäude. Erst dort fand er die Sprache wieder.
    „Haben Sie es gehört, Clayton? Ein Zehntelgramm richtet solche Verwüstungen an! Halten Sie das für möglich?
    Oberhaupt für denkbar?” Der Direktor griff nach einem Block, warf eine Formel hin und rechnete ein wenig.
    „Ist es denn überhaupt denkbar, Clayton?” wiederholte Chelmesford seine Frage.
    „Nach dem energetischen Äquivalent ist es möglich, Chelmesford”, sagte Clayton und schob ihm das Blatt mit der Berechnung hin. Chelmesford blickte auf die Zahl unter dem Schlußstrich.
    „Zweihundertfünfunddreißig Tonnen Steinkohle? Was soll das bedeuten, Clayton?”
    „Es soll heißen, Chelmesford, daß die Masse eines Zehntelgramms Materie bei ihrem plötzlichen Zerfall dieselbe Wärme entwickelt wie Zweihundertfünfunddreißig Tonnen Steinkohle bei ihrer Verbrennung.”
    „Sie halten es also für denkbar, Clayton? Sie halten es wirklich für möglich, daß eine winzige Prise dieses neuen Stoffes die Verwüstungen angerichtet hat?”
    Clayton nickte. „Ich sage es Ihnen ja. Es ist möglich.”
    Chelmesford stützte den Kopf in die Hand und schloß die Augen. Eine geraume Weile ließ Clayton ihn gewähren. Auch er fühlte sich elend und zerschlagen.
    „Ich fürchte, Clayton”, sagte der Präsident nach langem Schweigen, „die United hat sich mit diesen Arbeiten an ein Problem gewagt, an dem sie vielleicht zugrunde gehen kann.”
    „Lassen Sie es für heute genug sein”, wehrte Clayton ab. „Morgen werden die Dinge wieder anders aussehen. Wir wollen nach Hause gehen und uns von dem Schreck erholen.”

Tom White war bei seiner Meldung ein kleiner Irrtum unterlaufen, der sich in den Maßnahmen Mr. Spinners weiter auswirkte. Eine hundertpferdige braune Limousine kam einige Minuten vor acht auf der Landstraße von Clarksville nach Salisbury, und obwohl die Herren Lawrence

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