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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Treten Sie bitte näher.”
    „Mich erwartet, Mr. Clayton? Wie konnten Sie wissen?”
    „Mr. Smith funkte uns, daß Sie auf dem Wege hierher seien.”
    Er nötigte Dr. Wandel trotz seines Sträubens einzutreten und in der Empfangsdiele Platz zu nehmen. „Ich glaube auch zu wissen, weshalb Sie kommen, Herr Doktor”, führte er die Unterhaltung fort.
    „Sie wissen es nicht, Clayton”, unterbrach ihn der Doktor schroff. „Wenn Sie eine Ahnung hätten, um was es geht, würden Sie mich hier keine Minute unnütz verlieren lassen.”
    „Es handelt sich um den neuen Stoff, Herr Doktor, er ist in der Tat sehr gefährlich. Aber — aber...” Clayton fuhr sich nachdenklich über die Stirn. „Wie ist es möglich, daß Sie etwas davon wissen können, Herr Doktor... Das kann es ja doch nur sein. Anders wüßte ich mir Ihr Kommen nicht zu erklären.”
    „Sie haben an die zwanzig Pfund von dem Satanszeug in Ihrem Werk, Clayton!” platzte der Doktor heraus. Unwillkürlich nickte Clayton.
    „Das ist richtig. Wie ist es möglich, daß Sie auch das wissen, Doktor Wandel?”
    „Sie sitzen auf einem Vulkan, Clayton! In jedem Moment kann es eine atomare Explosion geben. Es wäre der Untergang der United, noch mehr, Clayton: die Vernichtung von ganz Detroit.”
    „Ich hoffe, Sie übertreiben, Herr Doktor Wandel”, versuchte Clayton einzuwenden, dem die letzten Worte seines nächtlichen Besuchers einen gewaltigen Schreck in die Glieder jagten. Der Doktor riß ein Heft aus der Tasche und schlug eine mit Zahlen bedeckte Seite auf.
    „Hier ist die Berechnung, Clayton. Ich übertreibe nicht. Zweihundert Billionen Kalorien werden in wenigen Sekunden frei, wenn der Stoff explodiert. Es genügt, um Detroit mit allen seinen Vorstädten einzuäschern... Und jeden Augenblick kann es geschehen, das ist das Furchtbare.”
    Clayton blickte auf das Heft in der Hand Dr. Wandels. Die Zahlen verschwammen vor seinen Augen.
    „Kommen Sie mit zum Werk, Clayton!” Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme des Doktors. Willenlos, wie hypnotisiert folgte er dessen Weisung und stieg mit in den blauen Wagen.
    Auf einen Wink Claytons riß der Pförtner das Gittertor auf und ließ das Fahrzeug passieren. Es rollte über den weiten Werkhof, an der zerstörten Halle vorbei und hielt vor dem seitlichen Anbau. Und dann standen sie im Laboratorium Meltons. Dr. Wandel und Direktor Clayton.
    „Da liegt es, Doktor”, sagte Clayton und deutete auf ein größeres Glasgefäß, das bis zum Rand mit dunklen, kristallinisch zackigen Bruchstücken gefüllt war. Er wich einen Schritt zurück, als der Doktor auf das Gefäß zuschritt. Der sah es und lächelte. „Es ist gleichgültig, Clayton, ob wir danebenstehen oder einen Kilometer davon fernbleiben. Wenn es losgeht, sind wir in beiden Fällen verloren.” Er ergriff das Gefäß und stellte es auf einen Tisch.
    „Ist das alles, Clayton, oder haben Sie noch mehr davon im Werk?” Er mußte seine Frage wiederholen, bevor er Antwort bekam.
    „Nebenan, Doktor, in der Kugelmühle muß noch etwas sein, aber — wollen Sie wirklich...”
    Dr. Wandel nickte. „Es ist notwendig, Clayton. Wir müssen reinen Tisch machen. Mit Gottes Hilfe werden wir es überstehen.”
    Während er es sagte, musterte er die Regale an den Wänden, bis er entdeckte, was er suchte. Da lag zwischen Wischtüchern und Leinenlappen ein Gänseflügel, wie man ihn in Laboratorien häufig benutzt, um Staub und Abfall von den Tischen zu fegen.
    „Der wird's tun”, sagte Dr. Wandel vor sich hin, griff nach dem Flügel und einem Glasgefäß und ging damit in den Nebenraum. Gleichzeitig, als ob es sich um eine alltägliche Sache handele, öffnete er die Mühle, nahm, was von dem Stoff noch unvermahlen darin lag, sorgsam Stück um Stück heraus und legte es in das Glasgefäß. Bewegungslos stand Clayton und sah ihm zu. Er fühlte sein Herz bis an den Hals schlagen, fühlte kalten Schweiß auf seiner Stirn.
    „Das hier würde auch genügen, um das Werk zu zerstören”, sagte der Doktor, als er den letzten Brocken aus der Mühle nahm.
    „Kommen Sie, Doktor Wandel!” Clayton brachte es heiser heraus, seine Kehle war wie ausgedörrt.
    „Noch nicht, Clayton! Das muß hier auch noch fort”, gab der Doktor gelassen zur Antwort, und Clayton überlief es kalt, als er dessen weiteres Tun beobachtete. Mit pedantischer Sorgfalt nahm der Doktor eine der Stahlkugeln nach der anderen aus der Mühle, stäubte sie mit dem Gänseflügel sorgsam über dem

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