Atomgewicht 500
zu treffen.
*
Clayton war nach den Aufregungen des Tages erst spät zur Ruhe gekommen-. Er lag im ersten Schlaf, aber sein Hirn arbeitete weiter und verflocht die letzten Ereignisse zu wirren Traumbildern. Eben noch sah er McGan am Autoklav stehen. Dann war es plötzlich wieder Chelmesford, und dann verschwamm die gewaltige Stahlkugel in fließenden Nebelschwaden und wurde ein Lauschmikrophon, das Stackpool in seinen Händen hielt.
Wieder wandelte sich das Bild. Die andere Seite der Geheimanlage tauchte auf. Da saß McGan und drückte einen Hörer ans Ohr. War plötzlich nicht mehr McGan, sondern Wilkin, und auch der einfache Kopfhörer verschwand. Ein vollständiger Telephonapparat stand dafür auf einem Tisch, an dem jetzt nicht mehr Wilkin, sondern White saß. Traumhaft wirbelte alles durcheinander, aber eins blieb: das Telephon auf dem Tisch, und das meldete sich.
Erst undeutlich, dann immer lauter tönte seine Glocke und schrillte schließlich so kräftig durch den Raum, daß Clayton es unangenehm empfand. — Warum nimmt denn White den Hörer nicht ab, damit der Lärm endlich ein Ende hat? dachte Clayton unwillig, aber da waren auf einmal auch nur ziehende Nebel, wo eben noch White gesessen hatte. Nur das Telephon stand noch da und klingelte unermüdlich weiter, bis Clayton mit Anstrengung die Augen aufriß. Da verschwanden auch Tisch und Telephon, und er wurde sich bewußt, daß er zu Hause in seinem Bett lag, aber das Klingeln hörte noch immer nicht auf.
Halbwach griff er nach dem Lampenschalter, das Licht endlich machte ihn vollständig munter. Das Klingeln kam von dem Fernsprecher, der auf seinem Nachttisch stand. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen, richtete sich auf und warf einen Blick auf die Uhr. Halb zwei... Warum störte man ihn mitten in der Nacht? Vom Werk mußte der Anruf kommen, der Apparat hatte direkte Leitung zur Werkzentrale... Er raffte sich auf und griff nach dem Hörer.
Der Nachtdienst der Sicherheitsabteilung meldete sich. Clayton wollte etwas gegen die nächtliche Störung sagen, aber er verstummte, als er hörte, was am anderen Ende des Drahtes in das Mikrophon gesprochen wurde, und hatte in der ersten Minute das gleiche Gefühl wie der Mann am Empfänger, als er die Funksprüche aufnahm, den Gedanken: Smith ist verrückt geworden. Aber je länger er anhörte, was ihm da gemeldet wurde, um so mehr anderte sich seine Ansicht.
Unmöglich war es ja schließlich nicht, was Smith funkte. Der deutsche Doktor war bisweilen unberechenbar, das hatte Clayton selber öfter als einmal erfahren. Aber schwerwiegende Gründe mußte er haben, wenn er aus freien Stücken nach Detroit zurückkehrte. Clayton ließ sich den letzten Teil der Funksprüche noch einmal vorlesen und stutzte, als er die Worte hörte: „Ich muß Direktor Clayton schnellstens sprechen. Es geht um das Sein oder Nichtsein der United.”
Wenn ein Mann wie Dr. Wandel so starke Worte brauchte, dann waren sie nicht unbegründet. Sein oder Nichtsein...? Mit unangenehmer Deutlichkeit erinnerte sich Clayton der letzten Katastrophe des vergangenen Tages und spürte bei der Erinnerung ein kaltes Gefühl im Rücken. Ein Zehntelgramm — nur eine winzige Prise des neuen Stoffes — war da explosiv geworden und hatte schwere Verwüstungen angerichtet. Er erblaßte bei dem Gedanken, was geschehen wäre, wenn die ganze Stoffmenge explodiert wäre. War solche Gefahr vorhanden? War das der Grund für die sonst unerklärliche Fahrt des Doktors nach Detroit?
Das Telephongespräch ging weiter. Bei der Wichtigkeit der Nachrichten hatte man inzwischen auch den Chef der Sicherheitsabteilung geholt, und Clayton konnte mit ihm sprechen. Von seinem Standpunkt aus sah der die Angelegenheit ganz anders an. Er befürchtete einen Handstreich auf Clayton, eine gewaltsame Entführung des Direktors, und schlug Gegenmaßnahmen vor. Clayton winkte energisch ab. Nur widerstrebend ließ er es schließlich zu, daß man ihm drei auserlesene Leute der Abteilung zu seinem persönlichen Schutz in die Wohnung schickte.
*
Der Hundertvierzigpf erdige hatte hergegeben, was er vermochte, die neue Autostraße nach Detroit wurde im Fluge genommen. Es war erst wenige Minuten nach halb vier, als seine Hupe vor dem Hause Claytons aufschrie, während gleichzeitig die Wohnungsklingel schrillte. Clayton öffnete selbst, Dr. Wandel stand allein vor der Tür.
„Guten Morgen, Mr. Clayton! Sie werden sich vielleicht wundern...”
„Ich habe Se erwartet, Herr Doktor.
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