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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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wollen wir die Pille mal eingeben und zusehen, wie sie ihm bekommt. Jetzt müssen wir ein wenig klettern.”
    Der Doktor ging auf eine schmale eiserne Leiter neben der Kesselwand zu und stieg hinauf. Dowd und Slawter folgten ihm.
    „Es geht nicht anders, meine Herren”, sagte Dr. Wandel, als er endlich in schwindelnder Höhe haltmachte, „hier haben wir die einzige Möglichkeit, das Stückchen sicher in den Kessel und in das Wasser hineinzupraktizieren.”
    Noch während er es sagte, öffnete er einen stehenden Hahn an der Kesseldecke, kippte das Röhrchen in die Hahnöffnung aus und schloß den Hahn wieder.
    „Fertig, meine Herren! Wir wollen wieder hinuntersteigen und uns die Sache von unten besehen. Wir werden nicht lange zu warten brauchen.”
    Die Anwesenheit Dr. Wandels und seiner Begleiter war nicht unbemerkt geblieben. Einige der Kesselwärter kannten Mr. Dowd vom Ansehen. Sie wußten, daß er der erste Mann in der Company war, und beeilten sich, seine Gegenwart weiterzumelden. Als Mr. Dowd von der letzten Stufe der eisernen Stiege wieder auf den Fußboden trat, stand Ingenieur Fletcher, der Leiter der Kesselanlage, vor ihm und fragte nach seinen Wünschen.
    „Nichts von Bedeutung, Mr. Fletcher”, winkte Dowd ab. „Wir wollen hier nur einen Versuch an dem Kessel machen.”
    „Der ist aber außer Betrieb, soll ich ihn anheizen lassen?” erkundigte sich der Ingenieur dienstbeflissen.
    „Danke, Mr. Fletcher, nicht nötig. Uns ist der Kessel gerade so recht, wie er ist”, erwiderte Dowd.
    An der Art, wie er es sagte, merkte Fletcher, daß der Chief Manager auf seine weitere Gegenwart keinen besonderen Wert legte, und zog sich zurück. Aber es interessierte ihn doch brennend, was Dowd und Slawter und der neue Doktor, über den schon allerhand Gerüchte im Werk umliefen, mit seinen Kesseln vorhatten, und von einem versteckten Winkel aus beobachtete er die folgenden Vorgänge.
    Er sah, wie Dr. Wandel eine Feuertür öffnete, sah die dunkle Höhlung mit den leeren Rosten, sah, wie Dowd die Hand hineinstreckte und sie schleunigst wieder zurückzog.
    „Nonsens”, brummte er vor sich hin, „was macht der Chief Manager da für ein Theater? Der Kessel ist doch kalt — oder”, eine Möglichkeit kam ihm in den Sinn, „sollte vielleicht ein Kesselwärter die Ringleitung geöffnet und von den andern Kesseln her heißen Frischdampf in den kalten Kessel gelassen haben?” Das wurde öfter gemacht, um schneller wieder in Betrieb zu kommen, aber man tat es doch erst, nachdem die Feuer auf den Rosten brannten. Es schien auch nicht der Fall zu sein. Soweit er von seinem Standort erkennen konnte, war das Ventil der Dampfleitung geschlossen.
    Während er sich noch den Kopf darüber zerbrach, was das Ganze bedeuten könnte, sah er, wie der deutsche Doktor mit Dowd sprach und gleichzeitig auf die Meßinstrumente an der Kesselwand deutete. Er blickte auch dorthin und glaubte seinen Augen nicht trauen zu sollen. Die Manometerzeiger, die vor kurzem noch auf Null standen, wie es sich für einen kalten Kessel gehört, waren beträchtlieh gestiegen. Schon zeigten sie einen Druck von fünf Atmosphären an, und während er sich noch mühte, ihren Stand genau zu erkennen, sah er, daß sie unablässig weiterkletterten — sieben Atmosphären, zehn Atmosphären... Also mußte die Ringleitung doch offen sein, eine andere Erklärung für diese Erscheinung gab es nicht.
    Auf die Gefahr hin, unangenehm aufzufallen, näherte sich Mr. Fletcher wieder der Gruppe vor dem Kessel. Von seinem Schlupfwinkel aus hatte er nicht hören können, was dort gesprochen wurde und daß das Gespräch sich zuletzt um seine Person drehte.
    „Geheimhalten läßt sich die Sache hier im Kesselhaus natürlich nicht, Mr. Dowd. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Fletcher ins Vertrauen zu ziehen”, sagte Dr. Wandel gerade, als der Ingenieur auf der Bildfläche erschien. In diesem Augenblick erreichte der Dampfdruck in dem feuerlosen Kessel mit fünfunddreißig Atmosphären eben den Betriebsdruck der Anlage. Fletcher sah es und rieb sich die Augen. Dowd winkte ihm, nahe heranzukommen, und sagte:
    „Wir brauchen Ihre Unterstützung bei der weiteren Durchführung des Versuchs. Bevor wir damit beginnen, verlange ich Ihr Wort darauf, Mr. Fletcher, daß Sie über alles, was Sie dabei sehen, gegen jedermann schweigen. Ein vorzeitiges Bekanntwerden dieser Dinge wäre uns höchst unerwünscht.”
    Der Ton, in dem Dowd es sagte, und der Blick, mit dem er

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