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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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sondern sechzigtausend? Achtzigtausend? Moment, Moment ... Bykow beginnt, sich die Tage in Erinnerung zu rufen. Am ersten Tag, in der Wüste, ist Jurkowski zum ersten Mal hingefallen und wollte nicht aufstehen. Bykow hat ihm Sauerstoff zu atmen gegeben. Am zweiten Tage – was war da eigentlich? Ach ja, da ist er, Bykow, beinahe in einem Trichter mit Schwemmsand versunken, und Jurkowski hat ihn mit Mühe und Not herausgezogen. An jener Stelle rasteten sie lange, fast eine Stunde, und tranken Saft. Und es schien ihnen, als ob Grischa leichter atme, wenn er auch nicht zu Bewusstsein kam. Ein guter Tag ... Aber die dritten vierundzwanzig Stunden! Da sind ihnen die Hände taub geworden, und sie haben die Trage nicht mehr halten können. Grischa kam ihnen drei-, fünfmal so schwer vor, und sie machten Schlingen und hängten sich die Trage um den Nacken. Und dann, als sie schliefen, türmte der Wind einen Sandwall um sie auf. Auch heute wären sie beinahe zugeweht worden. Bykow hat Jurkowski und Dauge ausgraben müssen ... Richtig: dreimal vierundzwanzig Stunden! Und jede vierundzwanzig Stunden etwa dreißigtausend Schritte. Bykow hat einen Schrittmesser. Hunderttausend Schritte sind zurückgelegt, und im Ganzen sind es hundertfünfzigtausend. Also bleiben nur fünfzigtausend.
    Heute haben sie sich Dauges Brandwunden angesehen – die Haut ist ab, die Beine sind ein einziges blutiges Geschwür. Bykow verbindet sie, so gut es geht, dann nimmt er Jurkowski den Rucksack ab, in dem sich Dauges Thermosbehälter befindet. Es scheint ihm, als habe Jurkowski zweimal heimlich daraus getrunken.
    Bykow schleppt alles auf seinen Schultern. Jurkowski bricht wieder zusammen. Das blaue Leuchten wirft einen unsteten, zitternden Schein auf den ausgestreckten schwarzen Körper.
    »Steh auf!«
    »Nein ...«
    »Steh auf, sage ich!«
    »Ich kann nicht.«
    »Aufstehen! Ich schlag dich tot!«, schreit Bykow aus Leibeskräften.
    »Lass mich und Grischa hier!«, röchelt Jurkowski böse. »Geh allein!«
    Aber er erhebt sich dennoch.
    Im Norden flammt blauer Lichtschein auf, erfasst den halben Himmel. Durch die müden, halb geschlossenen Lider sieht Bykow seinen eigenen langen Schatten – er wankt und zuckt. Der Wind schlägt um und bläst in den Rücken. Ein sehr starker Wind. Stärker als die Menschen, er bringt einen zu Fall, aber er hilft auch beim Gehen, und wenn er nachlässt, scheint der Körper unerträglich schwer. Ein Glück noch, dass kein Schwarzer Sturm über sie hereingebrochen ist ... Jurkowski sackt wieder zusammen, liegt reglos da, die Finger in den grobkörnigen Sand gekrallt. Langsam verblasst das Leuchten im Norden ...
    »Aufstehen!«

    Bykow ließ sich zu Boden sinken und zog mit Mühe den Rucksack von den Schultern. Dann die Maschinenpistole, die er akkurat hinlegte. Langsam, mit unsicheren Bewegungen begann er, nach dem Helmverschluss zu tasten. Solange der Helm nicht abgenommen ist, darf er den Anzug nicht öffnen und die Sauerstoffflasche nicht abtrennen. Jurkowski aber liegt bewusstlos da, und der Vorrat an belebendem Gas in seiner Flasche ist aufgebraucht. Bykow hat seinen Sauerstoff fast nicht angegriffen. Er muss den Helm abnehmen, den Spezialanzug öffnen und die Sauerstoffflasche herausnehmen. Bykow leckt sich die Lippen. Er tut es nicht, aber er glaubt es zu tun. Aber das ist nicht wichtig. Er muss den Helm abnehmen und in die heiße, von Sand und Staub erfüllte Luft eintauchen, in der es keine Feuchtigkeit gibt und sehr wenig Sauerstoff. Das ist übrigens auch unwichtig ... Jurkowski liegt ohnmächtig da, und wenn der Sauerstoff ihn nicht zu Bewusstsein bringt, weiß Bykow nicht, was er machen soll. Der Verschluss klickt.
    Die Luft ist unerträglich heiß. Bykow her dergleichen nie geatmet und nicht einmal geglaubt, dass es möglich sei. Aber anscheinend ist es möglich, darum holt er die Flasche hervor, schließt sie an Jurkowskis Flasche an und wartet, beobachtet, wie der Zeiger des Manometers im Schein seiner Helmleuchte krampfhaft zuckt. Der Helm liegt neben ihm, unweit des Rucksacks ... Bykows Blick trübt sich, Übelkeit ergreift ihn ... Luft! Luft! Mit weit offenem Mund schnappt er nach dem glühenden Gemisch von Sand, Staub und noch etwas, wovon sehr wenig da ist, das man aber atmen kann ... Das man anscheinend trotz alledem atmen kann, denn er findet noch die Kraft, seine Flasche richtig zu befestigen und tastend den Helm zu ergreifen. Erst danach sieht er das Licht der Lampe nicht mehr in dem Sandwirbel

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