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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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kriechen ja am Grunde eines kühlen, rasch fließenden Baches entlang. Sie kriechen ! Und gehen überhaupt nicht, mit Schritten hat es also nichts zu tun ...
    Bykow stößt mit dem Helm an etwas Hartes und Unnachgiebiges. Vielleicht ein Felssturz? Man muss seitlich vorbeikriechen ... Ein Felssturz kann sie sogar verschütten, aber das ist natürlich Unsinn ... In der Schlucht herrscht rötliche Dämmerung, keine Finsternis, aber Bykow sieht nur noch sehr schlecht. Er schaltet die Lampe ein. Es ist das Ende der Schlucht, das Dickicht der riesigen stachligen Pflanzen. Da sind die Spuren des Knaben – geschwärzte, verschrumpelte Schlinggewächse, mitsamt Steinbrocken aus dem Fels gerissen. Die Schlucht ist wieder zugewachsen, doch man kann sich hindurchwinden. Nur noch ein paar tausend Schritte ...
    »Wenn man geht, versteht sich«, krächzt hinter ihm Jurkowski.
    Bykow setzt sich auf, zieht die gefühllosen Füße an. Die Kniehaut hat sich völlig abgeschabt, doch merkwürdigerweise ist kein Schmerz zu spüren. Das ist gut.
    »Wieso, rede ich laut?«, fragt Bykow verwundert. Gehen kann man nicht mehr, unmöglich, aber man kann noch kriechen, und sich wundern kann man also auch noch.
    »Du quasselst die ganze Zeit wie ein kaputtes Grammophon.« Jurkowski spricht undeutlich und langsam. »Du redest die ganze Zeit Unsinn und schreist mich immerzu an, ich soll nicht zurückbleiben ... Und wenn man dich ruft, antwortest du nicht ... Geradezu kränkend ist das ...«
    Aha, gekränkt sein kann man auch noch. Bykow scheint sich zu erinnern, dass Jurkowski tatsächlich etwas gerufen, irgendwas von Wasser gesagt hat. Ja. Und von einem Bach. Verdammt, das alles hat er doch selbst gesagt! Bykow wird etwas unheimlich zumute: Da kriechen zwei die Schlucht entlang, mit einem Riemen verbunden, den sie vom Rucksack abgenommen haben, und unterhalten sich laut, ohne es selber zu merken. Freilich, hier sieht das ja niemand.
    »Pfeif drauf«, sagt er laut.
    »Richtig«, antwortet Jurkowski.
    »Dort vorn liegt unser Sumpf, Wolodja. Nur noch ein Pappenstiel. Los!«
    »Los!«, sagt Jurkowski.
    »Vorwärts, also?«
    »Vorwärts!«

    Über dem Sumpf, in den trüben Nebeln, wogte ein Dschungel riesiger weißlicher Gewächse. Sie standen so dicht, dass man sich bisweilen zwischen ihren dicken glitschigen Stämmen nur mit Mühe hindurchzwängen konnte. Das Moor gluckste, schmatzte, versuchte die Menschen mit seinem nassen, schlammigen Maul einzusaugen. Vor der letzten entscheidenden Etappe hatten sie eine längere Rast eingelegt, und Bykow hatte Dauges kostbaren Thermosbehälter hervorgeholt – ihre letzte Hoffnung, ihren letzten Halt. Der Behälter enthielt fast zwei Liter Orangensaft, und Jurkowski lachte sogar lautlos, als die kleine schwarze Flasche im Lampenstrahl aufblinkte. Bykow gestattete sich und Jurkowski je fünf Schluck und flößte Dauge einen ganzen Becher durch die verkrusteten Lippen ein. Dann hatten sie abwechselnd drei Stunden geschlafen und anschließend jeder noch fünf Schluck getrunken ...
    Dann war Bykow mit Dauge auf dem Rücken im Sumpf eingesunken, und Jurkowski zog sie an die Oberfläche ... Und das Merkwürdigste – sie fanden sofort die Stelle, wo vor einem Monat die Chius niedergegangen war.
    Doch die Chius war nicht mehr da.
    An der Landestelle sahen sie nur noch eine große, mit festem »Asphalt« bedeckte Lichtung, etwa sechzig Meter im Durchmesser. Sie war von der Mitte aus strahlenförmig geplatzt, und aus den Rissen wuchsen dicht bei dicht fleischige milchigweiße Triebe ...

Chius versus Venus

    Mehr als alles auf der Welt liebte es Michail Antonowitsch, im Gärtchen seiner Datscha im Altai zu sitzen, wo unter einer großen Erle mit dichtem, grünen Laub eigens für ihn ein kleiner Tisch stand. Dort, umgeben von Büchern, arbeitete er – geruhsam, genüsslich, methodisch. Ihn interessierten gewisse Fragen der theoretischen Astronautik, und seit Langem hatte er den Traum, ein kleines, aber gehaltvolles Buch zu schreiben, das alle Errungenschaften der letzten zwanzig Jahre auf diesem Gebiet in ein System brachte.
    Sein Fachgebiet war die Mathematik; er hatte die Mathematisch-mechanische Fakultät der Universität in Leningrad absolviert und zunächst am Institut für kosmische Navigation gearbeitet. Seine Arbeit liebte er sehr, es bereitete ihm höchsten Genuss zu verfolgen, wie unter seiner Feder Zeile für Zeile Formeln auftauchten, fast immer sehr kompliziert, doch meist elegant und schön, voll tiefen

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