Atomvulkan Golkonda
einen Fall einer derart intensiven Korrespondenz – die Iwans des Schrecklichen mit dem flüchtigen Fürsten Kurbski. Die Historie vermeldet, dass die Hohen Seiten es fertigbrachten, innerhalb von siebzehn Jahren zusammen nur sechs Briefe zu schreiben: Iwan zwei und Kurbski vier, worauf er verschied, wahrscheinlich vor Überanstrengung. Heutzutage sind die Menschen kräftiger, und ich schreibe Dir den fünften. Allerdings bedurfte es dazu einer großen Willensanspannung und eines bestimmten Zusammentreffens von Umständen.
Gestern hat bei der medizinischen Untersuchung der Chefarzt Leontjew sein erstes Doppelkinn auf das zweite gelegt, dieses auf die übrigen und die auf die Brust, und dann hat er mir eröffnet, dass er mir die Teilnahme an der dritten Expedition um die Golkonda verbietet und mir Heilgymnastik und saftige (man denke!) Beefsteaks verordnet. Schlaf, Turnhalle, Schwimmbecken, Ionendusche, Bibliothek, dann werde man weitersehen. Ich habe nicht widersprochen. Jeder Widerspruch führt bei Leontjew zur Betrachtung seiner emporgereckten Doppelkinne und der nachdenklichen Antwort: »Hm ... Mir fällt partout nicht ein – wann geht bei uns das nächste Schiff zur Erde?«
Also habe ich mich vor einer Stunde von den Jungs verabschiedet, die zur Expedition aufbrechen, und vor übergroßer Betrübnis beschlossen, mich in einem Brief abzureagieren. Seinerzeit hast Du mich gebeten zu erzählen, wie es war. Ich weiß noch, dass ich Dich aus Zeitmangel auf die Zeitungen und Fernsehsendungen verwiesen habe. Jetzt habe ich Zeit. Stell Dich auf den erhebenden Augenblick ein und lies.
Vor achtzehn Monaten, ungefähr als Du Dich zu den Prüfungen davonmachtest, stürzten von der interplanetaren Station »Ziolkowski« auf Befehl Krajuchins, ohne pompöse Reden und Orchester, drei Photonenraketen vom Typ »Chius« im Abstand von anderthalb Stunden eine nach der anderen ins rosa Glühen der Venusatmosphäre. Das erste Schiff fuhr unter der Flagge des Admirals der Wasserlosen Ozeane Michail Antonowitsch Krutikow. Der Admiral, beleibt und tadellos rasiert, stellte sich in höchsteigener Person ans Steuerpult. Seine Augen strahlten. Violettes Feuer speiend stürmte das mächtig Schiff den Peilzeichen der Funkfeuer auf dem Raketenlandeplatz zweiter Klasse »Urangolkonda« entgegen. Dreimal erhellten violette Lichtblitze den purpurroten Himmel. Dreimal rissen die schweren Wolken auf. Dreimal erzitterten die teerschwarzen Sande. Die fünfpfotigen Stahlgiganten setzten schwer auf und standen nebeneinander, die Reaktorsäulen ins Geröll gebohrt.
Heraus strömten Menschen in Spektrolithhelmen, automatische Raupenfahrzeuge, Bagger, Geländewagen mit hermetischen Kabinen. Die Leute teilten sich auf. Acht Mann in zwei Fahrzeugen, beladen mit Minen, nahmen Kurs nach Osten, um Felsen zu sprengen, den Landeplatz zu erweitern, zusätzliche Funkfeuer aufzustellen. Sie verschwanden im schwarzen Nebel, und bald schon ertönte hinterm Horizont dumpfes Krachen, erhoben sich die struppigen Pilze der Explosionen.
Zwanzig Bauleute unter dem Befehl von Viktor Gaidadymow (dem, der den Hafen »Große Syrte« auf dem Mars gebaut hat) setzten sich auf ihre seltsamen Maschinen und begaben sich ohne Eile nach Süden, zum Gebirgsrücken, um den Bauplatz für die künftige Hafenstadt vorzubereiten. Im allgemeinen Durcheinander von niemandem bemerkt, verschwanden in dieselbe Richtung zwei Raketomobile mit den Astrobiologen: die silbrigen kleinen »Flöhe« überwanden geschwind und lautlos den Raum in Vier-Kilometer-Sprüngen, um den Heißen Sumpf zu suchen. In jedem dieser »Flöhe« saßen auf Kanistern voll Spiritus und Formalin, auf den Plastcontainern für die Proben mit hungrigen Augen drei Liebhaber der außerirdischen Flora und Fauna und zitterten vor Aufregung.
Als Letzte brachen gewichtig und würdevoll wir auf, die Geologen. Wir kannten unseren Wert. Der Leiter der Gruppe, Pawel Nikolajewitsch Lin, gab das Kommando, und nachdem wir in unsere Geländewagen gestiegen waren, rollten wir nach Norden, zu den Ufern des Rauchmeeres, und trieben Herden vielarmiger Roboter vor uns her – zweibeiniger, sechsbeiniger und mit Raupenketten. Die Roboter, auf aktive Substanzen angesetzt, gingen in gestaffelter Kette vor, beschnüffelten unterwegs den Boden, nahmen Proben, zeichneten auf, kalkulierten, speicherten und meldeten von Zeit zu Zeit die Ergebnisse ihrer Untersuchungen. Sie gingen methodisch und zielsicher vor, und wir glaubten schon, wir
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