Attentat auf Georgia
dem Unterschied, daß bei ihm unter
fünfundzwanzig normalen Seiten garantiert eine schlüpfrige vorkommt. Und wer
richtig schlau ist, borgt sich das Exemplar eines Bekannten aus, der bereits
die unanständigen Stellen mit Blaustift angestrichen hat.«
»Was macht er in Hollywood?«
»Er arbeitet an dem Drehbuch
seines neuesten Romans. Natürlich braucht man ihn dazu nicht — die Firma hat
eigene Skribenten, die auch wirklich schreiben können — , aber Rockewell
besteht auf einer Klausel im Vertrag, daß er an jedem nach einem seiner Bücher
gedrehten Film mitarbeiten darf. Er betrachtet das als einen bezahlten Urlaub.
Solange er sich nicht im Atelier blicken läßt, sind alle Beteiligten zufrieden,
einschließlich Rockewells.«
Ich zündete mir eine Zigarette
an. »Es muß doch in dieser Branche auch normale Menschen geben, die weder
besser noch schlimmer sind als der Durchschnitt.«
»Jetzt legt Carol los —
fahrplanmäßig!« sagte Paula.
Die schlanke Brünette schritt
mit träumerischem Blick in die Mitte des Zimmers. Jemand begann, leise die
Melodie des Schlagers All of me ... zu pfeifen, und ein Lachen machte die
Runde.
Carol schien es nicht zu hören.
Sie schwankte leicht mit geschlossenen Augen hin und her und schlüpfte dann aus
dem Kleid. Sie zog sich bis auf die Nylonstrümpfe und die blauen,
weißbestickten Unterhöschen aus. Dann beugte sie sich vor, um die Strümpfe
abzustreifen, und sackte graziös in sich zusammen.
Sogleich setzte die
Konversation wieder ein. Nun, da der Auftritt zu Ende war, hatte sich auch
jegliches Interesse an der jungen Dame verflüchtigt.
Carol blieb auf dem Fußboden
liegen. Eine rothaarige Person, die es eilig hatte, jemandem am anderen Ende
des Raumes etwas mitzuteilen, stieg vorsichtig über sie hinweg.
»Was sagten Sie soeben?« fragte
Paula Reid.
»Gibt es hier keine normalen
Menschen?«
»Doch. Mich zum Beispiel — und
Sie, Leutnant.«
»Und Kay Steinway?«
Wieder verzog sie ihre Lippen
zu einem säuerlichen Lächeln.
»Na ja, ich würde auch Kay
nicht gerade als normal bezeichnen. Ich habe schon immer gefunden, daß ihre
Vitalität etwas ungewöhnlich ist. Es ist Tatsache, daß sie einen bestimmten
Produzenten dreimal ums Sofa herumjagen mußte, bevor sie ihn schließlich zu
packen kriegte. Kay lebt für die Männer, Leutnant. Die Frage ist nur, wie lange
ihre Männer es fertigbringen, am Leben zu bleiben.«
»So etwas kann jedem passieren.
Man braucht nur jeden Tag zum Frühstück Hafenflocken zu essen, und ehe man
sich’s recht versieht...«
»Sie erinnert mich immer an die
>Schwarze Witwe<«, sagte Paula Reid. »Das ist doch die Spinne, die hinterher
das Männchen auffrißt...?«
»Bitte keine Schwefelsäure auf
meinen Teppich tropfen zu lassen, liebe Paula«, warf eine eiskalte Stimme ein.
»Er hat viel Geld gekostet.«
Kay Steinway stand dicht hinter
Paula Reid, bleiche Wut im Gesicht.
»Ach, mein gutes Kind«, sagte
Paula Reid unbeschwert, »ich habe soeben dem Leutnant von den Männern erzählt,
die in Ihrem Leben eine Rolle spielten, und daß anscheinend diese Männer dabei ihr Leben lassen müssen.« Mit einem Lächeln wandte sie sich zu mir. »Nicht etwa, weil
Kay so schön wäre, nein, sondern weil sie so leicht zugänglich ist.«
Kay Steinway drängte sich
zwischen uns.
»Ich brauche einen Drink«,
sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Der hier dürfte genügen.«
Sie nahm mir mein volles Glas
aus der Hand und schleuderte den Inhalt Paula Reid ins Gesicht.
»Altes Lügenmaul, altes
Dreckmaul, alte Hexe!« sagte sie mit lauter Stimme. »Sie...!«
Ich hörte die Trompete zum
Rückzug blasen und flüchtete eiligst in die frische Luft hinaus. Ich spazierte
zu dem fliesenbelegten Patio neben dem Bassin. Vor mir erblickte ich eine
formlose Silhouette.
»Darf ich Ihnen etwas zu
trinken holen?« fragte ich. »Hoffentlich nicht!«
Janice Jorgens drehte sich um
und sah mich an.
»Ach, Sie sind es, Leutnant.
Nein, danke, ich will nichts trinken. Ich trinke überhaupt nicht viel.«
»Sie machen einen verstimmten
Eindruck.«
»Daran ist Paula schuld«, sagte
sie.
»Immerhin ist Paula Reid noch
immer eine attraktive junge Frau.«
Janice Jorgens verzog
verächtlich die Mundwinkel. »Mit der Jugend ist es nicht so weit her. Haben Sie
nicht die kleinen Narben hinter den Ohren bemerkt?«
»Hat sie jemand gebissen?«
»Plastische Chirurgie...«
»Da fällt mir die Geschichte
von der Frau ein, die sich so oft die Gesichtshaut hat
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