Attentat auf Georgia
sie.
»Mich nach Lee Mannings
Selbstmord zu erkundigen. Vielleicht muß ich Sie für ein paar Stunden allein
lassen, während ich der dortigen Polizei meine Aufwartung mache. Ist Ihnen das
recht?«
»Eine Stunde lang kann ich mich
allein behelfen«, erwiderte sie. »Ich bin jetzt schon ein großes Mädchen.«
»Noch dazu überall dort, wo
sich’s gehört«, sagte ich anerkennend.
Gegen halb zehn kamen wir in
Long Beach an. Wir tranken Kaffee, rauchten und plauderten.
»Paula hat also ihre schwarze
Periode«, sagte ich. »Ist Schwarz ihre Lieblingsfarbe?«
»Unbedingt. Deshalb hat sie
sogar eine schwarze Seele.«
»Mir ist Rot lieber.« Ich
streckte die Hand aus und strich ihr das Haar hinters Ohr zurück.
Ungeduldig stieß sie meine Hand
weg. »Ich dachte, Sie wären beruflich hier, Herr Leutnant! Wollen Sie nicht
gefälligst anfangen?«
Ich trank meinen Kaffee zu
Ende. »Das wird sich leider nicht vermeiden lassen. Aber wo soll ich Sie
abladen, damit ich Sie wiederfinde?«
»Im Wilton — am Strand.«
»Sind Sie schon mal dort
gewesen?«
»Nein. Aber wer hätte nicht vom Wilton gehört?«
»Wer? Da muß ich erst mal
nachfragen... Schön, dann auf ins Wilton !«
Zehn Minuten später setzte ich
sie vor dem Hotel ab.
»Wenn jemand hinter Ihnen
herpfeift«, sagte ich, »- und darauf müssen Sie sich gefaßt machen — , dann
vergessen Sie nicht, daß Sie unter polizeilichem Schutz stehen.«
»Ich habe fünf Runden mit einem
Kunden hinter mir und bin immer noch unberührt. Um mich brauchen Sie sich keine
Sorgen zu machen, Leutnant. Wenn Sie mich nicht im Hotel antreffen, bin ich am
Strand.«
»Nur mit einem Bikini
bekleidet?« fragte ich bekümmert.
Sie nickte. »Freilich. Weich
geschuppt.«
»Ich werde viel früher zurück
sein, als ich beabsichtigt hatte«, sagte ich. »Und ich weiß nicht recht, ob ich
Sie nicht lieber mitnehmen und in eine Zelle einsperren soll, bis ich fertig
bin.«
»Wie gesagt — ich bin ein
erwachsener Mensch«, erklärte sie ungeduldig. »Und ich brauche keine
Gouvernante.«
»Ich muß mich auf Sie
verlassen. Aber — «, ich hob warnend den Finger, »- wenn Sie sich so benehmen,
wie ich mich benehmen würde, dann behalten Sie es für sich — ich will es
nicht hören.«
Ich fuhr zur Polizei und
überlegte mir, daß es leichtsinnig von mir sei, diese tolle rothaarige Person
sich selbst zu überlassen — Rotkäppchen unter lauter Wölfen.
Als ich ankam, hatte ich Glück.
Der Mann, der vor drei Jahren den Fall Manning bearbeitet hatte, war gerade im
Dienst.
Er hieß Leutnant Monro, war
klein und grauhaarig, sein Gesicht sah aus wie aus Stein gemeißelt.
Nachdem ich ihm mehr oder
weniger ausführlich erklärt hatte, warum ich hier sei, nickte er. »Gewiß,
Leutnant. Ich will Ihnen gern behilflich sein. Aber ich weiß nicht recht, wie.«
»Auf welche Weise hat er sich
das Leben genommen?« fragte ich.
»Er hat sich von einer steilen
Klippe hinuntergestürzt. Etwa sechzig Meter geht es senkrecht hinunter, bis zu
den Strandfelsen. Scheußlicher Anblick.« Er dachte eine Weile nach. »Was suchen
Sie denn eigentlich?«
»Keine Ahnung«, sagte ich
aufrichtig. »Die Ermordung Georgia Browns muß mit dem Selbstmord zusammenhängen.«
»Ich zeige Ihnen die Stelle,
wenn Sie glauben, daß es einen Zweck hat.«
»Fein. Besten Dank.«
Wir fuhren mit meinem Wagen
hinaus, ließen ihn am Straßenrand stehen und gingen zu Fuß durch das braune
Gras zum Rand der Klippe.
Vorsichtig blickte ich in die
Tiefe. Es war genauso, wie Monro gesagt hatte: senkrecht und endlos. Ein paar
Sekunden lang betrachtete ich die Wellen, die sich an den zackigen Strandfelsen
brachen, dann drehte ich mich um.
»Eine bessere Stelle hätte er
sich gar nicht aussuchen können«, sagte ich.
»Bestimmt nicht«, sagte Monro.
Wir stiegen ins Auto ein und
fuhren etwa fünfhundert Meter weit zu einem Bungalow, dessen Anstrich sich
löste und der überhaupt einen recht verfallenen Eindruck machte. Hinter dem
Haus senkte der Boden sich allmählich zum Meeresstrand hinab.
»Hier hat er gewohnt«, erklärte
mir Leutnant Monro. »Wollen Sie sich drin umschauen?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte
ich. »Er verließ das Haus, ging zu der Klippe hinauf und sprang in die Tiefe.«
»Hm.« Monro nickte. »Man hat
ihn erst nach einigen Stunden vermißt. Es waren gerade Gäste im Haus.«
»Gäste?«
»Ja. Einige seiner nächsten
Freunde. Es war keine richtige Party — aber man hatte ziemlich viel getrunken.
Einer der
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