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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Herr General?», fragte eine junge Stimme unvermittelt, heiter und unbeschwert.
    Es war Prinz Theoderich, der neben ihm aufgeschlossen hatte. Aëtius sagte nichts.
    «Besorgt wegen der Hunnen?», fragte Thorismund, ebenso munter. «Keine Angst, das mächtige Volk der Visigoten wird sie bis Weihnachten restlos besiegt haben.»
    «Nicht so vorlaut, kleiner Bruder», mahnte der besonnenere Theoderich und sah sich um. Die hunnischen Gesandten Geukchu und Orestes ritten mit ihrem kleinen Trupp Hunnenkrieger am hinteren Ende der Kolonne. «Das sind nur wir. Unser Vater und sein Volk liegen mit den Hunnen nicht im Krieg.»
    Aëtius sagte leise: «Das wird sich ändern.»
    «Attilas Ziel ist Rom», widersprach Theoderich, «und Konstantinopel.»
    «Sein Ziel ist die Welt.»
    «Nun, ich jedenfalls bete, dass diese Gesandtschaft scheitert», sagte Thorismund.
    Aëtius warf seinem kecken jungen Freund aus Gotland einen Blick von der Seite zu. «Sie wird auch scheitern.»
    «Und dann bete ich, dass uns unterwegs welche von denen in die Arme laufen!» Die Augen des Prinzen blitzten vor Eifer und Übermut. «Eine kleine Kriegerschar!»
    «Bete lieber, dass dir das erspart bleibt», brummte Aëtius.
    * * *
    Das Gewitter blieb aus, die Wolken verzogen sich wieder, und wir ritten weiter nach Westen, über die glühenden Ebenen Thrakiens. Viele der Bauernhöfe und Gehöfte waren bereits verlassen, ihre Bewohner hatten sich nach Osten aufgemacht, um Zuflucht in den Mauern des bereits heillos überfüllten Konstantinopel zu suchen, so groß war ihre Furcht vor dem herannahenden Zorn. «Die Hunnen kommen», so hieß es landauf, landab. «Flieht um euer Leben, die Hunnen kommen.» Auch die Menschen setzten also wenig Hoffnung auf Gesandtschaften.
    Ein Mann mit einer langstieligen Hacke, die er wie einen Speer umfasst hielt, stand einsam am Straßenrand und ließ uns schweigend an sich vorüberziehen. Dann rief er uns, die wir vielleicht sechzig Mann waren, spöttisch hinterher: «Eine größere Streitmacht werdet ihr schon brauchen!»
    Wir würdigten ihn keiner Antwort und ritten weiter.
    * * *
    Eines Abends, wir hatten gerade unser Lager aufgeschlagen, tauchte neben Chrysaphius eine Schlange am Boden auf. Der Berater, ein Stadtmensch durch und durch, erstarrte vor Furcht, der kleine, wendige Vigilas aber zog blitzschnell einen glänzenden Dolch und stieß ihn der Schlange mitten durch den Kopf.
    Aëtius musterte ihn stirnrunzelnd.
    Später sprach er ihn beiläufig erst auf Gotisch, dann auf Aramäisch an, aber der Bursche verstand ihn offenbar nicht. Außer Griechisch sprach er nur Latein, und Letzteres eher dürftig. Ein in Fremdsprachen nicht eben versierter Diplomat also.
    «Er dient mir als Leibwächter», sagte Chrysaphius ein wenig gereizt. «Konzentrieren wir uns doch lieber auf unsere Aufgabe, General.»
    Aëtius versicherte ihm, dass er an kaum etwas anderes denke.
    * * *
    Unter freiem Himmel nächtigen zu müssen, war nicht angenehm, aber bei weitem nicht das Schlimmste, was uns noch begegnen sollte. Wie sehnte ich mich allabendlich nach den heißen Bädern und kühlen Gemächern des Kaiserlichen Palasts, nach der herrlichen Aussicht auf das Marmarameer, auf dem silbrig das Mondlicht glänzte. Doch ich ertrug klaglos die Strapazen der Reise und sah Dinge, die ich niemals vergessen werde und die ich niemals für möglich gehalten hätte.
    Zum ersten Mal sah ich mit eigenen Augen das Grauen des Krieges. Ich, Priscus von Panium, gehorsamer Sohn, fleißiger Schüler, bescheidener Schreiber am Hofe Kaiser Theodosius’ des Zweiten, seit kurzem erhoben in den Rang des Obersten Sekretärs des Konsistoriums. Wie stolz wären meine Eltern auf mich gewesen, hätten sie das noch erleben dürfen! Zum Kampf auf dem Schlachtfeld war ich nie bestimmt, ja, ich schreckte sogar vor dem weit harmloseren Schlachtfeld der Geschlechter zurück, auf dem sich Mann und Frau seit ewigen Zeiten bekriegen. Im Allgemeinen genügte es mir vollauf – von gelegentlichen Abstechern in das Freudenhaus in der verschwiegenen Gasse gleich hinter dem Hippodrom einmal abgesehen –, ein beschauliches, ruhiges Leben zu führen, mich fleißig und mit Eifer dem Studium der Werke und Texte der Alten zu widmen, zu schreiben und von längst vergangenen Zeiten zu träumen.
    Jetzt aber ritt ich hinaus in die Welt und lernte sie kennen, wie sie wirklich ist, eine Erfahrung, die meine einstige Gemütsruhe dauerhaft erschüttert hat. Seither plagen mich, anders als

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