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Auch das Paradies wirft Schatten

Auch das Paradies wirft Schatten

Titel: Auch das Paradies wirft Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unterstreichen.«
    Marianne wandte sich lachend ab und lief in den Laden, auf dessen breiter Glastür in Goldbuchstaben ›Kunsthandlung Faber‹ stand. Siegurd blickte ihr durch die Scheibe nach, bis sie im Hintergrund des Raumes in einem Büro verschwand. In seinen Augen lag ein flimmernder Glanz, seine Lippen unter dem schmalen, schwarzen Bärtchen lächelten genießerisch. Er rieb sich sogar die Hände. Alles an ihm erinnerte an einen Menschen, der sich einer Beute sicher zu sein schien.
    In der Ohio-Bar, einem der bevorzugten Reviere dieses Jägers, gab es schummrige Nischen und Ecken, in denen auch ein gewaltsamer Kuß nicht für Aufregung sorgte. Frauen, die sich widersetzten, erhofften sich vom Personal des Etablissements vergeblich Beistand.
    Siegurd ging die Hauptstraße hinunter. Vor einem Blumenladen blieb er stehen, betrachtete die Auslagen und trat dann ein. Nach einer sorgfältigen, fachmännischen Auswahl bezahlte er einen wunderschönen Strauß kostbarer Blüten, den er durch Boten an ›Fräulein Marianne Klett, Kunsthandlung Faber‹, begleitet von einer Karte, schicken ließ. Auf die Karte hatte er geschrieben: ›Ein Traum von Blumen meinem Traum vom Leben …‹
    Dann schlenderte er vergnügt und spannkräftig durch Boltenberge, drückte am Stadtrand die Vorgartentür einer kleinen Villa auf und schellte. Eine junge, hübsche Witwe öffnete ihm, stieß einen kleinen Freudenschrei aus, zog ihn ins Haus, sprang ihm drinnen in die auffangbereiten Arme und ließ sich dorthin tragen, wohin sich junge Witwen, nachdem sie den ersten Schmerz, den der von ihnen erlittene Verlust in ihnen hervorrief, überwunden haben, am liebsten tragen lassen.

2
    Es war einer Woche später. Pedro von Aarfeld stand vor dem Tor des Gutes und erwartete den Wagen Dr. Fabers, der heute zur Jagd kommen sollte. Er hatte ein grünes Hemd und einen grünen Lodenanzug an, steckte in derben Stiefeln und sah, wenn man ihn nicht kannte, aus wie ein Forstbeamter.
    Normalerweise stellte sich der Baron nicht vors Tor, um einen Gast zu erwarten und auf das Glück zu vertrauen, daß der Betreffende auch pünktlich erschien. Heute tat er es.
    Und er hatte es auch nicht zu bereuen, denn genau zum festgesetzten Zeitpunkt tauchte die Limousine des Kunsthändlers auf und rollte vor dem Tor aus. Doch dann entdeckte Pedro überrascht am Steuer des Wagens nicht seinen Freund Faber, sondern dessen Chauffeur. Die noch größere Enttäuschung freilich, die ihm hätte drohen können, blieb ihm erspart. Im Fond des Autos saß Marianne Klett, ein wenig aufgeregt, ein wenig befangen, und blickte durch die Scheiben.
    Galant half er ihr aus dem Wagen und drückte ihr nach Jägerart derb die Hand.
    »Sie kommen allein?«
    »Ja.« Ihre Stimme war etwas belegt vor Aufregung. »Herr Dr. Faber läßt sich entschuldigen, er mußte zu einem dringenden Termin plötzlich nach München.«
    »Warum rief er mich nicht an?«
    »Weil es, sagte er, immerhin möglich ist, daß er mit dem Flugzeug zurückkommt und sich hier noch rechtzeitig einfindet.«
    »Das hat er schon oft gesagt, ich glaube es nicht. Mein Verdacht ist der, daß er sich vor der von ihm gefürchteten sogenannten Mückenplage im Wald schützen will.«
    Beide lachten, und Marianne sagte: »Inzwischen hat er jedenfalls mich als vorläufigen, alleinigen Ersatz geschickt …«
    »Und dieser Ersatz«, verneigte sich der Baron galant, »ist viel besser als das Original.«
    Der Chauffeur wurde mit dem Wagen zurück nach Boltenberge in Marsch gesetzt.
    »Und wie werde ich nach Hause kommen?« fragte Marianne den Baron, der den Chauffeur mit einem reichlichen Trinkgeld bedachte.
    »Ihren Transport übernehme morgen ich selbst.«
    Sie gingen ins Haus, in welchem ihnen dann gleich Kaffee und Kuchen serviert wurde.
    »Sind Sie gerüstet, sehr früh aus den Federn zu steigen?« fragte er. »Wann darf ich Sie wecken lassen?«
    »Jederzeit. Ich möchte nichts versäumen im Morgenwald. Herr Dr. Faber hat mich verleumdet, als er mich als Langschläferin bezeichnete.«
    Pedro trank einen Schluck Kaffee und blickte Marianne über den Rand seiner Tasse hinweg wohlgefällig an. Plötzlich trat ein leiser Schatten in seine Augen, er setzte die Tasse ab.
    »Ach ja«, sagte er, »ich soll meinen Bruder Siegurd bei Ihnen entschuldigen. Er hatte eine wichtige Angelegenheit in der Stadt zu erledigen.« Und mit einem gewissen Lächeln setzte er hinzu: »Er hat oft wichtige Angelegenheiten in der Stadt zu erledigen.«
    Marianne

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