Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Titel: Auch dein Tod ändert nichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Rees
Vom Netzwerk:
  –, das muss ausgeglichen werden. Das Ziel ist im Fadenkreuz – ich höre mich atmen. Dann durchladen, und der Schuss knallt sogar durch die Ohrenschützer, lässt die Vögel in den Himmel auseinanderstieben, sodass er aufblickt, um nach dem Grund zu suchen, und in diesem Bruchteil einer Sekunde durchschlägt ihn die Kugel, lässt Teile von ihm in alle Richtungen fliegen. Er wird von der Erhebung geschleudert wie ein Kleiderbündel. Dann prallt dasEcho von den Bergen ab, immer wieder, wird immer schwächer, bis es wieder nur noch den Wind gibt und mich. Ich liege dort ganz still, bin Teil der Landschaft – eingewickelt in die Montur der Scharfschützen, die so eingefärbt ist, dass sie wie das Gelände aussieht   –, bedeckt von Staub, Sand und trockenen Zweigen, die raschelt, wenn du dich wie ein Gespenst in einem gespenstischen Land in Position bringst. Kein Herumgehen – nur Stunde um Stunde bewegungslos warten – und dann RUMS!
    Ja, daran denke ich. Ich bin Scharfschütze – das ist mein Job.
    Scharfschütze zu sein ist eine spezielle Sache. Du musst ein guter Schütze sein – das ist klar   –, und es ist nicht etwa so, dass du das Ziel nicht sehen könntest, nicht seine Augen sehen kannst und so. Man kann es sehen. Mit den Zielfernrohren, die man heute bekommt, mit denen kann man sogar seine Aknenarben erkennen. Du beobachtest ihn so lange, bis du ihn kennst. Aber du musst in der Lage sein, dich aufzuspalten, ihn nicht auch als Menschen zu sehen. Er ist das Ziel – nichts sonst, Pech gehabt. Es ist wie auf die Jagd zu gehen – man muss Spaß daran haben, aufzuspüren und zu töten   –, aber ich glaube, dass man nicht so viel Spaß daran haben sollte wie ich.
    Am besten ist es, wenn das Ziel nicht weiß, dass du da bist. Einen Augenblick davor wuseln er und seine Kumpane noch durch das Lager, brühen Tee auf, und er steht da mit seiner Kalaschnikow in den Pfoten – und kurz darauf zerplatzt sein halber Kopf zu einer Wolke aus rotem Dunst. Er hat noch nicht einmal Zeit, überrascht auszusehen, und die anderen haben keine Ahnung. Der Schuss hallt von allen Seiten wider – oder du hast einenSchalldämpfer benutzt, und dann weiß kein Schwein, woher zum Teufel das Feuer kommt   –, und alle rennen unsinnig herum, und während sie das machen, putzt du einen anderen weg und noch einen, und sie fallen um wie die Marionetten, deren Schnüre durchgeschnitten sind, bevor sie irgendeine Deckung finden.
    Ich liebe es, wenn das passiert.
    So läuft es natürlich nicht immer. Es kann auch ganz anders laufen. Manchmal geht die Operation total in die Hose.
    Die Bösen haben auch einiges an brauchbarer Ausrüstung.
    Du kannst in Position gegangen sein, und der Junge gleich neben dir wird von ihnen mit einem russischen Dragunov abgeknallt. Kann auch sein, dass du im Freien erwischt wirst. Du kannst nichts machen, wenn das Stahlkerngeschoss direkt durch den Helm schlägt, die Schädeldecke aufreißt und das halbe Gesicht dazu, und dann ist es nicht mehr Lieutenant Johnny Boy Williams, auf den ich runtergucke, sondern nur noch eine Sauerei aus Blut und weißen Knochenstücken. Wir sind auf Patrouille mit dem Auftrag, um Sympathie bei den Leuten zu werben. Er zeigt mir Bilder von seiner Freundin auf dem Handy – eine heiße Braut. Ich blicke zu der Siedlung, die wir besuchen sollen. Da ist diese alte Schnepfe, die Wasser ausgießt, Kinder spielen und Ziegen laufen rum. Wirkt sicher. Wir steigen aus, und plötzlich ist niemand mehr da. Sogar die Ziegen haben sich verpisst. Johnny Boy grinst immer noch – denkt bestimmt an seine Freundin. Man hört ein Knacken wie brechendes Holz und er wird zurück und von mir weg geschleudert. Das hättest auch du sein können. Das ist alles, was ich denke, weil er es jetzt nicht mehr ist. Und ich bin froh,dass ich es nicht bin. Ich lasse mich auf ein Knie fallen. Er war ein guter Kerl und ein guter Kumpel, nicht wie die anderen Ruperts. Der Dolmetscher ist nicht aus dem Landrover rausgekommen. Er liegt hinten flach auf dem Boden. Ich mache ihm da keinen Vorwurf. Der blöde Arsch, der Johnny abgeknallt hat, richtet sich auf, um zu sehen, ob er Schaden angerichtet hat. Ich erwische ihn so richtig. Dann guckt ein anderer – sie sind so verdammt blöd. Den erwische ich auch.
    Ich denke, da ist ein Nest, und ich lasse Johnny, wo er gefallen ist. Für ihn gibt’s jetzt eh keine Hilfe mehr, und ich stürme den Hügel rauf auf ihr Dreckloch von Siedlung zu, und es ist, als hätte

Weitere Kostenlose Bücher