Auch Dicke haben Hunger (German Edition)
frittierten Meeresfrüchten beschäftigt
war.
„Lass sie abhauen Inge“, beruhigte Peter seine Frau „dann
haben wir wenigsten unsere Ruhe.“
Und Ruhe hatten sie in den folgenden Urlaubstagen
wahrhaft genug. Die Kinder waren ständig unterwegs und an keinerlei gemeinsamen
Aktivitäten mit den Eltern interessiert, denn „Club Summertime“ hatte ein
großartiges Freizeitprogramm für Kinder und Jugendliche auf Lager. Inge und
Peter machten ihre Tagestouren und Besichtigungsfahrten sowieso lieber alleine,
denn die Kinder hatten daran immer etwas auszusetzen. Ihre Brut konnten sie
getrost am Campingplatz bei den vielen Bekannten oder in Obhut der Clubleitung
zurücklassen. Bei der Hitze waren die Kinder mit Obst und einem kleinen Imbiss
zufrieden oder holten sich, wenn die Eltern unterwegs waren, Pommes frites oder
Eis von der Imbissbude am Strand. Am Abend wurde gekocht oder gegrillt und an
jedem zweiten Tag ging die Familie Essen. Wenn Peter mit Bekannten Tennis
spielte oder mit seinem Rennrad unterwegs war, fand Inge genug Zeit, um sich unter ihrem Baum zu entspannen oder zu
lesen. Dieses Jahr hatte sie sich vorgenommen beim morgendlichen „Aerobic am
Strand“ mitzumachen, aber wie immer im Urlaub kam sie nie rechtzeitig aus den
Federn, denn am Abend ging es auf dem Campingplatz recht lebhaft zu. Sie und
Peter saßen bei Kerzenschein und einer Flasche Wein zusammen und warteten bis
nach und nach ihre Kinder von den Abendaktivitäten des Ferienclubs zurückkamen.
Am zehnten Urlaubstag, die Familie hatte gerade ihre
Grillarden verzehrt, ertönte eine Lautsprecherdurchsage: „Inge und Peter Keller
werden gebeten ans Telefon zukommen.“
Erschrocken blickten sich die Eheleute an. Täglich wurden
viele Personen in allen möglichen Sprachen durch den Lautsprecher ausgerufen,
aber nie hatte es sie selbst betroffen. Die vier Kinder scharrten sich
ängstlich um ihre Eltern: „Meint ihr zu Hause ist was passiert?“
Inge war ganz blass geworden: „Hoffentlich ist nichts mit
Papa“, meinte sie erschüttert. „Peter, vergesse die Telefonkarte nicht. Wir
müssen bestimmt zurückrufen.“
Und so war es. An der Rezeption lag eine Nachricht von
Sophie vor, dringend bei ihr anzurufen.
„Anton ist im Krankenhaus,“ brüllte Sophie ins Telefon. „Er hatte einen schweren Schlaganfall
und wird ihn wahrscheinlich nicht überleben, kommt sofort nach Hause.“
„Wir fahren morgen früh“, versprach Inge.
Erschüttert kehrte die Familie zum Wohnwagen zurück. Die
Kinder weinten und Inge war es, als läge ein Stein auf ihrer Brust und als
drücke ihr irgendetwas die Kehle zu. Sie war nicht fähig die Kinder zu trösten.
Peter, der seinen Schwiegervater sehr schätzte, versuchte einen kühlen Kopf zu
bewahren und verteilte die Arbeiten, die jeder erledigen musste, damit die
Familie so früh wie möglich nach Hause abreisen konnte.
Wieder in München, telefonierte Inge sofort mit ihrer
Mutter, um zu erfahren wie es ihrem Vater geht. Sophie war völlig aufgelöst.
Hysterisch plärrte sie ins Telefon, warum Inge jetzt erst nach Hause käme. Als diese versuchte sich zu
rechtfertigen, von wegen Zeltabbau und Fahrtzeit, ließ Sophie kein Argument
gelten. „Du hättest fliegen können. Dein Vater könnte schon längst tot sein.“
Inge ging nicht weiter darauf ein, sondern erkundigte sich in welchem
Krankenhaus Anton lag und ob Sophie mit ihr hinfahren wolle. Aber diese hatte
die ganze Nacht bei Anton gewacht und dringend etwas Schlaf nötig. Elvira hatte
sie erst vor kurzem am Krankenbett abgelöst.
Als Inge im Krankenhaus endlich das Zimmer fand, in dem
Anton untergebracht war, stand Elvira heulend vor der Tür. Sie fiel Inge um den
Hals. „Oh, Inge, er sieht schrecklich aus. Sollte er überleben, wird er für
immer ein Pflegefall bleiben. Glaube mir es ist besser, wenn er stirbt.“
„Wie kannst du nur so etwas sagen?“ Die empörte Inge
hatte keine Lust sich länger mit ihrer Schwester zu unterhalten und wollte nur
schnell zu ihrem Vater ins Krankenzimmer gehen.
„Halt, siehst du nicht, dass die rote Lampe leuchtet? Die
Schwester hat mich aus dem Zimmer geschickt, weil sie den anderen Patienten
frisch machen muss.“
Als Inge endlich ins Krankenzimmer durfte, erschrak sie
beim Anblick ihres Vaters. Mit zusammengefallenen Gesichtszügen lag er im Bett.
Die eine Seite des Körpers war gelähmt und der Speichel rann ihm aus dem Mund. Tränen stiegen Inge empor. Am
liebsten hätte sie sich
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