Auch Dicke haben Hunger (German Edition)
dir“,
unterstützte Elvira ihren Mann und brachte noch viele Argumente hervor.
„Danke, Kinder! Das ist lieb von euch, aber ich möchte
noch bis zur Testamentseröffnung warten, bevor wir eine Entscheidung treffen.“
„Sophie, was hältst du davon, uns einige Zeit zu
besuchen“, schlugen Emilie und Martha vor. „Vielleicht ist es gut, wenn du ein
bißchen Abstand von allem bekommst.“
Gerne willigte Sophie in den Vorschlag ihrer Schwestern
ein und Elvira, Inge und Lydia halfen ihr beim Packen.
„Weißt du schon was du machen willst, wenn du wieder hier
bist“, forschte Elvira, die das Haus mehr denn je begehrte. „Es ist doch Unsinn
alleine hier zu wohnen. Lydia wird bestimmt nicht herziehen wollen oder hättest
du Interesse Lydia?“, worauf diese energisch den Kopf schüttelte und
signalisierte, dass sie sich in der Nähe ihrer Schule am wohlsten fühle. Elvira
ließ nicht locker und fuhr weiter fort: „Inge mit ihren vier Kindern kann man
dir nicht zumuten, das wäre viel zu viel Radau für dich.“
„Lass mal gut sein Elvira und zerbreche dir deinen Kopf
nicht. Vati hat das sicher alles in seinem Testament geregelt. Er wusste genau,
was für uns alle am besten ist.
Nachdem Sophie abgereist war, trat für Inge wieder der
geregelte Tagesrhythmus ein. Erschrocken stellte sie fest, dass ihr die gesamte
neue Gardarobe nicht mehr passte. In den letzten Wochen hatte sie um die Waage
einen großen Umweg gemacht und beschloss, sich wieder einmal zu wiegen. Als
sich der Zeiger schließlich bei 99 Kilogramm einpendelte, hätte sie fast der
Schlag getroffen. „Mein Gott Inge, du bist doch eine selten dumme Kuh, musst du
ständig alles in dich hineinstopfen?“, stellte sie sich selbst zur Rede. „Höre
endlich auf, alle Probleme in dich hineinzufressen“, setzte sie ihre
Selbstvorwürfe fort. „Ich muss endlich abnehmen. Alle diese Diäten haben mir
nicht geholfen. Ich muss endlich lernen mich vernünftig zu ernähren.“
In den kommenden vier Wochen hielt sie sich auch daran.
Sie naschte nicht, aß fettarm und sie versuchte mehr zu trinken, damit sie
weniger Hunger verspürte. Peter, der wusste wie sehr sie unter dem Tod ihres
Vaters litt, ließ sie bezüglich seiner Gewichtsbemerkungen in Ruhe und auch die Kinder verhielten sich
ihr gegenüber sehr fürsorglich. Als sie sich am Morgen der Testamentseröffnung
auf die Waage stellte, wog sie 97 Kilogramm.
„Zwei Kilo weniger als vor vier Wochen. Kein Rekord, aber
immerhin. Ohne großartig zu Hungern geht es auch, wenn auch sehr langsam.“
„Inge bist du endlich fertig. Ich muss auch noch ins Bad.
In einer Stunde sollen wir beim Notar sein“, rumpelte Peter an die Tür.
„Ich habe zwei Kilo abgenommen“, öffnete Inge die Tür.
„Siehst du, ich habe es dir schon immer gesagt. Wenn du
dich vernünftig ernährst, brauchst du keine Diäten.“
„Aber es dauert so lange.“
„Dafür hält es dann auch an. Eigentlich ist es Blödsinn,
dass ich mir einen ganzen Tag Urlaub nehmen musste. Warum ich bei der
Testamentseröffnung dabei sein soll, weiß ich wirklich nicht. Den Großteil seines
Vermögens wird dein Vater eh deiner Mutter hinterlassen haben, damit sie im
Alter versorgt ist. Und von euch Töchtern wird jede einen saftigen Geldbetrag
erben.“
„Und das Haus und die Firma?“
„Das Haus bleibt deiner Mutter und die Firma wird Rüdiger
bekommen, vielleicht muss er euch Schwestern irgendwelche Anteile bezahlen!“
„Ach Peter, was machen wir uns unnötige Gedanken. In
einer Stunde werden wir es wissen!“
Das kleine Zimmer der Anwaltskanzlei war zum Bersten
gefüllt. Vor dem riesigen Schreibtisch standen Stühle, die in der Mitte Platz
zum Durchgehen ließen. Auf der linken Seite saßen Inge, Peter und die vier
Kinder, rechts hatten Lydia und Elvira mit Mann und Tochter Platz genommen. Nur
Sophie und der Anwalt fehlten. Inge fühlte sich sehr unwohl, denn es herrschte
eine beklemmende Atmosphäre, die ihr kaum Luft zum atmen lies. Elvira und
Rüdiger, die sie seit der Abreise von Sophie nicht mehr gesehen hatte, hatten
ihr beim Eintreten knapp zugenickt. Nur Lydia war aufgestanden und hatte Inge
und ihre Familie umarmt und begrüßt. Kurz vor elf Uhr kam Sophie mit dem Anwalt
herein. Dieser stellte genau in die Mitte noch einen Stuhl für Sophie auf, die
in ihrer eleganten schwarzen Trauerkleidung sehr zerbrechlich wirkte. Der
Anwalt begrüßte die Anwesenden und verlas zuerst einen Brief von Anton:
Meine liebe
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