Auch Du stirbst einsamer Wolf
Händen etwas aufbauen. Dazu war eine ganze Menge Zeug nötig, das ich für den Hüttenbau und andere Sachen brauchte, um mich dort anständig einzurichten. Ich beschloß, dort zu bleiben bis an mein Lebensende, und niemand sollte jemals wieder etwas von mir hören oder sehen. Wenn ich heute so darüber nachdenke, dann kommt mir die ganze Sache verrückt vor, die ich damals machen wollte.
Noch ehe ich entlassen wurde, wußte ich schon genau, was ich brauchte, und wie ich die Reise durchführen wollte. Mein Plan war bis in das kleinste Detail ausgedacht, meinte ich jedenfalls, was sich später noch als Irrtum herausstellen sollte.
Aber meiner Meinung nach war er ausführbar, und ich fand keinen Fehler darin, den ich hätte ausbessern müssen. Für mich stand fest, daß ich nach Afrika in den Dschungel gehen würde, und niemand konnte mich davon abhalten.
Der Knast zerrte immer mehr an meinen Nerven und je näher meine Entlassung heranrückte, um so schlimmer wurde es. Ich verfluchte Rita, meinen Sohn, von dem ich nicht einmal den Namen kannte und alle anderen, die ich kannte. Keinen von ihnen wollte ich jemals wiedersehen und sie so schnell wie möglich vergessen.
Nach viereinhalb Monaten kam endlich der Tag meiner Entlassung. Frühmorgens hatte ich schon alles zusammen-gepackt und wartete auf den Beamten, der mich in die Umkleidekammer bringen sollte, in der ich meine eigenen Klamotten wieder ausgehändigt bekam. Endlich kam der Beamte, und wir gingen in die Kammer, um meine Kleider zu holen. Dann mußte ich noch in die Verwaltung, um mir meine Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Es wurden auch nochmals Bilder von mir gemacht. Dann bekam ich meine Papiere ausgehändigt und den Entlassungsschein. Darauf ging ich zur Kasse, um mein restliches Geld abzuholen. Aber als ich es in der Hand hatte, wußte ich, daß mich die Schweine beschissen hatten. Dies war mir aber egal, denn ich mußte sowieso zu Salem, um dort mein Geld abzuholen, das ich ihm anvertraut hatte, und dann konnte mich Gott und die Welt kreuzweise. Ich würde nur noch ein paar Sachen erledigen und darauf sofort meine große Reise antreten, in den Dschungel von Afrika.
15
Die großen Tore öffneten sich, und ich stand endlich wieder vor den Mauern. Es war ein merkwürdiges Gefühl, und ich glaubte, neu geboren zu sein.
Ich machte mich sofort auf den Weg zum Bahnhof, denn ich wollte nach Nice zu Salem fahren, um dort mein Geld zu holen. Als ich langsam durch die Gegend schlenderte und die Leute anschaute, die mir entgegen kamen, glaubte ich immer, sie würden wissen, daß ich aus dem Knast kam. Aber das konnte keiner wissen, und deshalb hatte ich mir die Sache nur eingebildet. Auf einmal schämte ich mich vor mir selber, weil ich im Gefängnis war. Ich kam mir vor wie ein Stückchen Elend, das langsam durch die Straßen von Marseille strich. Als ich im Bahnhof war, wurde die Sache noch schlimmer, denn ich dachte, jeder würde mich anschauen und alles über mich wissen. Diesmal kaufte ich mir eine Fahrkarte, denn ich wollte nicht gleich am ersten Tag nach meiner Entlassung bei den öffentlichen Angestellten auffallen.
Ich fuhr nach Nice zu Salem. Im Zug trank ich gleich ein paar Biere, die ich schnell spürte. Als der Zug in Nice ankam, hatte ich schon einen halben Rausch im Gesicht, und so ging ich in das nächste Café, in dem ich schon einmal mit Denise gesessen hatte, um mir dort ein paar Tassen Kaffee einzuflößen, damit ich wieder ein bißchen nüchtern wurde, weil ich nicht halb besoffen vor Salem treten wollte.
Ich nahm mir ein Taxi und fuhr direkt zu Salem, der bei Cristine wohnte. Als ich im Wagen saß, durchrann mich wieder dieses komische Schamgefühl, weil mich der Fahrer einmal von der Seite anblickte, als wenn er feststellen wollte, woher ich kam. Auch bei ihm dachte ich, daß er wußte, woher ich kam, und deshalb sagte ich zu ihm, daß er auf die Straße schauen sollte und nicht auf mich.
Der Fahrer war sofort eingeschnappt und schaute nur noch auf die Straße, wie es sich gehörte. Vor dem Haus, in dem nun Salem wohnte, sagte ich zum Fahrer, daß er einen Augenblick warten solle, weil ich erst das Geld holen müßte. Darauf schaute er mich wieder so dämlich von der Seite an, so daß ich ihm am liebsten eine vor den Latz geknallt hätte. Er meinte darauf, daß er mit zum Haus gehen würde, um dort gleich zu kassieren, damit ich nicht noch einmal zurücklaufen müßte.
Aber ich wußte genau, daß er mir nicht traute und nur aufpassen
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