Auch Du stirbst einsamer Wolf
Später ging sie in ihr Hotel, und wir verabredeten uns auf den Nachmittag. Als sie außer Sichtweite war, bezahlte ich mein Zimmer und machte mich auf den Weg zur Jacht, denn ich wollte verduften. Ich hatte keine Lust, in einem Ort hängen zu bleiben, denn ich wollte mir noch ein paar andere ansehen. Meine Jacht lag immer noch in der Bucht, wie ich sie zurückgelassen hatte. Ich fuhr gleich mit dem Schlauchboot hinüber, machte das Schiff klar und fuhr einfach die Küste hinunter.
Als es langsam dunkel wurde, ankerte ich in der Nähe einer Ortschaft, die einen Jachthafen besaß, in den ich aber nicht hineinfahren konnte, da ich keine Papiere für mein Schiff hatte.
Also suchte ich mir wieder einen Ankerplatz, in einer etwas abgelegeneren Bucht. Diesmal ankerte ich genau unter einer Villa, von der aus mir die Leute zuschauten. Sie winkten mir zu und ich zurück. Eine Frau, die ebenfalls auf dem Balkon stand, rief mir zu, daß ich bei ihr vorbeikommen sollte. Ich war erstaunt darüber, aber nahm mir vor, bei ihr vorbeizugehen.
Als ich fertig war, fuhr ich mit dem Schlauchboot an Land.
Dann ging ich den schmalen Weg hinauf zur Villa, blieb vor der Haustür stehen und klingelte. Ich war wirklich neugierig, was sie von mir wollte. Mir wurde die Türe geöffnet, und vor mir stand die Frau, die mich gebeten hatte, vorbeizukommen.
Oh – la – la, dachte ich, denn die Frau sah nicht schlecht aus.
Sie schaute mich von oben bis unten an, wie ich es ebenfalls gemacht hatte, und ich sagte zu ihr:
»Guten Tag, Sie haben mich gebeten, einmal bei Ihnen vorbeizukommen.«
»Guten Tag, kommen Sie doch bitte herein.«
Schlecht sah sie wirklich nicht aus, stellte ich ein zweites mal fest und trat ein. Auf diesem Korsika schien es nur so von Frauen zu wimmeln, sonst würde ich nicht jeden Tag eine kennenlernen, denn so schön sah ich nun auch wieder nicht aus.
»Ich habe Ihnen vorhin zugeschaut, wie Sie ankerten.«
»Und habe ich es richtig gemacht?«
»Das weiß ich nicht, denn ich habe keine Ahnung von Schiffen.«
»Ich segle auch noch nicht lange.«
»Darf ich Ihnen etwas zum Trinken anbieten?«
»Ja, gerne.«
»Dann kommen Sie bitte mit.«
Sie führte mich durch das halbe Haus, und ich stellte fest, daß diese Villa schon fast ein Schloß war.
»Wo sind denn die Leute, die ich vorhin noch gesehen habe?« fragte ich sie.
»Alle in das Dorf gegangen. Das waren meine Eltern und noch ein paar Verwandte.«
»Dann haben Sie aber noch junge Eltern.«
»Ich bin auch erst dreiundzwanzig.«
»Dann sind Sie aber noch jung.«
Ich war zwar einiges jünger als sie, aber sah nicht wie neunzehn aus, und deshalb konnte ich dies sagen.
»Sie müßten auch erst in meinem Alter sein.«
Nun mußte ich lügen und sagte zu ihr:
»Stimmt, ich bin erst vor kurzem vierundzwanzig geworden.«
»Dann sind sie nicht älter als ich, denn ich werde auch bald vierundzwanzig.«
Langsam wurde es mir zu dumm, mich über unser Alter zu unterhalten, und deshalb fragte ich sie:
»Warum haben Sie mich gebeten, bei Ihnen vorbeizukommen?«
Sie schaute mich an, wurde ein wenig rot im Gesicht und sagte nach einigem Zögern:
»Ich wollte Sie kennenlernen, denn ich bin von Natur aus neugierig.«
Das war eine Überraschung für mich, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Also sagte ich zu ihr, da ich mich noch nicht vorgestellt hatte:
»Das freut mich aber. Ich heiße übrigens Fritz. Den Nachnamen können wir weglassen, denn ich bin nicht so für Formalitäten.«
Sie lächelte mich an und sagte ein wenig zögernd:
»Ich heiße Jenny.«
Dann standen wir einen Augenblick da wie die Vollidioten und wußten nicht, was wir sagen sollten. Damit wir nicht den ganzen Abend so dastanden, sagte ich zu ihr:
»Bekomme ich nun etwas zu trinken oder muß ich verdursten?«
Sie schaute mich an, lächelte und fragte:
»Was willst du denn?«
»Gib mir bitte einen Whisky.«
Sie machte mir schnell etwas zu trinken, gab es mir, und dann standen wir genauso behämmert da wie vorher. Also sagte ich zu ihr:
»So, jetzt kennen wir uns, und was machen wir nun?«
Sie schaute mich wieder an, drückte ein wenig herum und sagte:
»Ich wollte dich zum Essen einladen.«
Das hört sich immer gut an, dachte ich, aber sagte nichts.
»Ich hoffe, du lehnst jetzt nicht ab, weil es so plötzlich kommt.«
»Nein, so einer charmanten Dame wie dir kann man doch keine Einladung abschlagen. Das wäre ein Verbrechen.«
Das sagte ich so ernst, daß sie auf einmal
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