Auch Du stirbst einsamer Wolf
Wasser schoß, als wenn der Teufel hinter ihr her wäre. Die Positionslichter hatten wir nicht angemacht, da sie uns verraten hätten. Es brannte nicht das kleinste Licht an Bord, so viehmäßig vorsichtig waren wir.
Nach einer vollen Stunde Bangen hatten wir die Gewißheit, daß wir es geschafft hatten, denn es ließ sich nicht einmal eine Möwe blicken, geschweige denn ein Patrouillenboot der Polizei. Sie würden wahrscheinlich noch ewig auf uns warten.
Dann holte Rudi die Whisky-Flasche aus der Kajüte, denn wir hatten eine Stärkung wirklich nötig.
Die halbe Nacht über war das Wetter gut, als es sich dann auf einmal verschlechterte. Der Wind fing an zu blasen, und die Wellen wurden um einiges höher. Wir zogen uns die Schwimmwesten an und stellten uns auf eine stürmische Nacht ein. Und wahrhaftig, es wurde stürmisch. Die Wellen wurden immer höher, und der Wind pfiff stärker. Wir machten fast alle Segel runter, bis auf das Hauptsegel, denn es bestand die Gefahr, daß wir vom Wind zum Kentern gebracht werden konnten, weil er zuviel Angriffsfläche auf das Schiff hatte. Nun konnte die Lady, die wir unterm Arsch hatten, zeigen, was sie konnte. Nach Westen war es unmöglich zu fahren, und so fuhren wir eben wieder nach Osten, nämlich dahin, woher wir kamen, von Tunesien. Rudi verzog sich in die Kabine, da ihm die Wellen zu hoch waren. Er schaute, daß in der Kajüte alles in Ordnung blieb und die Sachen nicht durch die Gegend flogen. Ich saß am Ruder und schaute, daß ich den Sturm bewältigen konnte.
Nach einer Weile schien der Wind sich wieder zu drehen, und wir fuhren nach Westen. Wir hatten ein Affentempo drauf, obwohl wir nur ein Segel oben hatten. »Ihr verdammten Meeresgötter!« schrie ich einmal, als mir eine Woge Wasser ins Gesicht klatschte. Da mir die Wellen mittlerweile zu hoch waren, band ich mich mit einem Gurt fest, damit ich nicht über Bord gespült werden konnte. So einen Sturm wie diesen hatte ich noch nie mitgemacht, aber ich hatte keine Angst, denn ich wußte, daß wir diesmal ein sehr gutes Schiff hatten, und daß daran alles in Ordnung war. Ich kämpfte die ganze Nacht gegen den Sturm wie ein Wilder. Einmal fuhren wir nach Westen, ein andermal nach Norden oder Süden oder Osten. Es ging immer hin und her, denn der Wind drehte sich am laufenden Band, und die Wellen kamen von allen Seiten.
Erst als es schon hell war, wurde die See ruhiger, und um zehn Uhr war sie wieder, als wenn überhaupt nichts gewesen wäre. Die Sonne schien, und es wehte eine leichte Brise. Ich saß hundemüde am Steuer, denn die Nacht war hart. Ich machte das Ruder mit dem Gurt fest, der mir beim Sturm seine guten Dienste erwiesen hatte. Dann zog ich das Gummizeug aus, denn ich war klatschnaß. Dann ging ich in die Kabine, wo Rudi, mit einer Schwimmweste am Leib, in einer Koje lag und schlief. Land war keines zu sehen, und wir fuhren nach Westen. Ich wußte nicht, wie weit wir in der Nacht nach Norden, Süden, Westen oder sogar Osten gefahren waren. Wo wir uns also befanden, mußten wir erst noch herausfinden. Das Boot konnte nun ein paar Stunden alleine fahren. Also zog ich meine nassen Klamotten aus, stellte den Wecker auf ein Uhr mittags und haute mich ebenfalls in eine Koje. Ich schlief sofort ein.
Durch ein lautes Schrillen wurde ich wieder aus dem Schlaf gerissen und mit mir Rudi. Er schaute mich ganz entgeistert an und fragte mich:
»Ist der Sturm schon vorbei?«
»Ja, schon lange, und wir haben ihn gut überstanden. Ich weiß nur nicht, wo wir sind.«
Ich machte uns etwas zu essen, denn ich hatte einen Hunger, daß ich einen Bären hätte fressen können. Danach setzte sich Rudi ans Steuer, und wir fuhren wieder nach Süden, denn wir wollten an Land, um zu schauen, wo wir uns befanden. Wir brauchten ziemlich lange, bis wir Land sichteten. Es war kurz vor Einbruch der Dunkelheit, als wir endlich in einer Bucht ankerten. Am nächsten Tag wollten wir an Land. Dort würde sich dann herausstellen, wo wir waren.
Und als wir am nächsten Morgen an Land gingen und einem Fischer die Karte vor die Nase legten und ihn fragten, wo wir wären, und dieser mit dem Finger auf den Ort zeigte, wo wir uns befanden, fielen mir fast die Hosen runter.
Wir befanden uns nämlich wieder in Tunesien, und das auch noch kurz vor der algerischen Grenze. Vor Wut biß ich mir fast selbst in den Arsch. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich es bestimmt getan. Nun mußten wir also die ganze Strecke wieder zurück segeln, und
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