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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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hatte, human gegenüber der Wirklichkeit.
    Als wir unsere Zigaretten geraucht hatten, ging ich an das Gitter, denn ich wollte den Beamten nach unserem Gepäck fragen. Ich wollte zumindest unsere Schlafsäcke, Besteck, Waschzeug und noch ein paar andere Sachen haben, die man dringend zum Leben brauchte. Aber als ich den Beamten darauf ansprach, sagte er mir, daß unser Gepäck noch nicht da sei, und er mir Bescheid geben würde, wenn es die Polizei bringen sollte. Dann bestellte ich bei ihm zwei Stangen Zigaretten und beauftragte ihn, nachzuschauen, wieviel Geld wir noch hatten. Dies wäre das einzige, was die Bullen schon gebracht hatten, sagte mir der Beamte. Nach einer halben Stunde mußte ich ins Büro, in dem mich der alte Mann in Empfang nahm, der mir bereits die Fingerabdrücke genommen hatte. Der klärte mich darüber auf, daß wir noch ein paar hundert Dinare besaßen und überreichte mir die zwei Stangen Zigaretten, die ich bestellt hatte. Ich versuchte ihm zu erklären, daß wir einiges mehr an Geld in den Taschen hatten, als wir verhaftet wurden, und daß darunter ein ganzer Teil ausländische Währungen waren. Er glaubte mir aber kein Wort, und ich regte mich darüber auf, weil ich nicht begreifen konnte, wie begriffsstutzig dieser Mann war. Ich fing langsam an zu toben, und bevor ich richtig auf der Palme war, brachte man mich wieder aus dem Büro und sperrte mich zu den anderen. Man hatte uns also unser ganzes Geld geklaut, und das auch noch von unseren lieben Gesetzeshütern, wie man sie so schön nannte. Da wird man eingesperrt, nur weil man in ein anderes Land geht ohne die gültigen Papiere und muß sich von der Polizei noch beklauen lassen. Man konnte nicht einmal etwas dagegen machen. Das ist doch eine verdammte Scheißwelt, dachte ich. Tausende von Mark waren im Eimer, und so ein Dreckbulle verjubelt sie. Das ging mir einfach nicht runter. Ich erklärte Rudi, was sich im Büro zugetragen hatte, und er meinte darauf:
    »So etwas hätte ich mir denken können. Hier geht es auch nicht anders zu als bei uns in Deutschland.«
     
    Langsam wurde es Abend, und ich hatte schon einen Teil der Gefangenen kennengelernt. Manche hatte man eingesperrt, weil sie schwul waren, und andere wieder, weil sie jemanden übers Ohr gehauen oder sogar geklaut hatten, was in diesem Land normal war, denn auch die Bullen klauten wie die Raben.
    Einen Teil von dem, was wir noch brauchten, hatte ich bei dem Beamten bestellt, der es gleich besorgt hatte. Wenn uns einmal das Geld ausgehen sollte, dann saßen wir schön blöd da, dachte ich mir, denn vom Knast bekam man nichts, und die anderen Gefangenen hatten ihr Zeug zum größten Teil von draußen.
    Aber sie waren sehr spendabel und halfen uns, wo sie nur konnten.
    Ich saß auf meiner Decke, als ich durch einen lauten Pfiff aus den Gedanken aufgeschreckt wurde. Ich sprang auf und ging aus der Zelle, um zu schauen, wer dieses Spektakel verführte.
    Am Ende des Ganges stand der Mann, der uns als erstes angesprochen hatte, als wir in den Knast kamen. Er stand da, mit einer Trillerpfeife in der Hand und schaute, wie sich die anderen Gefangenen in Reih und Glied aufstellten. Da ich nicht wußte, was das Theater sollte, verzog ich mich wieder in die Zelle. Rudi machte es genauso, und so hockten wir uns wieder auf unsere Decken und fingen an zu quatschen. Auf einmal stand der komische Aufseher vor uns und meinte, daß wir uns auch aufstellen sollten. Also standen wir auf und stellten uns ebenfalls in die Reihe. Ich kam mir vor wie bei der Bundeswehr, denn dort mußte man sich auch so dämlich aufstellen.
    Dann kam ein Beamter, lief vor der Reihe her und zählte die Leute. Als er fertig war, konnten wir wieder alle abtreten. Der Aufseher klärte mich gleich über dieses Spiel auf, das viermal am Tag gemacht wurde: je einmal vor dem Frühstück, dem Mittagessen sowie vor und nach dem Abendessen. Jedesmal wurden nur die Gefangenen gezählt, und dies war der Sinn der Sache. Der Laden kotzte mich an, und ich hätte am liebsten diesem Idiot von Aufseher eine saftige in seine Visage gehauen, denn er hatte es mir erklärt, als wenn ich sein Untertan sei, und das konnte ich sowieso nicht verputzen, denn ich war mein eigener Herr.
    Dann gab es das Abendessen, und mir wurde fast übel, als ich in den Topf schaute. Es gab eine komische Suppe und eine Stange Weißbrot dazu. Das Brot nahm ich, aber die Suppe rührte ich nicht an, denn ich wollte mich nicht unbedingt vergiften.
    Ich setzte mich

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