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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Schreibtisch und schaute uns an, als wenn er darüber nachdachte, wo er uns schon einmal gesehen haben könnte. Dann fragte er, in einem sehr schlechten Deutsch, wie wir hießen. Nun hatten sie also einen Dolmetscher geholt, der aber meiner Meinung nach nicht viel taugte. Also mußten wir wieder ein wenig tricksen und das so, daß der Depp uns nicht verstehen konnte. Wir fingen einfach an, den Dialekt zu sprechen, der bei uns zu Hause gesprochen wurde. Den Namen hatte er verstanden, aber das andere, das ich noch sagte, nicht. So wußte ich genau, daß er uns nicht verstand. Er stellte uns ein paar Fragen, die wir nicht richtig kapierten, denn er sprach wirklich ein miserables Deutsch.
     
    Nach einer halben Stunde gab er es auf, packte seine Sachen zusammen, sagte etwas zu den anderen, die ebenfalls noch im Zimmer standen und verließ den Raum. Ich mußte ein wenig grinsen, denn es war wirklich lustig, auch wenn die Situation, in der wir uns befanden, überhaupt nicht zum Lachen war.
    Dann schaute ich einmal auf den Zettel, den der eine Bulle neben mir immer bemalte und vor sich liegen hatte. Ich linste auf den Fetzen, und mir wurde es bald schlecht, als ich sah, was darauf stand. Es war nur ein Wort, das er dick und fett daraufgeschrieben hatte: Prison.
    Das ist im Französischen das Wort für Knast, und der Bulle sah genau, daß ich es verstanden hatte. Er grinste mich dämlich an, und ich hätte ihm am liebsten eine anständige verbraten.
    Dann sagte er zu mir, in französisch, denn er schien genau zu wissen, daß ich ihn verstand:
    »Bei uns stehen etliche Jahre auf Spionage und spätestens heute mittag seid ihr im Knast.«
    Ich wollte darauf etwas sagen, aber ich hatte einen Kloß im Hals und konnte deshalb nicht antworten. Ich brachte kein Wort raus. Vielleicht war es auch gut so, denn sonst hätten sie gewußt, daß ich sie verstand, und sie hätten mich sofort in die Mangel genommen. Dann wurden wir in eine kleine Zelle gesperrt, die dreckiger war als die größte Mülldeponie, die wir in Deutschland hatten. Mann, ich war vielleicht fertig mit den Nerven, und ich sagte zu Rudi, der mich anschaute wie ein treues Pferd:
    »Junge, heute mittag sitzen wir schon im Bau. Wir kommen nicht drumrum. Die denken echt, daß wir Spione wären, und dabei wollten wir doch nur in den Dschungel. Aber das wird sich noch aufklären, darauf kann ich meine Großmutter verwetten.«
    »Und wenn du dich mit denen einmal unterhältst?«
    »Das geht nicht. Die würden einem das Wort im Maul umdrehen. Wenn die anfangen, Arabisch zu quasseln, verstehe ich nichts, und sie legen mich aufs Kreuz. Nein nein, das lassen wir mal sein. Zum Schluß sagen sie noch, wir hätten einen gekillt.«
    »Und was wollen wir jetzt tun?«
    »Soviel ich weiß sind wir heute mittag schon im Knast. Dort schreiben wir so schnell wie möglich an die deutsche Botschaft, damit die ihren Arsch hier runterschwingen und uns helfen, aus der Scheiße zu kommen. Dann werden wir uns gleich einen Anwalt besorgen, der uns vielleicht gegen eine Kaution herausbringt. Geld haben wir noch genug bei uns. Und bei der Verhandlung müssen wir dem Richter die Story vom rosa Pferd erzählen, die sich gewaschen hat.«
    »Hoffentlich bringen wir das hin.«
    »Wenn nicht, können wir uns gleich begraben lassen.«
    Dann saßen wir da und rauchten unsere letzten Zigaretten, die wir noch hatten. Wie die Idioten stierten wir auf die dreckige Wand, die vor uns war. Meine Nerven waren zum Zerreißen angespannt, und wenn noch etwas passiert wäre, was ich nicht mehr verkraften konnte, wäre ich bestimmt zum Amokläufer geworden.
    Den Rest des Morgens verbrachten wir in dieser Scheißzelle und bekamen dort auch unser Mittagessen. Aber ich rührte den Fraß nicht an, denn er wäre mir bestimmt nach ein paar Minuten wieder hochgekommen.
    Auf einmal ging die Türe auf, und es standen vier Bullen da.
    Der eine, der auf den Zettel herumgeschmiert hatte, winkte mit ein paar Handschellen und grinste wieder so unverschämt, daß ich die glatten Wände hätte raufgehen können. Dann holte man uns aus der Zelle und montierte uns die Armreifen.
    Als wir für die Jungs nicht mehr abhauen konnten, führten sie uns zu einem Wagen, der vor der Wache stand, in den wir uns setzen mußten. Unser Gepäck sahen wir nicht. Es setzten sich noch ein paar Bullen in den Jeep und fuhren mit uns durch die Stadt. Vor einem riesigen gelblichen Gebäude blieben sie stehen und holten uns aus dem Wagen. Da sah ich erst,

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