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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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daß ich selber blutete. Meine Unterlippe war ein wenig aufgesprungen. Das mußte von dem Schlag gewesen sein, den ich gleich am Anfang eingefangen hatte. Dann wusch ich mir das Gesicht und die Hände und ging zum Sergeanten in sein Büro. Dort mußte ich berichten, wie die Sache abgelaufen war, und er schrieb einen Bericht über das Geschehen.
    Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Freund wachgerüttelt. Er schaute mich nur an und meinte:
    »Hast gestern mit dem Sergeanten ein klein wenig zu tief ins Glas geschaut. Ist auch verständlich, nach dem, was gestern los war.«
    Darauf nickte ich nur, denn ich war nicht in der Lage, eine Volksrede zu halten. Trotz meines schweren Kopfes sprang ich aus dem Bett und machte mich auf den Weg in den Waschraum.
    Nach dem Frühstück war der Zeitpunkt gekommen, wo ich mich im Büro des Kasernenchefs melden mußte. Obwohl ich wußte, was mich erwartete, hatte ich ein ganz komisches Gefühl im Magen. Ich klopfte an, trat ein und grüßte militärisch. Ich stellte gleich fest, daß auch der Sergeant anwesend war. Der Chef und ein anderes hohes Tier, das ich noch nie gesehen hatte, saßen ebenfalls da. Ich mußte mich auf einen Stuhl setzen, der genau vor den dreien stand. Ich kam mir vor wie ein Angeklagter auf der Anklagebank. Ich warf einen Blick in die Runde, und als ich den Sergeanten anschaute, schüttelte dieser ganz leicht den Kopf und schloß die Augen.
    Das bedeutete also, daß ich meine Papiere in die Hand gedrückt bekäme und verschwinden müßte. Der Chef, der in meinen Akten gelesen hatte, blickte auf und sagte: »Herr Weimer, gestern haben Sie einen Kameraden krankenhausreif geschlagen. Ich habe hier einen Bericht vom Hospital, der nicht gerade ermutigend aussieht. Der Junge hat ein gebrochenes Nasenbein, einen mehrfach gebrochenen Unterkiefer, einige Platzwunden und Blutergüsse im Gesicht, vier Zähne fehlen ihm, und er hat eine gewaltige Gehirnerschütterung.
    Ich habe Verständnis für Ihr Verhalten, aber nach den Gesetzen der Legion ist dies ein wenig zuviel, was Sie sich da geleistet haben. Ein klein bißchen humaner hätten sie schon mit ihm umgehen können. Deswegen ist heute morgen beschlossen worden, daß Sie auf der Stelle entlassen werden. An dieser Entscheidung ist nichts mehr zu ändern. Haben Sie noch irgendwelche Fragen dazu?«
    »Ja, muß ich die Krankenhauskosten des anderen bezahlen?«
    »Nein. Die Kosten übernimmt der, der im Krankenhaus liegt, selber, denn er hat den ersten Schlag gemacht und somit die Auseinandersetzung provoziert, wie ich aus dem Bericht des Sergeanten entnommen habe. Eine Anzeige wird ebenfalls nicht erfolgen, da Sie aus der Legion austreten. Der andere wird ebenso entlassen. Wenn man die Sache genauer betrachtet, dann sind Sie noch sehr gut weggekommen.«
    Ich saß nur da und schaute auf den Boden, aber der Chef babelte immer weiter.
    »Ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt wie Sie, aber bei uns herrscht Ordnung und Disziplin, und so können wir Ihr Verhalten auf gar keinen Fall decken.«
    Als er eine Pause machte, sagte ich:
    »Aber ich war doch eindeutig im Recht, und deswegen kann man mich doch nicht so einfach rausschmeißen.«
     
    »Sie hätten rechtzeitig aufhören sollen. Wir hätten Sie bestimmt nicht rausgeschmissen, aber der Befehl kommt von ganz oben, und da können wir nichts dagegen machen. Da ist jede Gegenrede sinnlos, denn die handeln nach den Gesetzen.«
    »Okay, dann werde ich noch heute verschwinden«.
    »Es tut uns auch leid, denn Sie wären bestimmt ein sehr guter Soldat geworden.«
    »War das dann alles?« fragte ich.
    »Ja, Sie können jetzt gehen und sich von ihren Kameraden verabschieden, wenn sie wollen. Dies ist normalerweise nicht üblich, aber bei Ihnen wollen wir einmal eine Ausnahme machen.«
    »Danke!« sagte ich und stand auf. Dann sagte der Chef noch zu mir:
    »Wenn Sie sich verabschiedet haben, dann gehen Sie zum Sergeanten ins Büro. Er wird mit Ihnen den Rest erledigen.«
    »Jawohl.«
    Ich verabschiedete mich und verließ das Büro. Als ich auf dem Gang stand, mußte ich mir erst einmal eine Zigarette anstecken, denn mir war echt komisch zu Mute. Dann ging ich zu meinem Kumpel und erzählte ihm, daß sie mich an die Luft gesetzt hätten. Der fluchte wie ein Rohrspatz und meinte, daß er am liebsten auch abhauen würde, da er nun keinen Bock mehr hätte, bei diesem Verein zu bleiben. Ich sagte ihm schnell auf Wiedersehen, obwohl ich wußte, daß wir uns das letztemal sahen. Ich

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