Auch Du stirbst einsamer Wolf
selber haßte langes Abschiednehmen, und deshalb machte ich es so schnell wie möglich. Dann ging ich zum Sergeanten ins Büro, der schon auf mich wartete. Er zog zwei Flaschen Bier aus dem Schreibtisch, reichte eine davon mir und sagte dann:
»Ich habe alles versucht, aber die Entscheidung war nicht mehr rückgängig zu machen«.
»Ist nicht so schlimm, denn ich bin selber schuld daran. Ich habe mich vergessen und nun muß ich auch die Konsequenzen tragen.«
Wir saßen noch eine Weile schweigend da und tranken unser Bier. Als wir fertig waren, gingen wir in das Kleiderdepot.
Dort zog ich die Uniform aus und meine Zivilkleider wieder an. Danach gingen wir an die Kasse, wo ich mein Geld kriegte.
Dann gingen wir wieder zurück in das Büro des Sergeanten, wo er mir meine Papiere aushändigte. Als wir alles erledigt hatten, saßen wir noch ein wenig im Büro und unterhielten uns.
Aber schon nach kurzer Zeit kam ein Soldat und sagte, daß ich mich fertigmachen solle, denn der Lastwagen, der uns zum Bahnhof bringen sollte, es fuhren noch ein paar andere mit, die wegen Untauglichkeit entlassen worden waren, würde gleich abfahren.
Ich schnappte meine Tasche, verabschiedete mich vom Sergeanten und ging zum Lastwagen. Der Sergeant stand da wie ein begossener Pudel und schaute mir nach. Dann sprang ich in den LKW, in dem schon die anderen saßen. Als ich so in die Runde schaute, stellte ich fest, daß sogar einer dabei war, den ich schon in Straßbourg getroffen hatte. Er begrüßte mich freudig und meinte:
»Erst mußt du dich beklauen lassen, und dann werfen sie dich auch noch raus. Das, was gestern passiert ist, weiß schon das ganze Haus. Dem hast du es ganz gewaltig gegeben.«
»Ja, aber er war selber Schuld daran. Er hätte von mir nicht einen einzigen Schlag bekommen, wenn er mich nicht angegriffen hätte.«
Wir unterhielten uns, während der Lastwagen zum nächsten Bahnhof fuhr, wo wir den Zug nach Marseille nehmen sollten.
Das taten wir auch. Ich setzte mich mit Ted, der übrigens Engländer war, in ein Abteil. Wir sprachen noch eine ganze Weile über das, was wir bei der Legion erlebt hatten. Dann lief auch schon der Zug im Bahnhof von Marseille ein. Das Ticket, das ich erhalten hatte, war nach Mulhouse ausgestellt, aber zurückfahren konnte und wollte ich nicht. Nach Deutschland bedeutete, sich der Polizei stellen und eventuell ins Gefängnis gesteckt werden. Das wollte ich nicht, und so schmiß ich es einfach in den nächsten Papierkorb, der mir über den Weg kam.
Ted und ich setzten uns in Marseille ins Bahnhofcafé und nahmen dort erst einmal einen starken Kaffee zu uns.
Wir sprachen so gut wie nichts, denn jeder war mit sich selber beschäftigt. Ted konnte auch nicht mehr nach England zurück, da er dort wegen Raubs gesucht wurde. Das bedeutete dort eine mehrjährige Gefängnisstrafe, auf die er nicht scharf war.
So saßen wir da, überlegten, tranken Kaffee und überdachten unsere Lage. Wir mußten beide einen Ausweg finden, denn wir wußten nicht, was wir in Zukunft machen sollten.
7
Als ich mich vom Café aus umsah, wurde mir wieder bewußt, wie dreckig dieser Bahnhof war. Überall standen die Bettler herum und redeten fremde Leute an. Mich kotzte diese ganze Atmosphäre an, und ich wollte unbedingt verschwinden.
Deshalb sagte ich zu Ted:
»Komm, laß uns hier abhauen, und außerdem brauche ich wieder einmal etwas für mein Bett.«
»Okay, ich habe auch mal wieder eine Frau nötig.«
»Am besten, wir gehen heute abend in irgendeine Disco und suchen uns dort jeder eine Frau. Außerdem müssen wir uns noch nach einem Hotel umsehen, denn irgendwo müssen wir pennen.«
Wir verließen diesen abscheulichen Bahnhof und gingen mitten in die Stadt hinein. Keiner von uns beiden kannte sich in Marseille aus.
Ich fragte dann einen Polizisten nach einem Hotel, das nicht zu teuer sein sollte, aber dennoch gut. Er gab uns eine Adresse und erklärte uns den Weg. Es war zwar nicht gerade ein Luxushotel, aber es war sauber und sehr gemütlich eingerichtet. Jeder von uns nahm ein Einzelzimmer mit Dusche und Toilette, denn die Preise waren ebenfalls erschwinglich. Die Kostenfrage war nicht so schlimm, denn wir hatten beide noch genug Geld. Wir gingen in unsere Zimmer und packten unsere Taschen aus und trafen uns wieder in der Hotelhalle. Nun wollten wir etwas essen gehen und später Weiber besorgen.
Nutten wollten wir keine, denn ich wollte eine anständige Sportmatratze haben, genauso wie Ted. In einem
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