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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Flasche Wein. Die Aperitifs, die wir vor uns stehen hatten, dienten nur dazu, den Appetit anzuregen. Ich hatte mir sowieso nur eine Kleinigkeit zu essen bestellt, da ich am Hafen das Fischragout gegessen hatte. Als der Kellner wieder weg war, fragte mich Denise:
     
    »Deine Familie muß sehr reich sein?«
    Ich wußte im ersten Moment nicht, was ich sagen sollte, und so nahm ich mein Glas und prostete ihr zu. Sie nahm ihres ebenfalls und prostete zurück. Als ich mein Glas abgesetzt hatte, sagte ich zu ihr:
    »Zwischen reich und reich gibt es einen großen Unterschied.
    Wir besitzen zwar einen Reichtum, aber sind trotzdem nicht reich.«
    »Das verstehe ich aber jetzt nicht so richtig.«
    »Das brauchst du auch nicht zu verstehen. Es langt, wenn ich es tue.«
    Meins Familie war wirklich reich, aber nicht an Geld, sondern an Dummheit und Unbarmherzigkeit. Das meinte ich damit und sonst gar nichts. Aber das wollte ich ihr nicht erklären, denn es ging sie nichts an. Wenn ich nur schon das Wort »Familie« hörte und dabei noch von meiner sprach, dann drehte sich mein Magen. Aber das war mein Problem, und die gingen sie genauso wenig etwas an wie, ob ich reich, dumm, arm oder sonstirgendetwas bin. Dann lenkte sie vom Thema ab, und wir sprachen über das Lokal und alle möglichen Kleinigkeiten. Von ihrer eigenen Familie erwähnte sie kein einziges Wort, obwohl mich das am meisten interessiert hätte.
    Aber sie danach fragen wollte ich nicht.
    Dann kam das Essen, und ich muß sagen, daß es ausgezeich-net war. In einem Sternehotel hätte man nicht besser essen können. Da ich aber an keinen Wein gewohnt war, spürte ich schon die ersten beiden Gläser, die ich getrunken hatte. Da ich vorher schon Whisky in mich hineingeschüttet hatte, wirkte der Wein nun sehr schnell. Die Unterhaltung mit Denise wurde lockerer, und ich überlegte auch nicht mehr, ob das Weib, das vor mir saß, eventuell einen Sprung in der Schüssel hatte. Nach dem Essen, trank ich einen starken Mocca, damit ich den Wein besser verarbeiten konnte.
     
    Rene, der Wirt, setzte sich zu uns an den Tisch und unterhielt sich mit uns. Er hatte viele Alltagsprobleme, und die interessierten mich, da ich ebenfalls mit der Gastronomie zu tun hatte. Er meinte, daß sein Geschäft von Jahr zu Jahr schlechter liefe. Aber dies war in der Gastronomie überall der Fall. In der Saison machte er aber immer noch sein bestes Geschäft und konnte sich so gut über Wasser halten. Aber wie die meisten Franzosen jammerte auch Rene über alles, was ihm gerade in den Sinn kam. Stundenlang saßen wir da und unterhielten uns und lachten miteinander. Das Lokal hatte sich geleert, und es waren fast keine Leute mehr da. Nun wollten wir ebenfalls aufbrechen, und so verabschiedeten wir uns von Rene, der uns noch ein Taxi bestellt hatte. Denise bot mir an, mit ihr in die Villa zu fahren, um dort noch etwas zu trinken.
    Ich wußte, daß ich nicht mehr ganz nüchtern war, und doch willigte ich ein. Mir war ihr Geld mittlerweile egal geworden, aber nicht, weil ich es nicht mehr haben wollte, sondern weil ich nicht dauernd an ihre Bankkontos denken wollte, die sie sicher zur Genüge hatte. Dann wollte ich nicht alleine im Hotelzimmer bleiben, da sich dort wieder dasselbe Dilemma einstellen und ich nur an Jeanette denken würde. Aber ich mußte sie so schnell wie möglich vergessen, genauso wie ich Rita vergessen hatte. Als das Taxi da war, verabschiedeten wir uns noch einmal von Rene, der immer noch neben uns stand und uns sagte, wie sehr er sich über unseren Besuch gefreut hatte. Dann machten wir uns schnell auf den Weg zum Taxi.
    Ich hatte Denise noch nicht geküßt, obwohl ich wußte, daß sie nur darauf wartete. Auf einmal beschloß ich aus heiterem Himmel, Denise noch diese Nacht zu vernaschen. Warum, wußte ich nicht, es kam einfach über mich.
    Als wir im Wagen saßen, gab Denise dem Fahrer die Adresse an, und der Fahrer brauste los. Als ich den Fahrer genauer anschaute, stellte ich fest, daß es der Raser war, dem ich schon einmal mein Leben anvertraut hatte. Sofort klopfte ich ihm auf die Schulter und sagte:
    »Sie brauchen gar nicht so schnell zu fahren, sonst steige ich auf der Stelle aus und nehme einen anderen Wagen.«
    Denise schaute mich an, als wenn ich gerade vom Mond gelandet wäre.
    Dann antwortete mir der Fahrer:
    »Wenn Sie meinen, dann fahre ich eben langsamer. Aber ich habe Ihnen das letztemal schon gesagt, daß ich noch nie einen Unfall gebaut habe.«
    »Das ist mir

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