Auch Du stirbst einsamer Wolf
vorstellen, daß es kein Gold war, denn die Reichen verabscheuen bekanntlich unechte Dinge. Am liebsten hätte ich es ihr weggenommen und ihr beigebracht, daß rauchen ungesund ist. Aber dieses Weib hätte es vielleicht aus dem Fenster geschmissen. Ihr traute ich alles zu. Als sie sich auch eine angesteckt und die Sachen wieder in ihrer Handtasche verstaut hatte, meinte sie:
»Gleich sind wir da, nur noch um ein paar Ecken. Du wirst staunen, wie gemütlich es dort ist.«
Ich konnte mir nicht vorstellen, daß ein Bonzenschuppen gemütlich sein konnte. Und so stellte ich wieder einmal fest, daß Denise doch nicht ganz klar im Oberstübchen war. Dann hielt der Wagen an und Denise sagte zum Fahrer:
»Schicken Sie mir die Rechnung nach Hause, Sie haben meine Adresse und meinen Namen.«
»Ja, Mademoiselle Bounard.«
Mir blieb fast die Spucke im Hals stecken, als ich dies hörte.
Nicht einmal die Rechnung eines Taxis zahlte sie bar. Wir stiegen aus und der Wagen brauste davon. Nun standen wir vor einem älteren Haus, das von einem kleinen Transparent beleuchtet wurde. Die Sache kam mir irgendwie spanisch vor.
Ich hatte mit einem riesigen Laden gerechnet, wo an der Türe ein paar uniformierte Idioten standen. Aber da stand nicht ein einziger, und es war auch nirgendwo ein großer Eingang zu sehen. Ich wollte sie fragen, ob wir vielleicht an der falschen Ecke ausgestiegen wären, aber das unterließ ich doch lieber.
Nun war ich gespannt, was als nächstes kommen würde. Sie ging auf den kleinen, beleuchteten Eingang zu, und ich folgte ihr. Ich fragte mich, was so ein reiches Biest, wie sie es war, in solch einem Haus wollte. Sie ging tatsächlich in dieses Lokal, und ich wußte nicht mehr, was ich von dieser Frau halten sollte. Sie brachte mich total durcheinander. Als sie die Eingangstüre öffnete, quietschte diese ein wenig, und nun war ich ganz sicher, daß in diesem Lokal keine Bonzen verkehrten, denn wo Bonzen waren, quietschten keine Türen. Dann standen wir im Lokal: Es war zwar kein kleines, aber auch kein großes, genau ein Zwischending, wie es viele von ihnen gibt. An den Wänden hingen alle möglichen Sachen, und die Stühle sowie die Bänke waren mit kleinen Sitzkissen gepolstert. Es sah wirklich gemütlich aus und entsprach genau meinem Geschmack. Dann kam ein älterer Mann hinter der Theke hervor und lief genau auf uns zu. Vor Denise blieb er stehen, gab ihr die Hand und begrüßte sie wie einen alten Freund.
Dann drehte sie sich um und sagte zu ihm, wobei sie mit der Hand auf mich wies: »Rene, darf ich dir Fritz vorstellen?«
Der Mann kam näher an mich heran, gab mir die Hand und sagte: »Guten Tag, Fritz. Es freut mich, dich kennenzulernen.«
Ich glaubte, ich wäre zu Hause, denn man wurde gleich mit dem Vornamen angesprochen und die Leute verhielten sich wie alte Bekannte. Genau so mußte es sein, dachte ich mir. Da mich der Mann mit dem Vornamen angeredet hatte, machte ich es genauso und sagte:
»Es freut mich ebenfalls, dich kennenzulernen, Rene.«
Er strahlte mich an und führte uns zu dem Tisch, der für uns reserviert war. Er war schon für uns gedeckt und die Speisekarten lagen aufgeschlagen darauf. Denise und ich setzten uns hin und bestellten gleich etwas zu trinken. Als Rene weg war, fragte sie mich:
»Na, wie gefällt es dir hier?«
»Es ist wunderbar. Genau wie ich mir ein anständiges Lokal vorstelle.«
»Ich finde es auch toll hier. Es gibt keine Hektik, und man kommt sich wie zu Hause vor. So ist es viel gemütlicher, und man fühlt sich wohl.«
Das war das erste vernünftige Wort, das ich aus ihrem Mund gehört hatte, seitdem ich sie kannte. Aber das konnte ich ihr nicht sagen, aber trotzdem antwortete ich ihr:
»Ja, du hast vollkommen recht. Hier fühlt man sich wie zu Hause.«
Sie freute sich richtig, daß ich dies gesagt hatte, und sie meinte:
»Du bist ein bemerkenswerter Mann. So etwas wie dich habe ich noch nie kennengelernt.«
Du wirst noch merken, wie bemerkenswert ich bin, dachte ich mir, wenn ich mit deinem Schotter weg bin. Mir fiel auf einmal Jeanette ein, und ich wurde von einer Sekunde zur anderen traurig. Sofort versuchte ich, diese Gedanken zu verdrängen, denn ich wußte, daß ich mir damit das Leben schwer machen würde. Ob ich nun dasaß und weinte oder lachte, davon würde sie auch nicht wieder lebendig. Denise merkte nichts von meinem kurzen, traurigen Augenblick.
Dann wurden die Getränke gebracht, und wir bestellten das Essen sowie eine
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