Auch Engel Moegens Heiss
dann schloss und verriegelte sie ihre Tür. Patricia hatte bereits das Bett gemacht und das Bad aufgeräumt. Jennifer ließ sich aufs Bett sinken und sah auf ihren Telefonapparat. Wenn sie jetzt den Hörer abnahm, würde Temple das Klicken hören; wenn sie ihn sonst belauschte, hob sie stets im selben Moment ab wie er und deckte anschließend mit der Hand das Mikrofon ab, damit kein Geräusch durchdrang.
Das Herz schlug ihr im Hals. Sie riss den Hörer hoch und drückte wild ein paar Knöpfe, so als wollte sie jemanden anrufen. Obwohl sie den Hörer gar nicht am Ohr hatte, hörte sie Temple rufen: »Jennifer! Verdammt noch mal! Ich telefoniere noch.«
»W-was?«, stammelte sie und ließ ihre Stimme ein wenig unsicher klingen. Vielleicht würde er annehmen, dass sie schon vor dem Frühstück getrunken hatte. »Tsch-schuldigung. Ich wollte nur -«
»Ist mir scheißegal. Geh aus der Leitung.«
Sie hörte ein Gurgeln am anderen Ende, ein tiefes Lachen, bei dem ihr eiskalt wurde und sich sämtliche Härchen aufstellten. Elton Philipps.
»’schuldigung«, lallte sie nochmals, bevor sie die Sprechmuschel mit der Hand abdeckte und kurz mit dem Finger auf die Gabel drückte, damit es so klang, als hätte sie den Hörer aufgelegt.
»Blöde Kuh«, knurrte Temple. »Tut mir Leid.«
»Schon gut«, beschwichtigte Philipps und lachte wieder. »Sie haben sie ja schließlich nicht wegen ihres Hirns geheiratet.«
»Das steht mal fest. Sonst würde ich jetzt dumm dastehen, weil sie nämlich keines hat.«
»Allmählich frage ich mich aber, ob sie die Einzige ist, bei der die Birne ein bisschen flackert. Sie haben in letzter Zeit eine Menge verbockt.«
»Ich weiß. Es tut mir wirklich Leid, Mr. Philipps. Aber inzwischen hat Sykes alles unter Kontrolle.«
»Das wird sich noch zeigen. Die Russinnen treffen morgen früh hier ein, und ich möchte, dass Mr. Sykes sich voll auf die Lieferung konzentriert. Wenn er das Problem mit dieser Büchereitante bis dahin nicht gelöst hat, wäre ich sehr, sehr unglücklich.«
Erst jetzt fiel Jennifer ein, dass der Anrufbeantworter in ihrem Apparat auch über eine »Aufnahme«-Funktion verfügte. Blinzelnd studierte sie das kleine Kästchen und suchte nach dem richtigen Knopf. Er musste bei den anderen Tasten zu finden sein. ABSPIELEN, LÖSCHEN, PAUSE - hier: AUFNAHME. Sie drückte die kleine rote Taste und betete, dass man das nicht in der Leitung hörte.
»Er schnappt sie sich, wenn sie mittags aus der Bücherei kommt, oder spätestens, wenn sie heute Nachmittag nach Hause fährt. Sie wird ganz einfach verschwinden. Wenn Sykes sich persönlich einer Sache annimmt, gibt es nie Probleme.«
»Ach ja? Und warum wurde dann Mitchells Leiche so schnell gefunden?«
»Das hat Sykes nicht selbst erledigt. Er musste auf dem Parkplatz des Clubs bleiben, um festzustellen, wer sie beobachtet hatte. Die anderen beiden haben den Leichnam entsorgt.«
»Trotzdem geht der Fehler auf das Konto von Mr. Sykes.«
»Ja.«
»Dann ist das hier seine letzte Chance. Und Ihre.«
Philipps legte so abrupt auf, dass Jennifer um ein Haar die Verbindung unterbrochen hätte. Doch dann wartete sie, endlose Sekunden lang. Warum legte Temple nicht auf? Den Finger auf die Gabel gelegt, saß sie da. Wartete er vielleicht auf ein verräterisches Klicken? Kalter Schweiß lief ihr über den Rücken.
Endlich klickte es in der Leitung, und im nächsten Moment hatte sie die Verbindung getrennt und legte vorsichtig den Hörer
auf den Apparat zurück. Sie flog halb durchs Zimmer, um ihre Tür wieder aufzuschließen, und rannte anschließend ins Bad, wo sie eilig Zahnpasta auf ihre Bürste quetschte, das Wasser aufdrehte und wie wild Zähne zu putzen begann. Temple kam nie in ihr Schlafzimmer; sie war vollkommen unnötig in Panik -
Die Badezimmertür ging auf, und Temple sagte: »Was zum Teufel -«
Sie zuckte kreischend hoch und versprühte dabei die Zahnpasta über das Waschbecken. Sie war so wacklig auf den Beinen, dass sie das Gleichgewicht verlor und rückwärts taumelte, bis sie gegen die Toilette rumpelte, über die sie um ein Haar gepurzelt wäre, hätte sie sich nicht in letzter Sekunde am Spültank eingehalten und sich hart auf den Deckel fallen lassen, um sich zu beruhigen.
Temple verfolgte ihre Darbietung mit Ekel. »Mein Gott, du hast noch nicht mal gefrühstückt und schon einen sitzen.«
Mit zitternder Hand wischte sie sich die Zahnpasta vom Mund, ohne ihm zu antworten. Sollte er doch glauben, sie sei betrunken;
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