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Auch keine Tränen aus Kristall

Auch keine Tränen aus Kristall

Titel: Auch keine Tränen aus Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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zufriedenstellend. Ryo verzehrte alles, als säße er im besten Feinschmeckerlokal der Stadt. Er hatte es wohlbehalten bis Ciccikalk geschafft. Erfolg war alle Würze, die er brauchte.
    »So, wie Sie das Essen in sich hineinwürgen, müssen Sie recht hungrig sein.«
    Er blickte auf. Neben ihm stand eine winzige Erwachsene. Weiblich. Ihr Gesicht und ihre Flügeldecken waren grell geschmückt: imitierte Juwelen, die einfach aufgeklebt waren, anstatt richtig implantiert zu sein. Von ihrer Weste und ihrer Halstasche hingen Metallbänder fast bis zum Boden. Von ihren Legestacheln klirrten Ketten aus imitiertem Goldfiligran.
    »Das Reisen macht mich immer hungrig«, erwiderte er und wandte sich wieder seinem Essen zu. Er nahm einen langen Schluck aus seinem Becher.
    Sie musterte ihn neugierig. »Was trinken Sie denn da?«
    »Quianqua-Fruchtsaft«, sagte er wie um Verzeihung bittend und fragte sich dann, weshalb er diesen verzeihungsheischenden Ton gewählt hatte.
    »Pissesaft, meinen Sie wohl.« Die Frau drehte sich um und winkte jemandem an der Theke zu. Dann ließ sie sich, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, auf dem Sattel, der Ryo gegenüber angebracht war, nieder. Licht blitzte von ihren Ommatidien. Die dünnen Goldbänder, die ihr Auge halb verdeckten, waren breiter als das meist der Fall war. »Sie sehen ja nicht gerade wie ein Fließbandarbeiter aus.«
    »Bin ich auch nicht«, gab er zu. »Ich bin Landvermesser und habe im Norden gearbeitet.«
    »Also von auswärts?«
    »Ja. Ich bin geschäftlich hier und versuche ein wenig zu sparen.« Das Gespräch schien ihr Spaß zu machen. Ihm übrigens auch. Es tat gut, mit jemandem reden zu können, vor dem man sich nicht in acht zu nehmen brauchte. Jedenfalls kam sie ihm nicht wie eine Dienstleisterin vor.
    Seine Beschreibung des Dschungels und der Wildnis im Norden faszinierte sie. Sie selbst hatte, wie sie zugab, Ciccikalk noch nie verlassen. Bei Großwaben-Bürgern war das wohl häufig so, sinnierte Ryo. Beschränkter Horizont.
    Die Küchenarbeiterin kam mit zwei Bechern mit etwas, das herrlich roch. Die Trinknippel waren etwas eleganter als der des Bechers, mit dem er angefangen hatte: jeder war mit einer hübschen Spirale versehen. Für das Dulinsul war das sicherlich bereits luxuriös.
    »Ich glaube, das wird Ihnen schmecken«, sagte sie und sog an ihrem Nippel.
    Das Getränk lockerte seine Gedanken und ließ ihn seine Sorgen vergessen. Es war ein Gefühl, als würde man vom Süd-Jhe umgeworfen, nur dass die Furcht vor dem Ertrinken fehlte.
    »Sie haben recht, es schmeckt herrlich. Was ist das?«
    »Masengail-Wein. Freut mich, dass es Ihnen schmeckt. Schließlich bezahlen Sie dafür.«
    »Tu ich das?«
    »Schließlich hab' ich es Ihnen empfohlen. Reicht das nicht?« Wieder das trillernde Lachen.
    »Meinetwegen.« Er nahm einen langen Zug. Das erzeugte ein herrliches Gefühl in ihm.

FÜNF
    Er hatte sich in seinem Leben schon oft und in vielen Dingen geirrt, aber noch nie so sehr wie bezüglich des Weines. Er hatte seine Gedanken gelockert und die Sorgen von ihm genommen, und wenn er ihn auch nicht ertränken konnte wie der Süd-Jhe, so half er ihm doch dabei, seinen Kopf gegen etwas zu schlagen. Oder etwas gegen seinen Kopf zu schlagen.
    Er lehnte sich an die Wand und betastete seinen Kopf vorsichtig mit einer Fußhand. Der Chiton war nicht gesprungen, und dafür war er dankbar. Aber sein Kopf fühlte sich an, als hätte ihn jemand aus seinem B-Thorax geschraubt und ihn dann umgekehrt wieder befestigt. Die Orientierungsstörung schien auch im Konflikt mit der Straße zu stehen, obwohl sie sich, je länger er sie anstarrte, wieder aufzurichten schien. Aber in dem Maße, wie das Bild Gestalt gewann, verstärkte sich auch der Schmerz.
    Er tat ein paar Schritte und wäre beinahe gestürzt. Schließlich gelang es ihm, eine Korridorecke zu erreichen, wo die übliche Richtungstafel in die Wand eingebettet war. Er las sie einige Male, ehe er sie begreifen konnte.
    Die Tafel informierte ihn darüber, dass er sich auf Etage 40, Unterabteil 892 befand. Vage kam ihm in den Sinn, dass er sich nicht dort befand, wo er hätte sein müssen. Er kauerte sich auf der Straße nieder und versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bekommen.
    Eine langsame, gründliche Untersuchung führte ihn zu der Erkenntnis, dass neben der Leichtigkeit zwischen seinen Augen auch sein Körper an verschiedenen anderen Stellen erleichtert worden war. Sein letzter Credit-Streifen war verschwunden, ebenso die

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