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Auch Santiago hatte einen Hund

Auch Santiago hatte einen Hund

Titel: Auch Santiago hatte einen Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Lindenthal
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beiden hatten das Machtwort des Rudelführers sofort und widerspruchslos akzeptiert und ab dem Zeitpunkt verlief unsere Wanderung in vollkommener Harmonie. Ich muss gestehen, auch da war ich stolz, Besitzer und Freund des Friedensstifters zu sein...
     
    22
    MONTAG, 12. JULI
    SAINT-MAURICE-LA-CLOUÈRE - CHARROUX
     
    Noch lange zehren wir vom Zauber der Begegnung mit Anne und Francois, von denen wir uns nach dem Frühstück herzlich verabschiedet haben. Werden wir uns Wiedersehen? Utes Füße haben sich erholt und auch das Wetter spielt mit: Die Sonne lacht von einem strahlend blauen Himmel, noch hält sich die Frische der Nacht, wir finden schöne Wege, unsere Füße bekommen nur wenig Asphalt zu spüren, wenn, dann nur auf kleinen Straßen ohne Verkehr, kurz, es geht uns ausgezeichnet. Bis jetzt klappt es im Neuland, nur mithilfe der Karten, über Erwarten gut. Einmal abgesehen vom „Bastardwäldchen“ waren es immer angenehme Güter- und Waldwege oder kleine Straßen, die uns ziemlich direkt nach Süden gebracht haben. Gegen Mittag ist es dann vorbei mit der Herrlichkeit. Wir haben das Szenario, das mich eigentlich schon seit meinem Aufbruch begleitet und an das ich mich einfach nicht gewöhnen will (da bin ich stur!): Wolken ziehen auf, es wird drückend schwül. Zu allem Überfluss habe ich mich bei der Planung verschätzt, es werden heute über 30 Kilometer, für Ute ungewohnt und deshalb besonders schwer. Über die verwinkelten Sträßchen und Güterwege ist die exakte Entfernung eben schwer zu berechnen; wie auch immer, CHARROUX ist unser Tagesziel, nur dort können wir mit einer Unterkunft rechnen.
    Knapp vor der Mittagspause, die wir übrigens komfortabel im Gras unter einer großen Eiche verbringen - Ute hat sich sehr rasch mit meiner Siesta-Tradition angefreundet-, hat Jakobus Erbarmen mit uns und lässt mich bei einer Wegkreuzung falsch gehen, „falsch“ im Sinne von „nicht so wie geplant“. Gott sei Dank bemerke ich meinen Irrtum zu spät um umzukehren, denn der vermeintliche Irrtum stellt sich als kürzere und zudem schöne Strecke, eben als Segen heraus. Unterwegs kommen wir immer wieder an Bauernhöfen vorbei, für mich eine willkommene Gelegenheit, mich als Tierstimmenimitator zu betätigen (ich trainiere schon seit meiner Kindheit) und zum Gaudium von Ute mit Hunden, Schafen, Rindern, Pferden, Hühnern, Schweinen und Enten Zwiesprache zu halten. Es macht mir Spaß, ist aber trotzdem nur ein schwacher Ersatz für die langen „Gespräche“, die ich mit Ajiz während vieler einsamer Stunden auf dem Jakobsweg geführt habe.
    Die letzten eineinhalb Stunden sind wie meistens eine Qual. Utes Füße schmerzen höllisch, mühsam schleppt sie sich - am Schluss leider nur mehr auf Asphalt, dafür aber leicht bergab - bis CHARROUX. Mir geht es zwar besser, kein Wunder, nach drei Wochen, aber auch ich bin heilfroh, als wir im Zentrum des Städtchens ein preisgünstiges Hotel finden, am Hauptplatz gleich gegenüber den Ruinen der Benediktinerabtei aus der karolingischen Zeit (8. Jahrhundert). Zu zweit zahlen wir so viel wie ich allein für das Zimmer in SAINT-CARADEC. ES ist erstaunlich, wie schnell sich der Körper erholt - allein schon das Ankommen am Ziel hat die Wirkung eines Energieschubs, und als wir im Bistro am Fuße des imposanten achteckigen Turms der ehemaligen Abtei „Zum heiligen Erlöser“ das hoch verdiente und lang ersehnte frisch gezapfte Bier genussvoll in uns versickern lassen, blicken wir nur mehr wohlgestimmt, freundlich und stolz auf den Tag zurück. Die Dusche macht aus uns Pilgern wieder Menschen und zum krönenden Abschluss der schweren, aber schönen Etappe lassen wir uns vom blau-weiß-roten runden Schild über dem Restaurant des Hotels verlocken und genehmigen uns das angebotene Tagesmenü. Dieses Schild zeichnet so genannte Restaurants Routiers aus, Restaurants für Fernfahrer, in Frankreich Synonym für gute regionale Hausmannskost zu vernünftigen Preisen. Schnell stellen wir fest, dass unser Hotel dieses Schild zu Recht und auch nicht zufällig trägt. Denn Fernlaster donnern bis tief in die Nacht und ab den frühen Morgenstunden an unserem Hotel vorbei und bringen jedes Mal die Fenster unseres Zimmers zum Erzittern. Unser Pilgerschlaf wird dadurch zwar des Öfteren unterbrochen, aber nicht verhindert, dazu sind wir zu müde. Ich freue mich, dass Ute mitgeht...
     
    In der Höhle des Löwen
     
    Mit vier Jahren war Ajiz also „endlich“ erwachsen geworden.

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