Auch Santiago hatte einen Hund
dosierte und schonende Schmerzmittel bekommen - reagierte sofort auf die massive Dosis. Am nächsten Tag hatte er blutigen Durchfall, fraß fast nichts mehr, konnte nichts bei sich behalten und verfiel mit atemberaubender Geschwindigkeit. Erst dann erfuhr ich von meinen Ärztefreunden, wie aggressiv das verabreichte Medikament tatsächlich war, und dass es unter keinen Umständen Katzen oder Hunden gegeben werden sollte. Sofort leitete ich Gegenmaßnahmen ein, aber es war zu spät. Ajiz’ geschwächter Organismus hatte den point of no return überschritten. Er litt nur mehr, jammerte manchmal stiller, manchmal lauter vor sich hin, weckte mich mehrmals in der Nacht - was er bisher noch nie in seinem Leben getan hatte ging auch nicht mehr hinaus, und sei es nur, um sein Geschäft zu erledigen, lag auf seiner Decke und wartete offensichtlich nur mehr darauf, dass ich ihn von seinem Leiden erlöste. Den schon mit dem Tierarzt vereinbarten Freitagtermin vor Augen versuchte ich durchzuhalten, mich an die Vorstellung eines friedlichen Abschiednehmens von meinem lieben Freund klammernd. Am Donnerstag, nach einer kurzen, immer wieder unterbrochenen Nacht, weckte er mich wieder sehr früh. Draußen ging gerade die Sonne auf, und ich legte ihn mit seiner Decke auf die Terrasse, in die ersten Strahlen der wärmenden Sonne. Dort lag er den ganzen Vormittag, ohne sich zu rühren. Er schien die Sonne zu genießen, für alles andere war er schon zu schwach. Am Nachmittag, als es wieder kälter wurde, legte ich ihn in die Küche. Ich versuchte zu arbeiten, aber das leise, nicht mehr verstummende Klagen meines Freundes brach mir fast das Herz. Da hielt ich es nicht mehr aus, ihn leiden zu sehen, ohne ihm helfen zu können. Ich rief unseren Tierarzt an, doch der konnte frühestens zum vereinbarten Termin am Freitag kommen. Da trug ich Ajiz in meiner Verzweiflung ins Auto, fuhr hinunter ins Dorf in die Praxis des dortigen Tierarztes. Er war es dann, der Ajiz endlich erlöste. Ich stand daneben, tränenüberströmt, und streichelte Ajiz, bis er eingeschlafen war. Der Arzt war so verständnisvoll, dass er mir erlaubte, Ajiz mitzunehmen, damit ich ihn im Wald auf dem wunderschönen Platz in der Nähe unseres Lieblingsweges, den ich schon ausgesucht und vorbereitet hatte, begraben könne. Auf dem Weg dorthin kam mir Gabi im Auto entgegen, die ihren Mann Richard von der Arbeit abholte. Unter Tränen teilte ich ihr mit, dass es vorbei war und ich jetzt Ajiz begraben würde, an der Stelle, die ich ihnen schon einmal beschrieben hatte. Und sie kamen nach, gerade als ich Ajiz in sein Grab legte. So war ich in diesem schweren Augenblick nicht allein, und ich war ihnen dankbar dafür, dass sie mit mir gemeinsam Abschied von Ajiz nahmen. Lebe wohl, treuer Freund, du hast mir so viel geschenkt, ich werde dich nie vergessen!
Gute Reise über den Fluss! Warte dort auf mich, eines Tages werde ich dich wieder als Führer brauchen...
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