Auch Santiago hatte einen Hund
alle reagierten mit herzlichem Gelächter. Wieder ein plus für den Cinematograph und sein Publikum. Und ich war wieder einmal stolz auf Ajiz - und gerührt...
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MONTAG, 19. JULI
AUBETERRE-SUR-DRONNE - KLOSTER ECHOURGNAC
Die Tage werden immer schwerer. In der Früh geht’s noch, heute kommen sogar ein paar erfrischende Regenschauer dazu, aber schon ab halb zwölf Uhr ist es so drückend wie die letzten Tage. Die Mittagspausen haben ihren bukolischen Charme verloren, ich finde kaum noch schattige Plätze. Neben der Hitze tun die Fliegen, Ameisen und Gelsen das ihre, um mir die labende Siesta zu versalzen - mit Erfolg. In SAINT-AULAYE (kommt von Eulalia, einer spanischen Märtyrerin aus dem 4. Jahrhundert) verlasse ich das Departement CHARENTE und betrete die DORDOGNE. Ursprünglich hatte ich eine Route weiter westlich geplant, aber ein Tipp von Pascale in AUBETERRE hat mich zu einer Änderung bewogen, die mich heute zum Trappistinnenkloster De Bonne Espérance in ECHOURGNAC bringt. Dort sollen Pilger äußerst gastfreundlich aufgenommen werden, auch Männer, in einem eigenen Gästehaus. Und für einen sicheren Schlafplatz, für den Wegfall der mühseligen Herbergssuche ändere ich gerne meine Pläne.
Seit AUBETERRE liegt die Hügellandschaft mit den oft kräfteraubenden Anstiegen hinter mir, vor mir erstreckt sich bis zum Tal der Isle der riesige Forêt de la Double, in dessen Herzen das Kloster versteckt liegt. Wenn ich mich in dieser unermesslich weiten Baumwüste nicht rettungslos verlieren will, tu ich gut daran, auf den kleinen asphaltierten Straßen zu bleiben und nicht der Verlockung einer vermeintlichen Abkürzung durch einen der unzähligen Forstwege zu folgen, die nur zur Holzbringung angelegt wurden und den Wald mit einem überdimensionalen Gitter überziehen. Sie sind alle unbeschildert, und aus eigener, leidvoller Erfahrung weiß ich, dass sie gerne einfach im Nirgendwo enden, sich völlig grundlos gabeln, durch längere Nichtbenutzung unpassierbar wurden oder plötzlich auftauchen, wo sie laut Karte gar nicht sein dürften. Außerdem befinde ich mich in einem absolut wanderwegfreien Gebiet, der Jakobsweg geht von SAINT-AULAYE in Richtung Südwesten und auch sonst kreuzt kein markierter Wanderweg meine Route. Aber die einsame winzige Straße gehört fast mir allein, nur selten durchbricht Motorengeräusch die Stille des Waldes, und nur das Tac-2-3-4 meines Pilgerstabes auf dem Asphalt verrät, dass da jemand unterwegs ist. Der Nachmittag zieht sich wie gewohnt, die Straße steigt leicht, aber stetig, doch ich komme gut voran. Hin und wieder sehe ich die Wasseroberfläche von kleinen Weihern zwischen den Bäumen durchschimmern, ihre Ufer sind jedoch so massiv mit Dornengestrüpp umwuchert, dass ihr sicher erfrischendes Wasser ein unerreichbares Versprechen bleibt.
Laut Pascale ist das Gästequartier als Selbstversorgerhaus eingerichtet und befindet sich etwa einen halben Kilometer vor dem Kloster direkt an der Straße. Ich finde es sofort, aber es ist verschlossen und niemand meldet sich auf mein Klopfen und Rufen. Da werde ich mich halt im Kloster anmelden müssen, ist ja klar, dass hier niemand sitzt und vielleicht tagelang auf Pilger wartet, die dann gar nicht kommen. Auch heute bin ich allem Anschein nach der Einzige; kein Wunder, schließlich habe ich seit meinem Aufbruch immer noch keinen Pilger getroffen, außerdem liegt das Kloster abseits der Hauptroute. Damit ich den Rucksack nicht unnötig durch die Gegend schleppe (zweimal 500 Meter zum Kloster und zurück, das sind immerhin 12 bis 15 Minuten Gehzeit), deponiere ich ihn hinter dem Haus, bevor ich losmarschiere - welch ein Unterschied ohne Rucksack! Im Geiste male ich mir schon einen gemütlichen, langen und entspannenden Abend allein im Gästehaus aus, Proviant und Wein habe ich mit, Dusche gibt es sicher auch.
Doch es kommt wiederum ganz anders, diesmal aber viel, viel schöner. Die herzliche Aufnahme durch die Trappistinnen (ein Reformorden der Benediktiner, dessen Namen auf den Ort La Trappe in der Normandie zurückgeht) übertrifft alles bisher Erlebte und lässt den Aufenthalt in ECHOURGNAC zu einem der großen Höhepunkte meiner Pilgerreise werden. Die Pförtnerin verständigt sofort die Gastschwester von der Ankunft eines Pilgers, und während ich auf diese warte, bietet sie mir einen Krug Wasser an. Die Gastschwester, eine junge, hübsche Bretonin, begrüßt mich herzlich und bittet mich, ihr zu folgen. Wo denn mein
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